H5N1 – Bedrohung oder Überbewertung?

Seit rund einem Monat ist die Vogelgrippe nun in Deutschland. Die einen warnen vor kopfloser Panik, andere sehen in ihr eine echte Gefahr und meinen, der Virus H5N1 werde eher noch unterschätzt. Auf jeden Fall macht der Virus die Komplexität und die Ungleichheit unserer Welt offensichtlich. Denn betroffen sind in erster Linie nicht unsere westlichen Länder, sondern die Länder Westafrikas und Südostasiens, wo Menschen mit Tieren viel enger in Kontakt sind. H5N1 zeigt die Schwächen unserer globalisierten Welt in aller Deutlichkeit auf. Im Jahr 1918 war der Grippevirus H1N1 verantwortlich für den Tod an hundert Millionen Menschen auf der ganzen Welt, das tödlichste Ereignis der Menschheitsgeschichte. Auch damals war die Anzahl der Toten in Asien zehnmal so hoch. Epidemiologen des Lowy Institutes in Sydney haben für den Fall einer H5N1-Epidemie ausgerechnet, dass Deutschland 800 000 Tote, die USA zwei Millionen Opfer zu beklagen hätten, in Westafrika würderten sich die Zahlen auf 140 Millionen belaufen. Diese Zahlen hören sich für uns apokalyptisch an und riechen nach Panikmache, dennoch weisen auch Optimisten darauf hin, dass die Vogelgrippe enorme Rätsel aufgibt. Warum mutierte der Virus zwischen 1997 und 2000 so stark und jetzt kaum noch, wieso bringt er bestimmte Arten von Vögeln um, während andere nur als Transportmittel verwendet werden und wie übertrug er sich überhaupt auf den Menschen.


Der Soziologe und Historiker Mike Davis von der Universtity of California in Irvine weist im Zusammenhang mit der Vogelgrippe auf die Rolle der Geflügelindustrie beim Entstehen und Ausbreiten der Seuche hin. In einigen asiatischen Ländern verhindert die Geflügelindustrie regelrecht Aufklärung über das Entstehen der Seuche in Legebatterien. Über Abnehmer wie die Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken hat auch der Westen seine Finger mit im Spiel und Interesse daran nicht zu viel Aufsehen zu erregen. Zu der komplizierten wirtschaftlichen Verflechtung kommt die Bevölkerungsexplosion unserer heutigen Zeit. Davis weist darauf hin, dass die Bedingungen für Seuchen für einen großen Teil der Weltbevölkerung ideal sind. In Manhattan leben 13 400 Menschen auf einem Quadratkilometer, in der Altstadt von Mumbai sind es 570 000, in Delhi 300 000 und in Nairobi 200 000. Durch den Luftverkehr kann eine Seuche jederzeit innerhalb von 24 Stunden jeden Ort der Welt erreichen. Die Inkubationszeit der Vogelgrippe beträgt mindestens 48 Stunden.


Natürlich wollen wir in Europa uns nicht zu viel Panik einreden lassen. Aber in vielen armen Ländern sind Hühner die Lebensgrundlage für Farmer. Wie auch immer diese Seuche ausgeht, sie zeigt uns die Grenzen unserer “schönen, neuen Welt” auf und wie weit entfernt sie von Gleichheit und Frieden ist. Jesus Christus sagte, dass auf dieser Welt der “ungerechte Mammon”, also das Geld regiert. Warum er ungerecht ist wird durch die Ungleichheit zwischen den Ländern deutlich. Sich im Leben nur auf Geld zu verlassen birgt Unsicherheit mit sich. Die Ungerechtigkeit und das Chaos unserer komplizierten Welt schreit nach Antworten. Wer soll sie geben, die UNO, die WHO, die USA oder gar die EU? Wir Menschen sollten uns wirklich zu dem hinwenden, der uns geschaffen hat. Die Bibel sagt, dass Gott einen Tag festgesetzt hat, an dem er die Erde richten wird. Vielleicht hat Gott Probleme wie diese zugelassen, damit du einmal aufwachst und nach Gott suchst.


 


Quelle: Süddeutsche Zeitung Magazin, 10.03.2006, S. 12 -15.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Ich stimme zu

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.