Psychiatrie in der Krise – Erziehung zur Verantwortungslosigkeit

Thomas Insel bezeichnete unlängst in seinem Blog psychiatrische Diagnosen als nicht valide (nicht “gültig”). Sofort ging ein Sturm durch den amerikanischen Blätterwald. Denn Thomas Insel ist der Direktor des “National Institute of Mental Health” (NIMH). Doch warum soll das so sein, wo doch jetzt gerade psychiatrische Diagnosen immer häufiger werden und immer mehr Geld in der Psychiatrie ausgegeben wird? Wir berichteten schon über die “Krise” der Psychiatrie (www.ohnegottistallessinnl…ath-und-einige-kritische/). Hier die drei Hauptthesen von Thomas Insel aus seiner Stellungnahme (zu finden auf www.johnhorgan.org):

1. Psychiatrische Erkrankungen sind nicht objektivierbar

Thomas Insel schreibt als Reaktion auf den neuen DSM (Statistical Manuel of Mental Disorders; Handbuch zur Klassifizierung psychischer Erkrankungen; Anm. d. Autors):

Das DSM gilt als “Bibel” für den Bereich, ist aber im besten Falle ein Wörterbuch, das eine Reihe von Etiketten erschafft und diese voneinander abgrenzt. Die Stärke der einzelnen Ausgaben des DSM war Reliabilität (Zuverlässigkeit) – jede Ausgabe hat dafür gesorgt, dass Ärzte die gleichen Begriffe in der gleichen Weise nutzten. Die Schwäche des DSM ist der Mangel an Validität (Gültigkeit): Im Gegensatz zu unseren Definitionen von ischämischer Herzkrankheit, Lymphom oder AIDS basieren die DSM-Diagnosen auf einem Konsens über die Bündelung klinischer Symptome, nicht aber auf irgendeiner Form objektiver Labordiagnostik. In der übrigen Medizin entspräche dies der Schaffung von Diagnosesystemen nach der Art von Schmerzen in der Brust oder der Qualität des Fiebers. Und in der Tat wurde die in anderen Bereichen der Medizin übliche symptombasierte Diagnostik in den letzten fünfzig Jahren weitgehend ersetzt, da wir verstanden hatten, dass Symptome allein selten ausreichend für die Wahl der besten Behandlung sind. Patienten mit psychischen Störungen haben etwas Besseres verdient.

Zu deutsch: Während die gesamte Medizin darauf ausgelegt ist, Krankheiten zu objektivieren (also zum Beispiel in Laborparametern zu erfassen) wird die Psyche nur subjektiv wahrgenommen. Die Diagnose wird also mehr subjektiv als objektiv gestellt. Diese hängt wiederum von dem Psychiater (Bewertung) als auch vom Patienten ab (Schilderung der Symptome). Natürlich ist deswegen nicht alles quatsch, was die Psychologie heute sagt, jedoch lässt sich vieles dadurch nicht vergleichen oder sicher diagnostizieren, denn Diagnostik hängt ganz stark davon ab, was als Krankheit definiert wird. Das führt Insel zu folgender Frage: Wenn wir psychische Krankheiten erst definieren müssen, wieviel hängt dann die Definition von Krankheit von unserem Empfinden (und nicht von objektiven Ergebnissen) ab?

2. Die Psychiatrische Diagnostik ist häufig das Ergebnis von gesellschaftlichem Konsens

Insels zweite These ist demzufolge logisch: Die Diagnostik ist oft nur das Ergebnis von dem, was die Gesellschaft über eine Krankheit sagt. Während früher noch viel mehr Menschen als “hypersexuell gestört” eingestuft wurden, ist heute jeder zweite hypersexuell aktiv (durch Internetpornographie und ähnliches). Demzufolge wird hypersexuell heute anders definiert als noch vor 20 Jahren. Hypersexuell ist heute nur noch der, der einen abartigen Sexdrang hat und ihn nicht mehr kontrollieren kann. Der Junge, der 3 mal pro Tag masturbiert, gilt heute als “normal”. So ist aus dem Begriff hypersexuelle Störung im Laufe der Zeit ein ganz anderer Begriff geworden, massiv beeinflusst von unserem gesellschaftlichen Konsens. Wir können ja auch nicht die Hälfte der Gesellschaft als hypersexuell einstufen (denn das müssten wir). 

Ähnlich verhält es sich mit Begriffen wie Homosexualität, aber auch zwanghafte Störungen, “schwerfälliges kognitives Tempo” oder auch nur ADHS (das hat ja heute angeblich jedes dritte Kind). Das Eine wird normalisiert, das Andere exklusiv. Und so kommt Insel zu dem Ergebnis: Psychiatrie ist schwer zu trennen von den Gesellschaften, in denen sie betrieben wird. Nicht anders ist zu erklären, dass in den reichsten Ländern der Welt eine riesige Anhäufung psychiatrischer Erkrankungen geschieht, während die armen Länder sich essenziell niemals damit auseinandersetzen. 

Das führt uns zur letzten Frage und auch die Antwort darauf, was dieser Artikel in einem christlichen Blog zu suchen hat: Was bezweckt der DSM? Was bezweckt die moderne Psychiatrie?

