Peter Scholl-Latour: Der Journalist und Islamexperte, der Gott und die Welt kennt, ist gestorben. Diesen Mann wird man vermissen.

Sind wir nicht umgeben von Journalisten, die in ihrer Mehrzahl „linientreu“ das weitergeben, was von ihnen erwartet wird?
Eine Zeitung gelesen – alle gelesen! Scholl-Latour  dagegen bildete sich eine höchst eigene Meinung und wagte es auch, den Mainstream Opportunisten widersprechende Ansichten zu vertreten.

Heise.de hat ihm zu seinem 90. Geburtstag einige Frage gestellt:

„Sie haben einmal geschrieben, Sie haben im Laufe Ihres Lebens eine Welt des Rückzugs erlebt. Was meinen Sie damit?
Peter Scholl-Latour: Damit meine ich, den Rückzug des weltpolitischen Einflusses Europa, der ja bis heute anhält. Als ich als junger Mann meine Tätigkeit als Journalist begann, wehte noch die französische oder britische Fahne über einem Großteil des Erdballs. Damit ist es vorbei, wobei der Rückzug ja noch anhält, unter veränderten Rahmenbedingungen.
Könnten Sie das bitte etwas ausführen?
Peter Scholl-Latour: Europa steht heute ohne jegliches religiöses Bewusstsein da, in einer Welt, die überall immer religiöser wird, was eine Schwäche ist, angesichts dieses Aufbruchs der Mythen.
1929 veröffentlichte der spanische Philosoph José Ortega y Gasset sein berühmtes Werk „Der Aufstand der Massen“. Leben wir heute in einem Zeitalter der Massen?
Peter Scholl-Latour: Wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, besonders der medialen Massenverblödung.“

Und die „Bild“ befragte ihn zu seinem 85.Geburtstag:
„BILD: Verfolgt Sie all das Leid, das Sie gesehen haben?
Scholl-Latour: Nein, auch wenn das grausig klingt, aber ich habe nie schlecht geschlafen. Im Gegenteil: Mir hat das Spaß gemacht. Ich habe mir schon als Kind erträumt, in der Welt herumzureisen, mir alles anzugucken. Hat ja auch keiner was davon, wenn ich schlecht schlafe. Aber ich kann mich schon entrüsten. Zum Beispiel, wenn ich diese karitativen Gesellschaften sehe, die auf Benefizveranstaltungen ihre Diamanten, ihren Reichtum zur Schau stellen – das schockiert mich zutiefst. Da gibt es viel Heuchelei. Da würde ich niemals hingehen. Ich bin auch zu dem Schluss gekommen, dass sich jedes Land, jedes Volk selbst helfen muss.
BILD: Kaum ein Journalist hat über so viele Kriege berichtet wie Sie. Wie blicken Sie auf die Welt?
Scholl-Latour: Nüchtern, sehr nüchtern. Illusionslos. Vielleicht ist das auch ein Zeichen des Alters. Aber ich glaube nicht mehr daran, dass der Mensch gut ist. Der Mensch ist von der Veranlagung her böse, sonst hätte er es ja nicht so weit gebracht. Er beherrscht die Erde und hat alle anderen Gattungen unterworfen. Auch der Umgang der Menschen untereinander ist schon mal gesitteter gewesen. Es verroht alles.“ Bild.de

„Ich fürchte nicht die Stärke des Islam, sondern die Schwäche des Abendlandes. Das Christentum hat teilweise schon abgedankt. Es hat keine verpflichtende Sittenlehre, keine Dogmen mehr.“

„Machen wir uns keine Illusionen: Europa wendet sich vom Christentum ab, wird agnostisch, aggressiv aufklärerisch, atheistisch. Die Frömmigkeit wird weiter nachlassen und die Verhöhnung der Religion weiter zunehmen.“

Jesus ist ein Bestandteil unserer kulturellen Welt, in der wir leben. Wenn wir die Christusbotschaft preisgeben, bleibt nicht mehr viel übrig. Beeindruckend ist die ungeheuer revolutionäre Bergpredigt; sie ist ein Heilsweg, aber kein politisches Programm. Für mich ist es ein großes Wunder, dass diese Religion der Liebe – „du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ – sich im Kern bei unseren barbarischen Völkerschaften durchgesetzt hat, auch wenn sie leider selten angewandt worden ist. Aber dieses Leben ist noch keine Seligkeit. Wir leben noch im Tal der Tränen. Ich glaube an die Auferstehung der Toten.“

Peter Scholl-Latour

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