Lage der verfolgten Christen weltweit

Aus der Frankfurter Rundschau: NAHOST
Im Irak sind kurz vor dem Jahreswechsel erneut zwei Christen getötet worden. Zudem seien bei Angriffen auf 15 von Christen bewohnte Häuser 14 Personen verletzt worden. Im vorigen Jahr hatte es in Irak immer wieder Anschläge und Gewalt gegen Christen gegeben. Beim schwersten Terrorangriff im Jahr 2010 waren am 31. Oktober in der syrisch-katholischen Kathedrale Bagdads 58 Menschen getötet worden.Derzeit leben nach Schätzungen noch 400000 Christen in Irak.
In Saudi-Arabien, wo der Islam als Staatsreligion gilt und sogar der Besitz einer Bibel verboten ist, finden Gottesdienste in der deutschen Botschaft statt.
Syrien, Jordanien und Libanon gelten als Musterländer. Trotzdem wandern auch hier viele Christen aus.Nach Angaben gibt es in Libanon noch 40 Prozent Christen, in Syrien dagegen sei die Zahl von 30 Prozent in den 70er Jahren auf heute sechs Prozent gefallen. epd
TÜRKEI
Die rund 120000 Christen bilden eine verschwindende Minderheit, denn 99,8 Prozent der 73 Millionen Türken sind Muslime. Größte Gruppe unter den Christen sind die 70000 Armenier, gefolgt von den rund 30000 Katholiken. Daneben gibt es an die 10000 syrisch-orthodoxe und etwa 3000 griechisch-orthodoxe Christen. Die Zahl der Protestanten wird auf rund 3000 geschätzt.
Praktisch rechtlos sind in der Türkei die christlichen Gemeinden. Sie können de facto keine Kirchen errichten, bekommen aber auch Schwierigkeiten, wenn sie sich in Privathäusern zum Gottesdienst versammeln. Der höhere öffentliche Dienst ist Christen ebenso verschlossen wie die Offizierslaufbahn. Viele christliche Geistliche leben in ständiger Angst, denn es bleibt nicht bei Diskriminierungen. Mehrere Morde an Christen machten in den vergangenen Jahren Schlagzeilen: 2006 wurde der katholische Priester Andrea Santoro beim Gebet in Trabzon erschossen – „Allah ist groß“, habe der 16-jährige Täter gerufen, berichteten Zeugen. 2007 wurden in Malatya drei christliche Missionare, unter ihnen ein Deutscher, stundenlang von Fanatikern grausam gefoltert, bevor ihnen die Täter die Kehlen durchschnitten. Im Juni 2010 wurde der Vorsitzende der türkischen Bischofskonferenz, Luigi Padovese, von seinem muslimischen Fahrer erstochen. öhl
AFRIKA
Spannungen zwischen Muslimen und Christen herrschen in Afrika vom Osten in Kenia bis zum Westen in Senegal. Zahlreiche Länder wie Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria, Sudan und Kenia wurden in ihrem Norden in Mohammeds Namen missioniert, im Süden sind sie christlich. Einige dieser Staaten von den Spannungen zwischen den beiden Religionen regelrecht zerrissen, wie Sudan, wo am 9. Januar ein Referendum über die Abspaltung des christlichen Südens vom muslimischen Norden stattfindet. Oder der Vielvölkerstaat Nigeria, wo es regelmäßig zu schweren Zusammenstößen der Gläubigen beider Religionen mit oft Tausenden von Toten kommt – erst an Weihnachten wurden wieder mindestens 86 Christen bei mehreren Bombenanschlägen in Zentralnigeria getötet. Im gegenwärtigen Konflikt in der Elfenbeinküste spielt die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung auch eine – wenn auch eher nebensächliche – Rolle.
Es gibt auch Staaten, in denen Christen und Muslime friedlich nebeneinander leben, obwohl sie von Muslimen und von Christen bevölkert sind, wie Sierra Leone oder Ghana. Der Vergleich zwischen diesen Staaten und den von Unruhen Geschüttelten zeigt, dass das Gemisch erst explosiv wird, wenn zu den religiösen Differenzen ethnische kommen. So sind in Nigeria so gut wie alle Hausa Muslime, während die Igbos Christen sind. In Sudan ist das noch offensichtlicher: Hier sind die Muslime Araber, unter denen sich vor hundert Jahren noch Sklavenjäger befanden, während die Christen zu unterschiedlichen afrikanischen Völkern gehören. jod

INDIEN UND PAKISTAN
Doppelt verfolgt werden die Christen oftmals in Indien und Pakistan: wegen ihrer Religion und wegen ihrer Kastenzugehörigkeit. Etwa 20 bis 30 Millionen Christen leben im hinduistischen Indien, weitere zwei bis drei Millionen im islamischen Pakistan. Die allermeisten Christen sind Dalits (Unberührbare) oder stammen aus den untersten Kasten. Sie konvertierten zum Christentum, weil ihnen die Kirchen verhießen, dass sie vor Jesu gleich sind. Doch diese Hoffnung hat sich meist nicht erfüllt. In beiden Ländern stehen viele Christen weiter ganz unten in der sozialen Hierarchie. Im indischen Orissa und anderen Bundesstaaten gab es wiederholt Übergriffe auf Christen und Kirchen. Vor allem aber in Pakistan hat sich ihre Situation verschlechtert.
Das Schlagwort von der „Christenverfolgung“, das jetzt wieder vom Vatikan benutzt wurde, trifft dies aber nur begrenzt. Tatsächlich werden in Pakistan inzwischen alle religiösen Minderheiten verfolgt, auch muslimische. Bei den Christen wird dies aber in Pakistan ebenso wie in Indien oft noch durch Kastenkonflikte verschärft. So beklagen Christen immer wieder, dass sich andere weigern würden, zum Beispiel Wasser von ihnen zu nehmen, weil dieses „unrein“ sei. chm
NORDKOREA
Das kommunistische Regime gehe gegen Mitglieder von Untergrundgemeinden, denen nach Schätzungen etwa 200 000 Menschen angehören, „mit Verhaftungen, Arbeitslagerstrafen für die gesamte Familie eines entdeckten Christen oder Hinrichtungen vor“, schreibt das Hilfswerk Open Doors in seinem Anfang 2010 erschienenen „Weltverfolgungsindex“. 70 000 nordkoreanische Christen seien in Lagern gefangen. dpa

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