„God’s Own Country“ verliert seinen Glanz

Was hält die politische Zukunft wohl für uns bereit? Werden wir etwa auch weiterhin Frieden und Wohlstand geniessen können?

Manche, die sich noch nicht von der grassierenden Politikverdrossenheit haben anstecken lassen, verfolgen Entscheidungen der Bundesregierung und der EU-Kommission, schielen jedoch auch auf den (gnadenlosen, noch tobenden) US-Wahlkampf. Dieser ist nicht nur für die weltweit größte Volkswirtschaft, sondern gerade für Deutschland, als zweitgrößten Importeuren ins „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, von eminenter Bedeutung.
Die überwiegende Mehrheit der Deutschen liebäugeln mit der Wiederwahl des charismatischen, ersten schwarzen US-Präsidenten. Noch vor dem Ausscheiden des auf dem „alten Kontinenten“ allseits unbeliebten George Bushs im Jahr 2009, hatte Barack Obama (51) glaubhaft einen Neubeginn propagieren können. Er schien wild entschlossen viele „heiße Eisen“ anpacken zu wollen („Yes we can!“). So wollte er sich für mehr Jobs und soziale Gerechtigkeit, aber auch für die Beendigung des Irak-Krieges, die Schließung des berühmt-berüchtigten Gefängnisses „Guantanamo“, Lösung des Nahost-Konflikts, etc. einsetzen. Die Begeisterungswelle schwappte damals auch nach Europa über, klang doch die Rhetorik des weltoffenen Senkrechtstarters fast schon „europäisch“. Nach jahrzehnte-langer Vorherrschaft des westlichen „Big Brothers“ schien eine Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe greifbar nah.

Auch für eine mögliche zweite Legislaturperiode vertritt Obama Ansichten, die den Deutschen eher zusagen. So ist er ein Unterstützer der „Pro-Choice“-Bewegung (betr. Schwangerschaftsabbruchs) und der Homo-Ehe; desgleichen auch für schärfere Waffengesetze sowie für das Bleiberecht von illegalen Einwanderern. Er verspricht die Staatsverschuldung zu verringern, die „Reichen“-Steuer zu erhöhen, sich für eine atomwaffenfreie Welt und den Umweltschutz stärker einzusetzen. Dass er bislang jedoch auf ganzer Linie enttäuscht hat, werfen ihm nicht nur seine politischen Widersacher, sondern selbst die eher liberale Media vor. Auch an der Person Barack Obamas lassen sie kein „gutes Haar“. Er sei nicht nur „cool“, sondern auch (gefühls-)kalt, anmassend („Ich glaube ich schreibe bessere Reden als meine Redenschreiber“, „Ich verstehe mehr von Politik als meine Politikberater“) und verbissen perfektionistisch („New York Times“). Den einstigen Feind Russland („Reset“) und China will er als strategische Partner gewinnen. Darauf legt er seinen Haupt-Fokus und nicht erstrangig auf West-Europa. Dass die Sozialpolitik des Präsidenten europäischen Vorstellungen nicht entspricht und die Mehrzahl seiner Positionen an sich konservativer als die der CDU sind, bleibt den meisten Deutschen ebenfalls unbekannt.

Als ihren Gegenkandidaten im Präsidialrennen haben die Republikaner den früheren Gouverneur von Massachusetts Mitt Romney auserkoren. Er ist alles andere als unumstritten. Der bekennende Mormone hat zwar vor gewaltige Sparmaßnahmen einzuleiten, die Unternehmenssteuer zu senken und 12 Mio. neue Arbeitsplätze aus dem Boden zu stampfen – bei gleichzeitiger Schwächung der Position von Gewerkschaften. Außenpolitisch beansprucht der Herausforderer Obamas zudem eine „Ausnahmerolle der USA“ und will die Ausgaben für das Militär sogar erhöhen. Im Gegenteil zu seinem Opponenten, schlägt Romney einen rauen Ton gegen Russland („größter geo-politischer Gegner der USA“), China (will den Handel chinesischer Unternehmen erschweren und Taiwan mehr unterstützen) und Iran an. Obwohl er „die Kontakte zu Europa intensivieren“ will, ist er – nicht nur aus den o.g. Gründen – hierzulande eher unpopulär. Von manchen früheren Überzeugungen (z.B. eine allgemeine Krankenversicherung, Umweltschutz, „Pro Choice“) ist er mittlerweile abgerückt. Das macht ihn nicht gerade glaubwürdiger, Romney hofft dadurch konservativere Landsleute für sich zu gewinnen. Genauso wie seine Einstellung gegen die Gleichstellung von Homo-Ehen, und gegen die „illegale“ Einwanderung.

