C.S. Lewis: Die Abschaffung des Menschen

Vor 50 Jahren starb C. S. Lewis. Es war der 22. November 1963, derselbe Tag, an dem auch John F. Kennedy und Aldous Huxley starben. Lewis ist neben J.R.R. Tolkien sicherlich der bekannteste christliche Autor des 20. Jahrhunderts. Vor allem auf Grund seiner „Narnia“-Kinderbuchreihe ist er auch vielen Nichtgläubigen ein Begriff. Erst vor ein paar Jahren kam ja eine spektakuläre Neuverfilmung ins Kino.

Doch Clive Staples Lewis ist weitaus mehr als ein Fantasy-Autor. Wer englische Literatur ernsthaft studiert, kommt kaum an seinen theoretischen Werken vorbei. Er lehrte in der Mitte des 20. Jahrhunderts sowohl in Oxford, als auch in Cambridge englische Literatur des Mittelalters und der Renaissance. Mit Leidenschaft setzte er sich als ehemaliger Atheist mit den Strömungen seiner Zeit und den Angriffen auf den christlichen Glauben auseinander.

Vor 70 Jahren erschien in diesem Zusammenhang das Buch „The Abolition of Man“ („Die Abschaffung des Menschen“). Der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar meint, es sei „das Ernsteste wohl, was Lewis je verfasst hat“.

Eigentlich handelt es sich in der „Abschaffung des Menschen“ um eine Zusammenfassung von drei Vorlesungen, die Lewis vom 24. Bis 26. Februar im Rahmen der „Riddell Memorial Lectures“ an der Universität Durham gehalten hat. Darin kritisiert er ein Schulbuch, in welchem ein Mann zitiert wird, der den Anblick eines Wasserfalls als „erhaben“ beschreibt. Die Autoren des Lehrwerks machen nun den Schülern klar, der Wasserfall sei gar nicht erhaben. Lediglich die subjektive Empfindung des Sprechers mache ihn „erhaben“.

Lewis führt den Leser von dieser linguistischen Debatte in die dahinter liegende philosophische Dimension. Für Lewis ist diese Diskussion ein Kennzeichen des Relativismus, der jegliche Objektivität im Zusammenhang mit Ethik, Moral oder Ästhetik leugnet und damit den Menschen abschafft. Er hat dann nämlich keine objektive Wahrheit mehr und ist somit den Manipulationen der Mächtigen ausgesetzt.

In einem Schulbuch, getarnt als sprachwissenschaftliche Übung sollen hier, laut Lewis, junge Menschen davon abgehalten werden, ein Urteil zu fällen. Dies steht in direktem Gegensatz zu der geistigen Tradition des Abendlandes. Denker wie Platon, Aristoteles oder Augustinus gingen stets von „guten Dingen“ und „bösen Dingen“ aus. Die einen sollte man lieben, die anderen sollte man hassen. Lewis ist der Meinung, es sei geradezu notwendig, die Existenz des Guten und einer objektiven Wahrheit zu erlernen.

Im Buch wird dann deutlich gemacht, wie dieses Denken, nicht nur dem Christentum, sondern auch den Klassikern der antiken Philosophie zu Grunde liegt. Ja, er geht sogar noch weiter. Lewis weist nach, wie nicht nur europäische Kulturen sich darin einig sind, einen Grundkonsens zu besitzen, anhand dessen sie etwas als gut oder schlecht beurteilen können. Man findet so etwas unter anderem auch beim chinesischen Denker Konfuzius, den heiligen Texten des Hinduismus, des Islams, amerikanischer Ureinwohner oder der nordischen Mythologie. Er bezeichnet die objektive sittliche Norm als „Tao“.

In einem umfangreichen Anhang listet C.S. Lewis Gebote aus den verschiedenen Kulturkreisen auf, die Teil des „Tao“ sind. Ein erfülltes Leben ist nur innerhalb der Grenzen dieses „Tao“ möglich. Da sind sich fast alle Kulturen einig. In unserer Zeit verfallen wir dem Irrglauben, materieller Erfolg, maximale Ungebundenheit und Selbstverwirklichung seien die höchsten Güter. Laut Lewis führt dies jedoch nicht zu einem emanzipierten, freien und glücklichen Leben, sondern zur Abschaffung des Menschen, wie wir ihn kennen.

Das Buch ist aktueller denn je. Gerade erleben wir, wie die Ehe neu definiert wird. Jahrtausende lang verstand man darunter einen lebenslangen Bund zwischen Mann und Frau. Dies galt übrigens nicht erst seit der Etablierung des Christentums. Das beeindruckt die Parteien des deutschen Bundestages, von den Grünen bis zur CDU, in ihrer Vermessenheit nur wenig. Sie stimmen dem Bundesverfassungsgericht zu, wenn es feststellt, der gesellschaftliche Wandel habe den Sinn der Begriffe „Ehe und Familie“ verändert.

Ein kalter Schauer läuft einem den Rücken herunter, wenn man das Fazit Lewis‘ liest, das er formulierte, als der Zweite Weltkrieg wütete:

(Dieser) Prozess, der, falls man ihm nicht Einhalt gebietet, den Menschen zerstören wird, spielt sich unter Kommunisten und Demokraten ebenso augenfällig ab wie unter Faschisten. Die Methoden mögen sich zunächst in der Brutalität unterscheiden. Aber manch ein sanftmütiger Naturgelehrter mit Zwicker, manch ein erfolgreicher Dramatiker, manch ein Amateurphilosoph in unserer Mitte verfolgt auf Länge genau dasselbe Ziel wie die herrschenden Nazis in Deutschland. Das traditionelle Wertsystem soll `abgetakelt´ und die Menschheit in eine neue Form umgeprägt werden, nach dem Willen einiger glücklicher Leute der einen glücklichen Generation, die gelernt hat, wie man es macht. (S. 75)

www.kath.net/news/41678

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