3. Die Psychiatrie der westlichen Welt erzieht uns zur Verantwortungslosigkeit

Wenn zum Beispiel hypersexuell gestörte als eben solche eingestuft werden, so entbindet sie das von ihrer Verantwortung dafür (sie sind ja krank). “Ich bin ja so geboren”, das ist die Entschuldigung für ihr Verhalten, doch das ist falsch. Jeder Suchtkranke ist verantwortlich für seine Probleme, nicht seine Krankheit. Das ist der Kern der Kritik an der modernen Psychiatrie: Sie schreibt Sünde der Krankheit zu, und nicht dem Menschen. Deswegen muss man selbst aufpassen mit Definitionen von Depression: Es ist eben nicht so, dass immer dann, wenn ein depressiver Mensch schlecht drauf ist, die Krankheit Schuld ist. Nein, es ist auch häufig die Sünde, das schlechte Herz, was nach Aufmerksamkeit oder Liebe lechzt. 

Jeder Mensch ist verantwortlich für sein Handeln, und so ist die Krankheit auch Folge von Sünde, und nicht die Sünde eine Folge der Krankheit. Diese Erkenntnis ist nicht einengend, sondern sie zeigt uns den Kern unserer Probleme: Wenn du als Suchtkranker, als Depressiver, als Hypersexueller oder Zwanghaft Gestörter anfängst, über deine Sünde und dein schlechtes Herz Gedanken zu machen, dann hast du die Chance, geheilt zu werden. Ein Abschieben auf die Krankheit hilft niemandem weiter (nur dem, der dir Tabletten verschreibt und viel daran verdient). 

Warum kann ich das mit so einer Sicherheit sagen? Weil die Bibel uns lehrt, dass wir verantwortliche Wesen sind, und die Sünde uns kaputt macht. Das ist das Erste, woran wir denken müssen, wenn wir in Gewohnheiten fallen, die die Psychiatrie als Krankheit definiert. Der beste Seelenklempner ist eben der, der die Seele erfunden hat (die wir noch so wenig verstehen). Es ist kein Wunder, dass wir sie nicht objektivieren können, denn in ihr besteht unsere Ebenbildlichkeit zu Gott. Sein Wesen ist unser Ebenbild, und damit ist die Seele wohl schwer fassbar. Ich möchte dazu anregen, dass du dir, wenn du psychische Probleme hast, dir nicht nur sagen lässt, dass du ja krank bist. Nein, du kannst frei werden, wenn du dich an den wendest, der von Sünde befreit, denn darin liegt dein Urproblem. 

Eine Anmerkung zum Schluss: Ich bin mir bewusst, dass es somatoforme psychische Störungen gibt, die medikamentös behandelt werden MÜSSEN und aus einer physiologischen Fehlfunktion resultieren. Deswegen ist Psychiatrie in Verbindung mit evidenzbasierter Medizin wichtig und gut. Trotzdem sollten wir uns dazu anregen lassen, darüber nachzudenken, dass die Entbindung von Verantwortlichkeit Folgen hat. Denn die daraus resultierende Abhängigkeit von Medikamenten ist keineswegs Freiheit von Krankheit. Trotzdem ist sie manchmal unumgänglich.

Kommentare

  1. PSYCHO-DIAGNOSTIK

    Man sollte mehr der Bibel glauben als sich irgendwelchen Psychiatern anzuvertrauern.

    Gustl Mollath kam in die Psychiatrie weil er eine Korruptionsaffäre und ein Verbrechen angezeigt hatte.

    Kurz gesagt: Mann kann heute in einer Psychiatrie landen wenn man eine Sünde und einen Verstoß gegen das Gesetz anzeigt.

    Folglich: Wer an der Macht ist, der bestimmt wer oder was psychisch krank ist, und befiehlt, ob derjenige in die Psychiatrie eingewiesen werden muß oder nicht.

    Eben: Gesellschaft und Macht bestimmen wer psychisch Krank ist.

    Wenn ein ganzes Volk einem Adolf Hitler zujubelt, der von Hass und Antisemitismus zerfressen ist und eine extreme psychische Anomalie aufweist, ist er nicht psychisch Krank, wenn das Volk sich an ihn leidenschaftlich anhängt und seine Weltanschauung als richtig, klug und fortschrittlich betrachtet.

    Wie gesagt: Ohne die Bibel gibt es keine Richtschnur. Alles kann zur Norm oder Anorm werden.

    Das ist meine Meinung dazu, auch wenn es vielen Atheisten, Humanisten…etc. nicht gefällt.

    Im Grunde kann man alles relativieren und legitimieren, oder auch vergesetzlichen und verbieten.

    Zur Zeit Jesus war die Vergesetzlichung des Alltags durch kleinliche Vorschriften die Norm, bis eben Jesus Christus die Scheinfrömmigkeit von den Pharisäern entlarvt hat – aber zugleich auch ihre Feindschaft auf sich zog, bis er sogar durch ihre finstern Machenschaften ans Kreuz geschlagen wurde.

    Heute, in unserer Gesellschaft ist nahezu alles erlaubt, nur sollte man nicht allzu viel von Sünde sprechen und gar Sünden von anderen oder sogar in Kühnheit die des Staates (siehe: Wikileaks, Bradley Manning, Edward Snowden…etc.) aufdecken – der Schuß kann dann schnell in die Gegenrichtung losgehen.

    Wenn die Richtschnur der biblischen Moral und der gottgegebenen Verhaltenkodex nicht mehr gilt, so kann alles erlaubt oder auch alles verboten werden – je nach gesellschaftlicher Konsens, Stimmung, Machtpolitik, Interessen und Vorteilen.

    Eine gottlose und unbiblische Gesellschaft wird schnell in das Netz
    des Willkürs sich verstricken.

    Der Preis für den Abfall vom biblischer Ethik wird sehr hoch sein, und sicherlich noch viel Ungerechtigkeit mit sich bringen.

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