EHEMALIGES HISBOLLAH-MITGLIED: Vom Gott der Gewalt zum Gott der Liebe.

Ich heisse M.*, bin 32 Jahre alt, aufgewachsen in einer frommen islamischen Familie. Ich erinnere mich, dass ich mit sieben Jahren zum ersten Mal mit meiner Familie am Fastenmonat Ramadan teilnahm. Danach ging ich regelmässig mit meinem Vater zur Moschee. Als mein Vater einst aus Mekka zurückkam, gab es zuhause ein grosses Fest. Seit diesem Tag trug er den Titel Al Hajh. Die Gebete, fünfmal täglich, waren für mich Routine, eine sportliche Übung, ohne geistlichen Effekt. Mit 20 Jahren stiess ich durch meinen besten Freund zur Hisbollah (Partei Gottes). Nach etwa neun Monaten war ich eine der Vertrauenspersonen und wurde auf Kosten der Partei nach Beirut (Libanon) geschickt, um in einem Trainingslager drei Jahre ausgebildet zu werden. Die Familie wusste nichts davon, meine Eltern waren aber prinzipiell dagegen, dass ich mein Studium abbrach. Nach drei Jahren kam ich in meine Heimat zurück, mit einem Herzen voll Bitterkeit. Meine Augen sahen alles politisch; ich hatte zu niemandem Vertrauen. In dieser Zeit schickte mich die Partei sehr viel in andere arabische Länder. Da ich der Sohn eines Hajh war, rechnete keiner damit, dass ich dort viele schlimme kriminelle Dinge tun würde. Mit 25 Jahren heiratete ich eine gut ausgebildete junge Frau. Ich befahl ihr, ein Kopftuch zu tragen und keinen Mann mit der Hand zu begrüssen, ausser meinen Vater. Die Hisbollah gab mir zwei verschiedene Pässe mit verschiedenen Namen und Geburtsdaten, die ich rege benutzte. Mehrmals träumte ich, dass ich erwischt werden würde.
2007 wurde ich tatsächlich bei einem Verbrechen gefasst. Ich versuchte, von der Partei Hilfe zu bekommen, aber keiner kümmerte sich um mich. Nicht nur das, viele verleugneten mich. Mithilfe von Bestechungen konnte ich zu meiner hochschwangeren Frau nach Hause gehen. Doch die schlechte Nachricht, dass ich verhaftet worden war und der Hisbollah angehörte, war daheim angekommen. Die Geheimpolizei hatte meinen Vater bereits zweimal mitgenommen. Ich musste so schnell ich konnte mit meiner Frau das Land verlassen. Ich rief meinen Parteiführer an und sagte ihm, er solle mir dabei helfen, sonst würde ich gezwungen werden, alle Insider-Information der Hisbollah zu verraten. Nach neun Tagen bekam ich einen Reisepass mit meinem richtigen Namen und Geld für einen Reisepass für meine Frau. Mit der Hilfe eines Diplomaten erhielten wir ein Besuchsvisum für Deutschland. Mein Parteiführer hoffte, dass ich in Deutschland eine neue Hisbollah-Zelle gründen würde.
Im Flughafen sass ich dann wartend neben einem Ägypter, der als Pastor in meiner Heimat arbeitete. Er war sehr freundlich – anders als ich in der Hisbollah über Christen gehört hatte. Als er erfuhr, dass wir nach Frankfurt wollten, gab er mir die Telefonnummer eines ihm bekannten arabischen Pastors in Deutschland. Unser Gespräch erleichterte die Wartezeit, denn wir hatten grosse Angst, da die Geheimpolizei jederzeit hätte auftauchen können.
