Aufklärung oder Bibel: Sebastian Lotzer klärt auf

Unsere westliche Gesellschaft steht auf Grundrechten wie dem Recht des Menschen auf Leben, Achtung der Menschenwürde, Gleichheit aller Menschen, Meinungsfreiheit oder dem Recht, diese Meinung öffentlich bekanntzugeben. Ohne diese grundsätzliche Hochachtung des Menschen als Wesen mit eigener Persönlichkeit, Denkfähigkeit und Verantwortung hätten nie die freiheitlich denkenden Gesellschaften und Staaten entstehen können, in denen wir uns heute ausruhen.
Woher kommen diese Gedanken? Auf welcher Grundlage konnten diese lebenswichtigen Rechte auf breiter Ebene Fuss fassen? Wer hat sie erdacht? Wem gebührt die Ehre?
Heute sagt man gerne, es seien die Werte der Aufklärung. Menschen haben sich endlich von der Tyrannei der kirchlichen Herrschaft befreit und dadurch konnte der Mensch in den Mittelpunkt gestellt werden.

Historisch gesehen trifft diese Erklärung aber nicht zu. Die Aufklärer hatten sich, was die Menschenrechte angeht, bei schon vorhandenen Ideen bedient. Forscht man nach, so findet man die erste Erklärung der Menschenrechte europaweit im Jahr 1525 in der schwäbischen Kleinstadt Memmingen. Dort schafften es die aufständischen Bauern zum ersten mal, Rechte von unten durchzusetzen, die sie allein deshalb schützten, weil sie als Menschen etwas wertvolles sind.
Schlüsselfigur dabei war ein Fellhändler namens Sebastian Lotzer, der sich in den Dienst der Reformation stellte. Alle Forderungen begründete er mit der Bibel, wo er die sinnvolle Grundlage fand, warum Menschen etwas schützenswertes und wertvolles sind.

Ein Auszug aus den sogenannten 12 Bauernartikeln:

1) Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn abzusetzen, wenn er sich falsch verhält. Der Pfarrer soll die gute Nachricht aufrichtig und klar ohne jeden menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.

3) Bisher war es üblich, dass man uns für Leibeigene gehalten hat. Das ist zu Erbarmen, angesichts der Tatsache, dass uns Christus alle mit seinen kostbaren Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten genauso wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.

4) Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht das Recht hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott den Menschen erschuf, hat er ihm Macht über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.

11) Der Todfall (eine Art Erbschaftssteuer) soll vollkommen abgeschafft werden, und nicht mehr sollen Witwen und Waisen schändlich gegen Gott und Ehre beraubt werden.

12) Unser Beschluss und endliche Meinung ist, wenn einer oder mehrere der hier gestellten Artikel dem Wort Gottes nicht gemäß wären …, von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt.

Mit Lotzer traten viele andere Reformatoren in Deutschland und Europa für die Autorität der Bibel ein. Europas neue Menschlichkeit wurde untrennbar damit begründet, dass wir von Gott geschaffene, gewollte und geliebte Menschen sind.
Die Aufklärung sieht sich selbst gerne als die große Wende der europäischen Geschichte, aber der entscheidende Wendepunkt fand schon in der Reformation statt. Dort wurden die Ideale neu gesteckt, als die religiös gefangenen Menschen zurück zur Bibel fanden:

-Wahrheitsliebe und Freiheit, denn Jesus hat gesagt: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaft meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. (Johannes 8,31+32)

-Gelehrtheit, denn es gab Grund zum Forschen: Der Herr hat durch Weisheit die Erde gegründet und durch Einsicht die Himmel festgestellt. (Sprüche 3,19) Wo ein Gesetzgeber ist, sind auch Naturgesetze.

-Gottesfurcht, Verstand, Vernunft und kritisches Hinterfragen, denn Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis. (Sprüche 1,7) und Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester! Und nenne den Verstand deinen Verwandten. (Sprüche 7,4)

Es verwundert deshalb nicht, dass es die Reformatoren waren, die in Europa die ersten Universitäten gründeten.
Als der Weg dann bereitet war, kam die Aufklärung, die sich schon in ihrem Namen der Wahrheitsfindung verpflichtet. Im Licht der Geschichte ist sie aber eher das ungehorsame Kind der Reformation. Denn Verstand als Ideal gab es schon seit der Reformation. Ihr eigentlicher neuer Gedanke ist der Versuch, Gott und Verstand zu trennen. Sie brachte alle möglichen Theorien hervor, deren Ziel es war, die sichtbare Welt ohne das Eingreifen Gottes zu erklären und die Bibel als fehlerhaft darzustellen. Die meisten dieser Theorien sind heute widerlegt, trotzdem bleibt eine verheerende Folge: Ohne Glauben an Gott verkam die Vernunft zu einer elenden Sklavin der Selbstsucht und bot und bietet heute noch dem Eigennutz und der Selbstherrlichkeit in schamlos untertäniger Weise ihre Dienste an.

Die Motivation, das Denken zu befreien, hatte Lotzer, weil er innerlich schon längst befreit war. Obwohl er schuldig war, wurde er freigesprochen von dem Gericht Gottes, in dem sich jeder Mensch nach seinem Tod verantworten muss:

Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben. Dann aber das Gericht. (Hebräer 9,27)

Er wurde freigesprochen, weil er an Jesus geglaubt hat:

Jesus sagt: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod ins Leben übergegangen. (Johannes 5,24)

 

Quellen:
Buchempfehlung zur Entwicklung der Ideen und Werte über die Jahrhunderte:
"Wie können wir denn leben" von Francis Schaeffer

Die 12 Bauernartikel:
https://www.uni-muenster.de/Geschichte/hist-sem/NZ-G/ L1/Vorlesung/Sitzung3/Quellen/Quelle7.htm
https://www.memmingen.de/80.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lf_Artikel
Buch "Brief an einen Atheisten." (Grabe,Fink, Bühne)

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