Tötlicher Fanatismus

Zeugin Jehovas verblutet bei EntbindungIn Bayern ist eine Frau wegen ihrer religiösen Überzeugung unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes verblutet. Als Zeugin Jehovas habe die Patientin eine notwendige Bluttransfusion ausdrücklich abgelehnt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Ärzte mussten sich dem Willen der Frau fügen.
Landau an der Isar – Bei einer Obduktion seien keine Hinweise auf ein Fremdverschulden am Tod der zweifachen Mutter gefunden worden, sagte Oberstaatsanwalt Alfons Obermeier. "Die Mediziner haben sich richtig verhalten."

Die behandelnden Ärzte seien verpflichtet gewesen, den Willen der 32-jährigen Patientin zu respektieren, erklärte Obermeier. Andernfalls hätten sich die Mediziner der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Nach Angaben des Chefarztes Bernd Probach war es für die Klinikmitarbeiter ein Drama, der jungen Mutter nicht helfen zu dürfen.

Nach der Geburt eines gesunden Kindes war es nach Angaben des Mediziners bei der Frau zu Nachblutungen gekommen, die sich nicht stillen ließen. Daraufhin habe der jungen Frau die Gebärmutter entnommen werden müssen. Eine notwendige Bluttransfusion habe die Frau mehrfach abgelehnt. Auch in ihrem Mutterpass habe die 32-Jährige erklärt, dass sie keine Bluttransfusion wolle.

Zeugen Jehovas ist es nach ihrer Religion untersagt, Bluttransfusionen anzunehmen. Stattdessen würden auch Kochsalz-Lösungen und Sauerstoff-Beatmung ausreichen, wird auf der Internetseite Watchtower.org behauptet. Außerdem trage der feste Glaube kranker Zeugen Jehovas zu deren Genesung bei.

spiegel.de

In den fünf Büchern Mose findet sich acht Mal das Verbot, Blut zu verzehren (1.Mose 9,4; 3.Mose 3,17; 3.Mose 7,26-27; 3.Mose 17,10-14; 3.Mose 19,26; 5.Mose 12,15-16 3.Mose 12,23-24; 3.Mose 15,23). Dabei wird nur in 1.Mose 9,4 und 3.Mose 17,11-12 die Verbindung von Blut und Seele bzw. Leben hergestellt (der biblische Seelenbegriff entspricht an dieser Stelle unserem Begriff von Leben). Diese Verbindung verwundert nicht, denn Blut ist essentiell wichtig für das Leben. Solange es im Körper fließt, ist der Körper lebendig. Sobald Blut in entsprechenden Mengen aus dem Körper austritt, ist das Leben in Gefahr. 3.Mose 17,10-14 erklärt, weshalb Blut nicht gegessen werden darf.

Denn des Leibes Leben ist im Blut, und ich habe es euch für den Altar gegeben, dass ihr damit entsühnt werdet. Denn das Blut ist die Entsühnung, weil das Leben in ihm ist.
3.Mose 17,11

Im Ritus des Alten Testaments spielt Blut eine sehr wichtige Rolle. Das Blut der Opfertiere wurde z.B. an den Altar gesprengt (z.B. 3.Mose 1,5), auf die Hörner des Altars gestrichen (z.B. 3.Mose 4,7) oder am Altar ausgegossen. (z.B. 3.Mose 4,7). Gott hat es zur Reinigung von Sünden (vgl. 3.Mose 14) und als Mittel zur Sühnung von Schuld bestimmt:

Wie ist nun die Warnung Gottes in Hinblick auf den Verzehr von Blut zu verstehen?

Als Mittel zur Vergebung der Schuld hat Gott Opfer gefordert, um die Gemeinschaft des Volkes mit dem heiligen Gott wieder zu ermöglichen. Die Verwendung des Blutes reserviert Gott für diesen "heiligen Vorgang". Es darf auf keinen Fall für den alltäglichen Gebrauch verwendet oder gar verzehrt werden. Genau wie vergossenes Blut den Übergang vom Leben zum Tod markiert, bewirkte Blut im Ritus den Übertritt vom geistlichen Tod zum Leben.

