Kommentar vom Kicker-Herausgeber zum 4:4

“Kein Einziger zeigte sich, der das Kommando übernehmen konnte oder wollte – kein Kapitän Lahm, kein Schweinsteiger, kein Klose oder Mertesacker sahen sich in der Lage, positive Zeichen zu setzen. Was einst Typen wie Beckenbauer, Bonhof, Matthäus oder Klinsmann auszeichnete, nämlich die Kollegen wenn nötig mitzureißen, hat die heutige Generation schier vermissen lassen.

Liegt es am Charakter jedes Einzelnen? Oder vielleicht an der modernen Philosophie vieler Trainer und Manager, den Spielern Individualismus zu entziehen und sie in das Bild eines wohl gerankten Mannschaftsspirits einzuordnen? Kerle mit eigenen starken Ideen sollen sie nur auf dem Platz sein, Verantwortung nur während der 90 Minuten übernehmen. Außerhalb des Spielfeldes drohen für Wagemut und Forschheit gleich Geldstrafen. Vielleicht dient der Schock von Berlin ja zum Überdenken eines Trends, der wunderbare Fußballer hervorgebracht hat, aber noch keine wahren Persönlichkeiten. (von Kicker-Herausgeber Rainer Holzschuh, nachzulesen auf www.kicker.de)

An unserer Nati lesen wir den Zeitgeist: Wenig Charakter, wenig Überzeugung, wenig Persönlichkeit. Ich merke jeden Tag in der Uni, wie gleichgeschaltet die Studenten agieren, in ihrem überzeugungslosen Alltag sinnlosen Werbegags erliegen und mehr oder minder getriebene ihrer Zeit sind. Eine Sophie Scholl zum Beispiel: Wäre sie heute noch zu finden unter denjenigen, die sich die geistige Elite nennen?

Wie selbstbestimmt ist der Mensch heutzutage denn, wenn er seinen eigenen Willen nicht mehr kontrollieren kann und auf jeden Konsumwunsch anspringt, der die Masse gerade treibt? Sind wir nicht demontierte, willenlose Produkte einer sozialen Unwelt namens Internet? Wie weit weg bewegen wir uns von Gottes Vorstellungen von Persönlichkeit und Person? Wir sind sein Ebenbild, geschaffen zu verantwortungsvollem Handeln und Denken, das wir heute mehr ignorieren als wahrnehmen.

Verantwortung ist stellvertretendes Handeln für andere. Schweinsteiger, Lahm und Co, sie hätten sich stellvertretend opfern müssen, um ihrem Team voran zu gehen. Doch wie der Kicker-Herausgeber sagt: “Keiner war da”. Davon haben die Millionen-Kicker noch nicht viel gelernt. Bonhoeffer sagte darüber:

“Jesus Christus ist der verantwortlich Lebende schlechthin… Sein gesamtes Leben, Handeln und Leiden ist Stellvertretung. Als der Menschgewordene steht er wirklich an der Stelle aller Menschen.” . Daraus folgt: “Verantwortliches Handeln ist stellvertretendes Handeln.”

(aus: Bonhoefffer, Ethik, Seite 230)

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