Die Sakrileg-Irrtümer

"Sämtliche in diesem Roman erwähnten Werke der Kunst und Architektur und alle Dokumente sind wirklichkeits- bzw. wahrheitsgetreu wiedergegeben", schreibt der Schriftsteller Dan Brown in seinem Roman "Sakrileg". Wer das Buch aufmerksam liest und mit den Fakten vergleicht der findet einige grobe Unwahrheiten:

Der Auslöser für Browns riesige Verschwörungstheorie ist das berühmte Abendmahlsgemälde von Leonardo Da Vinci. Er meint in dem Apostel Johannnes eine Frau zu sehen, nämlich Maria Magdalena. Kelch, Blut und Jesus kommen in dem Gemälde ebenfalls vor und dienen weiteren Spekulationen. Frank Zöllner, Kunsthistoriker von der Universität Leipzig sagt jedoch, von da Vinci gäbe es "nicht den geringsten Hinweis auf solches Zeug". Es sei vielmehr genau so "absurd wie die Behauptung, dass die Erde eine Scheibe sei und die Amerikaner nie auf dem Mond gelandet seien."

Laut Dan Brown wurde das Blut Christi in einem Kelch aufgefangen. Er spekuliert weiter, Maria Magdalena sei von Jesus schwanger geworden und somit das Gefäß, dass das "Blut Christi" bis in unsere Zeit weitergetragen habe. Die These vom "königlichen Geblüt Christi sei in der Gelehrtenwelt ausgiebig und bis ins letzte Detail untersucht worden." Die Kirche soll die Wahrheit verheimlicht haben. Dan Browns einzige Stütze für diese gewagte Behauptung sind die fragwürdigen Fernsehjournalisten Michael Baigent und Richard Leigh.

Als Nächstes wird behauptet, Josef von Arimathäa und der Apostel Philippus seien im Jahr 64 nach Glastonbury im heutigen England gereist und hätten dort den Heiligen Gral hinterlassen. Später wurde von Mönchen gesagt, König Artus sei dort begraben worden. Für den Heiligen Gral und die Grabstätte König Artus’ gibt es jedoch keinerlei hinweise. Religionswissenschaftler halten es für eine fromme Lüge des Mittelalters, die dem Kloster eine höhere Bedeutung zukommen lassen sollte.

Der Heilige Gral wird bei Dan Brown mit einem angeblichen Kind von Jesus und Maria Magdalena gleichgesetzt. Im Mittelalter wurde er als Gefäß. Schale Kelch oder Stein beschrieben, der Glückseligkeit, ewige Jugend und Speisen in unendlicher Fülle spenden sollte. In der Bibel ist davon nichts erwähnt.

Josef von Arimathäa soll das Blut Christi in einer Schale gesammelt haben. Diese Geschichte stammt allerdings aus dem 5. Jahrhundert. In der Bibel wird Josef von Arimathäa als vornehmes Mitglied des jüdischen Hohen Rates beschrieben. Er war ein stiller Anhänger Jesu und sorgte zusammen mit Nikodemus für das Begräbnis Jesu (Mt. 27,57-60; Mk 15,42-46; Lk 23,50-53; Joh 19,38-42).

Dem Sakrileg-Buch zu Folge war Leonardo Da Vinci einer der Würdenträger des Geheimbunds Prieuré de Sion, der homosexuell war und "Hunderte von lukrativen Auftragswerken für den Vatikan gemalt" habe. Die Fakten sehen jedoch auch hier anders aus. Von den Zeichnungen für den Vatikan sind nur 17 eindeutig als von Da Vinci stammend nachgewiesen worden, die Prieuré de Sion hat es nie gegeben und über Homosexualität ist nichts bekannt (aber heutzutage gilt es ja als chic, allen möglichen Menschen aus Geschichte und Gegenwart homosexuelle Neigungen zu attestieren).

Die Liaison Jesu mit Maria Magdalena ist selbstverständlich auch an den Haaren herbeigezogen. Alles was man über Maria Magdalena weiß ist, dass sie am Kreuz stand als die Mehrheit der anderen Jünger geflohen war (Mt 27,55f.) und anschließend beim Begräbnis half (Mt 27,61; Mk 15,47). Am Tag der Auferstehung entdeckte sie das leere Grab (Mk 16,1-5; Joh 20,1).

Auch der mysteriöse katholische Orden Opus Die ist längst nicht so verschwörerisch, wie von Dan Brown dargestellt. Er ist kein Orden, sondern eine Personalprälatur, also ein Bistum, dem kein Territorium zugeordnet ist.

Die Geheimbruderschaft "Prieuré de Sion", der Leonardo Da Vinci, René Descartes und Isaac Newton angehört haben sollen wird im Roman als historische Tatsache verkauft. Allerdings hat ein Pierre Plantard 1956 unter Eid ausgesagt, dass dieser Geheimbund eine freie Erfindung von ihm gewesen sei. Er gab zu, Urkunden gefälscht zu haben.

Der nächste Hammer kommt mit der Behauptung, die Qumran-Rollen seien "die frühesten Dokumente des Christentums", die zusammen mit "80 Evangelien" von der Kirche zurückgehalten würden. Die seriöse Wissenschaft zählt die Schriftrollen vom toten Meer überwiegend der Zeit vor Christus zu. Ferner hatte der Vatikan nie etwas mit der Herausgabe der Schriften zu tun, da dies Angelegenheit der israelischen Antikenbehörde ist. Seit November 2001 sind alle Qumran-Schriften ediert, Geheimbotschaften tauchen nirgendwo auf.

Der Pfarrer Francois-Bérenger Saunière soll laut Gralsmythos wichtige Spuren im Pyrenäendorf Rennes-le-Chateau hinterlassen haben. Tatsächlich weiß man über den Pfarrer nur, dass er reich war, weil er mit Eisenbahnaktien handelte, alles andere ist reine Spekulation.

Der Templerorden soll der Beschützer des Heiligen Grals gewesen sein. Davon ist historische natürlich nichts erwiesen. Der Templerorden war nach den Johannitern der zweite Orden, der sich anlässlich der Kreuzzüge ins Heilige Land aufmachte und existierte von 1120 bis 1312.

 

 

verwendete URL:

https://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/425/74351/

 

SAKRILEG-STREITGESPRÄCH IM ZDF

Kommentare

  1. conrad

    Wie kommt es dann, dass ich immer mehr Leuten begegne, die mir diese Theorien, die offensichtlicher SChwachsinn sind, als Wahrheit verkaufen wollen. Der moderne Mensch hat die Fähigkeit verloren zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, deswegen sehe ich es als meine Aufgabe, für die Wahrheit einzutreten, deswegen ist diese Diskussion keineswegs sinnlos!
    Conrad

  2. Black_Sunrise

    Eigentor…

    “Sämtliche in diesem Roman erwähnten Werke der Kunst und Architektur und alle Dokumente sind wirklichkeits- bzw. wahrheitsgetreu wiedergegeben”

    Da steht nicht, dass die Theorien im Roman der Wahrheit entsprechen. Habe gerade eben ein Interview mit Dan Brown gelesen. Er sagt darin, dass er niemals behautet habe, dass die Theorien stimmen.

    Leute, das ist nur ein Roman! Nichts weiter!
    Die Diskussionen darüber sind vollkommen sinnlos!
    Sonst könt ihr auch mal Indiana Jones historisch auseinander nehmen…

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