Die Auferstehung Jesu aus Sicht eines Historikers

Zusammenfassung des Vortrages vom 14.04.2012, gehalten im Forum „Argumente für Gott“ in München
 
Der Dozent Dr. Jürgen Spieß studierte in Gießen und München und promovierte in Alter Geschichte. In seinem Vortrag beleuchtet er die Frage nach der Auferstehung Jesu aus historischer Sicht, wozu er verschiedene  Indizien betrachtet.
 
Spieß beginnt den Blick auf Jesus Christus mit unterschiedlichen Quellen, die von Jesus berichten. So wird Jesus bereits vom jüdischen Author Flavius Josephus erwähnt. Auch der römische Historiker Tacitus schreibt von ihm, wobei weder Flavius noch Tacitus Christen waren.
 
Abgesehen von diesen zwei Erwähnungen werde historisch nur das Neue Testament ernst genommen, wie Spieß berichtet. Um sich klar zu machen, warum das Neue Testament historisch ernst genommen wird, stellt sich die Wissenschaft zwei Fragen.
 
Erstens, wollten die Schreiber des Neuen Testamentes überhaupt historisch Geschichte schreiben? Dazu geht Spieß auf Lukas, den Schreiber des nach ihm benannten Evangeliums ein. Lukas, ein studierter Arzt, gehe vor wie ein Historiker: Er unternimmt Recherchen, er befragt Augenzeugen, er schreibt in einer logischen Reihenfolge. Sein Ziel, so schreibt Lukas selbst, ist ein Tatsachenbericht an einen sogenannten Theophilus.
 
Zweitens sei für Historiker von Interesse, wann die Schriften niedergeschrieben wurden. Die wissenschaftliche Mehrheitsmeinung datiere die Evangelien auf die 70er bis 90er Jahre des ersten Jahrhunderts, während eine Minderheit für die 40er bis 60er Jahre nach Christus plädiere. Ein entscheidendes Indiz dazu sei die Zerstörung von Jerusalem im Jahre 70, die als epochales Ereignis mit großer Sicherheit erwähnt würde, wären die Evangelien danach geschrieben worden. Eine klare Erwähnung gebe es jedoch nicht.
 
Zur Frage der Auferstehung Jesu führt Spieß schließlich drei Indizien an. Das erste Indiz sei das leere Grab, was von drei sehr unterschiedlichen Gruppen bestätigt wird: Von Soldaten, von Jesu Jüngern und von Frauen. In einer Zeit, in der die Aussage von Frauen vor Gericht nicht galt, sei es sehr verwunderlich, dass die ersten Zeugen Frauen waren. Spieß fragt sich, welchen Sinn es machen würde, für eine erfundene Geschichte Frauen als Zeugen zu wählen. Dass Jesu Grab leer war, gelte als sicher. Jedoch sei dies zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Auferstehung Jesu.
 
Das zweite Indiz für die Auferstehung seien Begegnungen mit dem Auferstandenen. Für die Wissenschaft besonders interessant sei 1. Korinther 15, welches auf das Jahr 55 n.Chr. datiert werden kann. Die Verse 3 bis 5 stellen ein Glaubensbekenntnis der ersten Christen dar, das Paulus selbst „empfangen“ habe: Christus sei „gestorben“, „begraben“, „auferstanden am dritten Tage“ und „gesehen“ worden. Theologen, wie auch Gerd Lüdemann, der selbst nicht an die Auferstehung glaubt, gehen davon aus, dass Paulus dieses Glaubensbekenntnis bei seiner Bekehrung in Damaskus „empfangen“ habe, spätestens jedoch bei Paulus Besuch in Jerusalem drei Jahre später. Paulus Bekehrung aber fand 31 oder 32 n.Chr. statt, also nur ein oder zwei Jahre nach Jesu Kreuzigung. Die Geschichte von Jesu Auferstehung kann also keine Legende sein, die langsam über die Jahre entstanden sei, sondern war schon in den frühesten Jahren fester Glaube der Christen.
 
Außerdem berichtet 1.Korinther 15, Vers 6, verfasst rund 25 Jahre nach Jesu Kreuzigung davon, dass Jesus nach seiner Auferstehung „von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal“ gesehen worden sei, „von denen die meisten noch heute leben“.
 
Das dritte Indiz für die Auferstehung Jesu sei die Verwandlung im Leben der Jünger. Nach Jesu Tod waren die Jünger verängstigt, enttäuscht und ergriffen die Flucht. Nach nur wenigen Wochen waren dieselben Männer wieder in Jerusalem vereinigt und predigten mit großer Überzeugung und Mut von Jesu Auferstehung, bis zu ihrem Lebensende und in Verfolgung bis zum Tod. Für solch einen Wandel müsse etwas Revolutionäres passiert sein. Eine verängstigte Schar von Bauern, Hirten und Fischern verwandelte sich über Nacht zu einer selbstbewussten Missionsgesellschaft, die dazu nach Ostern viel erfolgreicher war als zuvor. Dafür genügte keine Halluzination oder Selbstbetrug, es muss weit mehr passiert sein.
 
Spieß kam zu Studienzeiten bei Betrachtung dieser Indizien zu dem Schluss, dass die leibliche Auferstehung von Jesus historisch gesehen tatsächlich wahr sein könnte. Und wenn die Auferstehung stimme, dann könne sie keine rein historische Frage bleiben, sondern werde zur revolutionären Frage für das eigene Leben. Spieß selbst wurde zu Studienzeiten schließlich Christ.

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