Ganz gleich wie viel jemand Vorzüge eines der genannten Präsidentschaftskandidaten anzupreisen (und gleichzeitig auf die Schwächen des Anderen hinzuweisen) versucht, die Amis haben – mal wieder – die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ganz gleich wie smart, politisch erfahren, volksnah sie sich geben oder tatsächlich sind. Sie sind und bleiben Menschen. Sie müssen oft Versprechungen machen, die sie später ganz sicher nicht einhalten können. Kompromisse werden gefunden und weitreichende Entscheidungen getroffen. Nach der Wahl ist somit vor der Wahl. Und im gewissen Sinne ist alles doch „same old, same old.“

Wir sind absolut dankbar für die funktionierende Demokratie westlicher Staaten. Dies entspricht dem Grundtenor der Bibel, die uns ermutigt „für Könige und alle, die in hoher Stellung sind…“ zu beten, „… damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können…“ (1 Tim 2:2). Gott will, dass man „der Obrigkeit untertan ist… denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre.“ (Römer 13:1-7). Das schließt auch den Amtsantritt eines mehr oder minder beliebten Staatsoberhauptes ein. Auch die Regierenden werden sich ihrerseits einst vor Gott verantworten müssen.
Gleichzeitig warnt uns die Bibel davor, uneingeschränkt Menschen – auch hochrangigen Politikern – zu vertrauen – und dabei Gott zu vergessen. Das wäre fatal. Jeremia hielt in seinem Buch fest (17:5): „So spricht der HERR: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm, und mit seinem Herzen vom HERRN weicht.“

Jeder Person und auch ganzen Nationen, die nach Gottes Willen fragen, bleibt nicht nur viel Leid erspart: sie erfahren ganz praktisch wie Gott eingreift. „Vertraue auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand; erkenne Ihn auf allen deinen Wegen, so wird Er deine Pfade ebnen.“ (Sprüche 3:5-6) Dies kann in der Menschheitsgeschichte beobachtet werden. Jedoch auch Millionen und Aber-Millionen, die es mit Gott versucht haben, können bezeugen: „Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade“ (1. Petrus 5,5).

frei nach „Focus“ Ausgabe Nr. 39/12 24.September 2012

Kommentare

  1. Fernsehjournalist Markus Spieker

    Die Vereinigten Staaten von Amerika – früher vielfach leuchtendes Vorbild für Christen in Deutschland – haben ihren Glanz verloren. Der Fernsehjournalist Markus Spieker (Berlin), der in Los Angeles promoviert hat und zu den Bewunderern des amerikanischen Lebens gehörte, beklagt den Niedergang der politischen Kultur, der Moral und Frömmigkeit. In einer Titelgeschichte des evangelischen Wochenmagazins ideaSpektrum (Wetzlar) zeigt sich der 42-Jährige auch enttäuscht vom Präsidentschaftswahlkampf: „Irgendwie beschämend, dass die Noch-Weltmacht Nummer Eins keine besseren Rivalen anzubieten hat als Barack Obama und Mitt Romney. Auf der einen Seite der glücklose Amtsinhaber, der die Gleichgeschlechtlichen-Ehe einführen will und außerdem christliche Universitäten dazu zwingt, an ihre Studenten Verhütungsmittel zu verteilen. Auf der anderen Seite der steinreiche Mormone, der so viel Empathie versprüht wie der Ex-Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann.“ Wirtschaftlich und finanziell seien die USA kein Vorbild mehr. Die Arbeitslosigkeit liege bei zehn Prozent, die Staatsverschuldung bei 16 Billionen Dollar (12,2 Billionen Euro), und die Kluft zwischen Armen und Reichen wachse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Ich stimme zu

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.