Die Rockmusik ist tot (bloß weiß sie es noch nicht).

 EDIEREN

Die Rockmusik, die seit Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts ihren Siegeszug in der westlichen Kultur angetreten hat, schleppt heute einen Sack voll Probleme mit sich herum. Dabei geht es nicht um die rapide einbrechenden CD-Verkäufe; das bringt zwar die meisten der einst stolzen Plattenfirmen in enorme Schwierigkeiten, aber für die Musik selbst könnte es egal sein, wenn sie künftig vorwiegend digital verbreitet und kostenlos aus dem Internet heruntergeladen wird. Dennoch: Die Rockmusik steckt in einer schweren Identitätskrise.

1. Problem: Es gibt nichts Neues mehr

Man muss lange zurückdenken, wenn man den letzten wirklich innovativen Trend in der Rockmusik benennen soll. War es der New Wave Ende der 70er Jahre? Soll man HipHop in den 80ern oder Techno in den 90ern benennen? Da ist doch sehr unsicher, ob es sich nicht eigentlich um Anti-Rock handelt. Alles andere ist seit mindestens 15 Jahren entweder offen Retro oder doch nur vor dem Hintergrund von gut 50 Jahren Rockgeschichte verständlich. Vorsicht ist bei der Behauptung angebracht, dass nichts Neues mehr kommen wird – wer will ausschließen, dass doch noch einmal ein eigenwilliger Kopf die Bühne betritt, der das Genre neu erfindet. Aber sehr wahrscheinlich ist das allein auf Grund der beschränkten Ausdrucksmöglichkeiten der Rockmusik nicht. In der Zwischenzeit breitet sich immer mehr Langeweile aus. Randy Newman hat es in seinem Song „I’m dead (but I don’t know it)“ ironisch so ausgedrückt: „I have nothing left to say / But I’m gonna say it anyway / Thirty years upon a stage / and I hear the people say: / Why won’t he go away?“


2. Problem: Die große Unübersichtlichkeit


Zugegeben: Bis vor etwa 30 Jahren gab es in der Rockmusik dauernd etwas Neues. Das erweist sich aber heute ebenfalls als großes Problem. Denn die Szene ist extrem zersplittert. Die einen hören nur Ska und Reggae, die anderen nur Punk, die dritten nur Singer/Songwriter und so weiter. Taucht irgendwo eine interessante neue Einspielung auf, so droht die große Gefahr, dass der Großteil des Publikums davon womöglich gar nichts mitbekommt. Nur mit einer Sparte scheint eine große Gruppe von Rockfans erreichbar zu sein, wie der bei den meisten Sendern seit langem vorherrschende Radiosound belegt: Oldies. Das ist allerdings – von wenigen Ausnahmen abgesehen – der langweiligste Teil der Rockmusik.


3. Problem: Rockmusik ist nicht mehr Ausdrucksform der Jugend


„Wir töteten Rock’n’Roll“, sagte der Acid House-DJ Fabio in einem Interview. Und er ist nicht der einzige. Manche Spielarten der populären Musik sind aus dem Bewusstsein heraus entstanden, dass Rockmusik spätestens in den 80er Jahren die Musik der Elterngeneration geworden ist und deshalb zur Abgrenzung und Identifikationsfindung für die Jungen nicht mehr recht taugt. Acid House und andere Spielarten elektronischer Tanzmusik brachen gleich mit etlichen Kernmerkmalen des Rock: kein Star, keine Band, kein Protest, nur noch Abtanzen zu überwiegend instrumentaler, oft etwas infantiler Minimalmusik, Sich-verlieren in Clubatmosphäre und Drogenrausch. Gewiss: Teile der Jugend lassen sich bis heute noch immer auch durch Rockmusik ansprechen, aber ihre bestimmende Kraft für die Jugendkultur hat sie schon lange verloren.


4. Problem: Rockmusik ist nicht mehr rebellisch


Dieses Problem ist mit dem vorhergehenden eng verbunden. Denn die Revolution hat längst stattgefunden. Lange Haare, Lärm, Aufsässigkeit und Niederreißen gesellschaftlicher Tabus – alle Grenzen sind schon mindestens seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts eingerissen worden. Ein Rockstar, der sich einbildet, irgendjemanden durch seine rebellische Attitüde schockieren zu können, kann eigentlich nur peinlich sein. Erstaunlich eigentlich, dass die Rockmusik nicht in wesentlich größeren kommerziellen Schwierigkeiten steckt. Sollte man nicht von der Absage von Rolling-Stones-Konzerten hören, weil sich nur eine Handvoll Karten absetzen ließ? Das passiert nur deshalb nicht, weil der Sound der Revolte bruchlos in den Sound der Nostalgie umgewandelt wurde. Auf den Teil der Jugend, der protestieren will, verzichtet man eben und begnügt sich mit den anscheinend ewig jugendlichen 40- bis 60-Jährigen, die ihre Illusion pflegen, die Revolution ginge noch immer weiter.


5. Problem: Rockmusik passt nicht mehr in die Zeit


Selbst wenn es immer noch Anlass gäbe, gegen Zwänge zu kämpfen, Regeln zu brechen und Spießer vor dem Kopf zu stoßen – die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich so verändert, dass für Rockmusik eigentlich kein Platz mehr ist. Unsere Zeit ist geprägt von Entertainment, Promigeilheit, Vergnügungssucht und Oberflächlichkeit. Der Rockstar, der vermeintlich aus der Reihe tanzt, darf auf dieser endlosen Party gern mitmachen – er stört niemanden, keiner beachtet ihn sonderlich. Sollte er irgendwelche Regeln verletzten, so ist das längst zum Teil der Regeln geworden. Unsere Gesellschaft hat sich höchst wirksam gegen die Rockmusik immunisiert. Nur: Welches Ziel können Gitarrenhelden dann eigentlich noch verfolgen? Da bleibt nicht viel – letztlich nichts.


Es ist schwer, Illusionen aufzugeben und sich einzugestehen, dass man eigentlich nur alten Zeiten nachtrauert, die man vielleicht gar nicht selbst erlebt hat. Aber es ist an der Zeit, die Rockmusik dem Müll der Geschichte anzuvertrauen. Die früher liebevoll gepflegte Plattensammlung muss keine schmerzliche Lücke hinterlassen. Schließlich hat Jesus Christus gesagt: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben.“ Wer sich auf ihn einlässt, wird erkennen, dass er Sinn und Erfüllung im Falschen gesucht hat. Die Bibel hilft weiter; Jesus ist die wahre Revolution.

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