In Frankfurt überlegte ich mehrmals, ob ich diese Nummer anrufen sollte. In der Hisbollah hatte ich gelernt, niemandem zu trauen. Ich rief nicht an. Dann bekamen wir unser Baby und brauchten Hilfe. Wir hatten keine richtige Wohnung, keine Krankenversicherung, aber das grösste Problem war die Sprache. Ausserdem war es ein sehr harter und kalter Winter. Ich verbot meiner Frau, die Nachbarn zu begrüssen, damit keiner herausfinden konnte, wer ich wirklich war. Ich hatte auch Angst, dass jemand Arabisch verstehen und mich erkennen könnte. Wir mussten jemanden finden, dem wir vertrauen konnten. Ich ging zu einer schiitischen Moschee, weil ich dachte, dort wäre ich zuhause. Aber der Imam und die Beter waren sehr kalt. Meine Frau ermutigte mich, doch jenen Pastor anzurufen. Weil sie viel weinte und ich nur noch ein paar Dollar besass, rief ich schliesslich um 23 Uhr an. Meine Tränen begannen zu fliessen, als der Pastor am Telefon auf Arabisch antwortete. Er hörte geduldig zu. Am nächsten Tag um 8 Uhr rief er an und fragte, ob er uns besuchen könnte. Um 10 Uhr stand er mit zwei Plastiktüten vor der Tür; die eine war voller gebrauchter guter Babysachen und die andere voller Lebensmittel. Meine Frau freute sich über die Babykleidung, aber ich wollte keine Nahrungsmittel verwenden, da sie von einem Heiden kamen. Kritisch beachtete ich unseren Wohltäter, ob er uns vielleicht in seinen Glauben oder in seine Partei drängen wolle. Doch er sprach nicht über Religion, sondern fragte, was wir brauchen würden. Er konnte uns eine Zwei-Zimmer-Wohnung bei einer deutschen christlichen Familie vermitteln und brachte uns auch gut erhaltene gebrauchte Möbel. Da Stolz zu unserer islamisch-arabischen Kultur gehört, sagte ich ihm, ich würde später alles bezahlen. Er antwortete, er habe auch nichts bezahlt, er habe von Gott viel Hilfe bekommen. Das war das erste Mal, dass der Pastor mir etwas Geistliches sagte. Dann fragte ich ihn direkt, welchen Gott er denn meine. Er antwortete: «Den Gott der Liebe.» Das war alles. Eines Tages stritt ich mich mit meiner Frau, weil sie sich gefangen fühlte. Ich rief den Pastor an und bat um einen schnellen Besuch. Am Nachmittag des nächsten Tages kam er mit einem Blumenstrauss und einer arabischen Musik-CD. An diesem Abend verstanden wir, was er mit «Gott der Liebe» meinte. Er redete von Vergebung. Meine Frau weinte viel. Ich wollte meine Gefühle nicht zeigen, aber als er nach zwei Stunden wegging, kamen mir die Tränen. Kurz vor Ablauf unseres Visums half uns der Pastor, einen Asylantrag zu stellen. Weil meine Frau medizinische Hilfe brauchte, schickte er eine Frau zu uns, die meine Frau mit ihrem Auto abholte. Als meine Frau nach Hause zurückkam, erzählte sie, der Pastor betreue eine arabische Gruppe, in der viele Leute mit verschiedenem Hintergrund zusammen kämen. Sie würden gemeinsam singen und essen. Meine Frau hatte sich die Adresse der Gemeinde notiert und fragte, warum wir nicht auch zu diesen Leuten gingen. Ich erklärte ihr, dass ich die Sache zuerst selber prüfen wolle. Ich ging zweimal alleine hin und bekam dabei einen sehr guten Eindruck. So erkundigte ich mich beim Pastor nach Transportmöglichkeiten für meine Familie, um in die Versammlungen zu gelangen.
