Der traurige Tod von Avicii. Zerbrochen am Leben des Rave-Stars. Das Wort Avicii bezeichnet die tiefste Ebene der Hölle. Glück ist eben nicht, wenn der Bass einsetzt.
Man kann es auch übertreiben: Der Tod ist tragisch, so jung und eigentlich das Leben noch vor sich! Keine Frage! Doch ihn als “Bach der Elektro-Musik” zu bezeichnen, ist einfach maßlos übertrieben. Er hat keine neuen Akzente gesetzt, wie zu seiner Zeit zum Beispiel Kraftwerk, Depeche Mode oder Giorgio Moroder. Er hat bewehrte Trends aufgegriffen und sehr kommerziell miteinander verknüpft. Doch mit Hits wie “Wake Me Up”, “Levels” oder “Hey Brother” war Avicii bekannt geworden. Er galt als einer erfolgreichsten Musiker der Elektro-Szene. Sein Lied “Wake me Up” wurde 2013 zum Sommerhit und ist bis heute der Song mit den zweitmeisten Downloads überhaupt in Deutschland. Dennoch bringt er in seinem Song “Sunset Jesus” seine tiefe Angst zum Ausdruck. Der frühe Tod ist durchaus ein Szenephänomen. Ewiges Happy-Sein führt konsequent zur Depression:
Das Lied “Sunset Jesus” beginnt mit einem poppigen Teil, der Zuhörer wird so auf eine entspannte Erzählungserfahrung vorbereitet.
Im Text heißt es: “Try’na hat sich für den Sieg entschieden”, was darauf hindeutet, dass dieses Lied aus der Perspektive eines Menschen stammt, der versucht, groß und größer zu werden. Er möchte etwas erreichen und etwas Großes in seinem Leben tun. Er erklärt, dass “einige Menschen einen Traum haben, der so viel größer ist als die Stadt, in der sie leben.” Während Avicii aus Stockholm, Schweden, kommt, nicht unbedingt eine kleine Stadt, fühlt er sich in die Menschen hinein, die größer sein wollen als der Ort, aus dem sie gekommen sind. Eine Suche wie diese kann anstrengend sein und kann dazu führen, dass sich jemand festgefahren fühlt, und bittet (oder betet) um “Liebe” und “Seelenfrieden”. Der Satz “sollte einen Anfang nehmen” bezieht sich darauf, wie er weiß, dass er einfach loslegen und etwas geschehen lassen muss, aber Avicii erkennt, dass er “eine kleine Hilfe” braucht, wenn er die Höhen erreichen möchte, von denen er träumt.
Also geht er nach Kalifornien und bittet darum, dass er nicht “im Stich zu gelassen wird”. Avicii meint in Kalifornien eine “goldene” Chance zu haben, aber nachdem er dort gewesen ist, weiß er, dass “es überall Kampf gibt” und dass er, wenn er gewinnen will, auch krasse Zeiten durchstehen muss.
Dort in Kalifornien trifft er auf “Sunset Jesus”, einen alten, verkrachten Schauspieler, der auch “einmal Kellner war” und jetzt sein “Geld auf der Straße verdient”. Dieser unechte “Sunset Jesus” beeindruckt Tim Bergling.
Für Avicii ist dieses Treffen mit “Jesus” ein Beweis dafür, dass er seinen Traum von Größe trotz Schwierigkeiten in LA verwirklichen könnte. Weil dieser “Jesus” zu ihm kam, hält er für ein “Zeichen” – ein mystisches Symbol, dass er am richtigen Ort ist. Für diesen Dj scheint es eine markante Begegnung gewesen zu sein, denn dieser “Sunset Jesus” hat ihn zu diesem Hit inspiriert.
Im Chor singt Avicii: “Meine Träume sind aus Gold gemacht”, um zu bezeugen, wie hoch er seine Zukunft anstrebt. Aber er weist auch darauf hin, der er aus großer Tiefe kommt: “Mein Herz ist gebrochen, und ich bin den Weg hinunter.” Er hat viel durchgemacht, aber er hat sie irgendwie überwunden. Trotzdem ist er besorgt darüber, dass er es vielleicht nicht schaffen könnte. Er hat Angst , dass seine Träume verblassen und er zu alt wird, um sie zu verwirklichen. Er erinnert auch sich daran, nur “für eine Minute zu atmen” und hofft darauf: “Ich werde in Ordnung sein.”
Er sitzt in einem einem Bus und schaut hinaus und betet er zu diesen “falschen” “Sunset Jesus” um “Hoffnung… Denn ich weiß, eines Tages werde ich im Himmel sein.” Nach ein paar weiteren Wiederholungen von Refrain und Pre-Refrain beendet Avicii das Lied und erinnert sich daran, dass er gerne einmal durchatmen will und das am Ende so ziemlich alles in Ordnung sein wird.
Zum Musikmagazin ROLLING STONE sagte er: „Ich muss jetzt erstmal mit ein paar Sachen klarkommen. Ständig ging es nur um Erfolg des Erfolges wegen. Ich war einfach nicht mehr glücklich.“
Es ist furchtbar, wenn so ein junger Mensch die Augen für immer schließt. Er hinterlässt mit Sicherheit eine große Lücke im Leben aller die in lieben. Er hatte jedoch das Glück, etwas bleibendes, wunderbares zu hinterlassen: seine Musik. Sie wird auch in vielen Jahren noch sein und man wird an ihn denken. Leider hat er nicht zum richtigen Helfer und Retter gebetet. Der echte Jesus, den wir erfahren durften, ruft allen Verzweifelten und Trauernden zu:
Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
Matthäus 11,28