2. Gilt dieses Verbot für uns Christen heute noch?
Die eben beschriebenen Gesetze und Ordnungen gehörten zum so genannten sinaitischen Bund, den Gott am Berg Sinai mit seinem Volk geschlossen und ihm auch das Gesetz gegeben hat. Wir leben heute aber nicht mehr in diesem Bund. Seit Jesus Christus da ist, gilt diese neue Ordnung, denn er hat das Gesetz erfüllt (Matthäus 5,17). Jesus hat die Speisegesetze aufgehoben und durch seinen stellvertretenden Tod die kultischen und zeremoniellen Gesetze des Alten Testaments ein für alle Mal erfüllt. Jesus hat gesagt:

Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hinein geht, das ihn unrein machen könnte; sondern was aus dem Menschen herauskommt, das ist’s, was den Menschen unrein macht. […] Merkt ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht unrein machen kann? Denn es geht nicht in sein Herz, sondern in den Bauch, und kommt heraus in die Grube. Damit erklärte er alle Speisen für rein. Und er sprach: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein.
Markus 7,15-16-20

Und der Schreiber des Hebräerbriefes bringt es so auf den Punkt:

Nach diesem Willen sind wir geheiligt ein für allemal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi.
Hebräer 10,10

Diese Stellen zeigen deutlich, dass wir Christen heutzutage nicht mehr unter dem Gesetz stehen und damit weder die Opfervorschriften noch die Speisegesetze einhalten müssen.

Eine schwierige Stelle im Neuen Testament zu dieser Thematik befindet sich in Apostelgeschichte 15. Die urchristliche Gemeinde hatte ein Problem im Zusammenleben von Judenchristen und Heidenchristen. Deswegen trafen sich die führenden Gemeindeleiter und Apostel zum sogenannten Apostelkonzil. Sie beschäftigten sich mit der Frage, ob die Heiden erst zu Juden werden müssen, das heißt, dass sie das jüdische Gesetz inklusive Speisevorschriften halten und sich beschneiden lassen müssen, bevor sie zu „vollwertigen“ Christen werden können. Das Konzil beschloss, den Christen, die aus heidnischem Hintergrund kamen,

[…] keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden. Wenn ihr euch davor hütet, handelt ihr richtig.
Apostelgeschichte 15,28-29

Weshalb war es notwendig, den Christen aus heidnischem Hintergrund das Halten dieser Verbote abzuverlangen? Vermutlich handelt es sich beim Enthaltungsgebot des Essens von Götzenopferfleisch, Blut und Fleisch von erstickten Tieren um ein „höfliches und zeitlich beschränktes – wenn auch bei manchen Gelegenheiten ‚notwendiges’, V. 28 – Zugeständnis an das Gewissen der Juden“ (J. Stott, Die Botschaft der Apostelgeschichte, S. 362). Die neubekehrten Christen heidnischer Herkunft sollten sich also an gewisse Regeln halten, um das Zusammenleben mit den Christen jüdischer Herkunft zu erleichtern – es geht hier um einen praktischen Kompromiss, der zur damaligen Zeit seine Berechtigung hatte.

3. Die Frage der Bluttransfusionen

Hier handelt es sich um ein ethisches Problem. Dass jeder Mensch anders ist, hat in erster Linie nichts mit seinem Blut zu tun (jeder Mensch hat ja eine andere erbliche „Programmierung“). Im Gegenteil: Versteht man Blut als „Lebenssaft“, dann sind in dieser Hinsicht alle Menschen gleich. Die Menschen sind unterschiedlich, weil Gott in seiner unendlichen Kreativität keinen Menschen wie den anderen erschaffen hat. In der Bibel beobachten wir immer wieder das Prinzip, dass das Leben schützenswert und zu erhalten ist. Da theologisch nichts gegen Bluttransfusionen spricht, kann man Blutspenden sicherlich ohne Bedenken empfehlen, zumal diese Blutspenden Menschenleben retten können.

nikodemus.net

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