Der Pastor kam dann persönlich, um uns zur Versammlung abzuholen, aber etwas früher als nötig. Er brachte auch Essen mit. Wir assen bei uns zu Hause (das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit einem Christen zusammen sass und ass). Vor dem Essen fragte er man das Wort vom Gott der Liebe auch hören könne. Wir gingen jedoch mit in die Versammlung. Jedes Mal, wenn der Pastor in der Predigt die Worte «Sünde» und «Jesu Blut» verwendete, flossen bei mir die Tränen. So etwas war in meinem Leben als Hisbollah-Mensch nie passiert. Dort durften wir unsere Gefühle nicht zeigen. Angesichts des Blutes Jesu aber brachen mein Stolz und meine Härte. Beim Essen in der Gemeinde beobachteten meine Frau und ich die Liebe der Anwesenden untereinander. Keiner hatte Angst oder schien etwas zu verstecken. Sie waren locker und fröhlich. In diesem Moment wünschte ich mir, solch ein Leben zu haben. Auf der Rückfahrt mit dem Pastor stellte ich ihm sehr viele Fragen. Ich wollte wissen, warum Gott oder Jesus Sein Blut für unwürdige Leute gab. Da antwortete er nur: «Das ist die Bedeutung des Wortes ‹Gnade›.» An diesem Abend konnten wir nicht schlafen. Wir hatten gemischte Gefühle.
Wir fühlten uns wie solche, die ein grosses Geschenk gefunden hatten, aber zu weit davon entfernt waren. Mithilfe des Pastors konnten wir einen gebrauchten Laptop kaufen und einen Telefon- und Internetanschluss einrichten. Das erste, was ich im Internet suchte, war die Bibel. Ich hatte den Pastor nicht danach fragen wollen, obwohl ich in seinem Auto mehrere Exemplare gesehen hatte. Da war noch dieser Stolz. Mehrere Nächte las ich Online im Neuen Testament und suchte auch die Bibelstellen, die in der Predigt vorgelesen worden waren. Da meine Frau eine bessere Ausbildung genossen hatte als ich, konnte sie mir mehr erklären, besonders manche hocharabischen Worte. Vor dem nächsten Besuch des Pastors bat ich meine Frau, ihm die vielen Fragen zu stellen, die mir gekommen waren. Er bot uns an, uns eine Bibel zu schenken, um dort die Antwort auf unsere Fragen nachzulesen. Mit grosser Zurückhaltung nahm ich an. Unser neuer Freund war sehr geduldig mit uns, da wir ihm von 16.00 bis 23.00 Uhr nur Fragen stellten. Am Ende des Besuchs fühlte ich ein Erdbeben in meinem Herzen, das all meinen Stolz, meine Lügen, meine Sturheit zerbrach. Ich bat den Pastor um Fürbitte. In dieser Nacht übergaben meine Frau und ich unser Leben dem Gott der Liebe. Nach neun Monaten intensivem Bibelstudium und regelmässigen Gemeinde besuchen hörten und lasen wir von der Taufe und erkundigten uns. Der Pastor brachte uns einen Taufkurs auf Arabisch und besuchte uns alle zwei Wochen zur Taufvorbereitung. Auf unseren Wunsch und gemäss unserem Glauben an den Herrn Jesus taufte er uns dann. Wir baten ihn auch, uns zu trauen, denn als wir als Muslime geheiratet hatten, war die Liebe Gottes nicht in unserem Leben. So sprach er nach der Taufe auch ein Segensgebet für unsere Ehe.
Mittlerweile haben wir unser zweites Kind bekommen und sind Mitglieder einer Gemeinde. Ich hoffe, dass jeder, der meine Geschichte liest, für uns betet, auch für unseren Pastor und für jenen anderen Pastor, der uns damals am Flughafen ansprach, und für jeden, der solch einen Dienst tut.
Aufgezeichnet von E. Morise.
* Der richtige Name wurde aus Sicherheitsgründen weggelassen. mnr.ch

Kommentare

  1. Wolfram Hüttermann

    Dieses Zeugnis über diesen Christen ist sehr bewegenden. Was Grottenschlecht anbelangt, so solltet ihr für diesen Menschen fasten und beten. Dann wird er schnell von seinen Kommentaren ablassen.

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