Thema Judenmission: Ein ehemaliger Jude legt sein bewegendes Lebenszeugnis ab.

…..“ Sobald meine Mutter mit Brooklyn etwas vertraut war, nahm sie das Titelblatt der Zeitschrift, das sie jahrelang aufgehoben hatte, und fuhr mit der U-Bahn nach Manhattan. Sie fand die Adresse, die sie suchte, und begegnete im Hause jemandem von der Missionsverwaltung. Aber sie sprach kein Englisch, die Anwesenden konnten weder Polnisch, Russisch, Deutsch noch Jiddisch, und so gab es nur eine sehr schlechte Verständigungsmöglichkeit. Man notierte sich ihre Anschrift und versprach, in Kürze mit ihr Verbindung aufzunehmen – was dann freilich erst sechs Jahre später tatsächlich geschah.

Während dieser sechs Jahre lebte ich in einer rein jüdischen Welt. Der Teil von Brooklyn, in dem wir wohnten, war so jüdisch, daß, er von den benachbarten Nichtjuden „Klein-Israel“ genannt wurde. In den Bezirken ringsherum wohnten Schwarze, Italiener, Portoricaner und andere Nichtjuden, von denen sich die jüdische Gemeinde stark unterschied. Da die Schulen, die ich besuchte, zu 99 % jüdisch waren, war mein Kontakt mit Nichtjuden oder Christen praktisch gleich Null. Mein Vater setzte seinen biblischen Unterricht für mich fort, aber das geschah immer seltener und hörte schließlich ganz auf. Natürlich lastete auf ihm viel Druck als Vater einer Immigrantenfamilie, der für seine Frau und drei Kinder zu sorgen hatte und noch nicht Englisch sprechen konnte. Trotzdem ließ meine Liebe zur Bibel nicht nach. Ich lernte weiter und hatte dazu viele Gelegenheiten in unserer sehr stabilen, jüdischen Umgebung in Brooklyn.

Nach sechs Jahren eröffnete die Judenmission, von der ich schon sprach, eine neue Missionsstation ungefähr eine Meile von unserer Wohnung entfernt. Irgendjemand im dortigen Büro sah all die Unterlagen durch, die sich über Jahre angesammelt hatten, und sortierte alle die Adressen aus, die sich in einem gewissen Umkreis um die Missionsstation befanden. Dann wurden Mitarbeiter ausgesandt, die uns besuchten und uns in die neue Station einluden. Nach kurzer Zeit kam jemand zu uns, und wir erhielten eine Einladung zu einer jüdisch-christlichen Zusammenkunft. Als ich diese Bezeichnung zum erstenmal hörte – „jüdisch-christlich“ -, dachte ich, das sei ein totaler Widerspruch der Begriffe. Man ist entweder ein Jude oder ein Christ, aber niemals beides. Jeder, der sich einen Juden und zugleich einen Christen nennt, hat etwas Schizophrenes an sich, trägt zwei Persönlichkeiten in einer.

Aber trotzdem war in mir die Neugier erwacht, und ich beschloß, am Abend des ersten Treffens hinzugehen. Ich ging hinein in den kleinen Versammlungsraum und setzte mich hin. Je mehr ich zuhörte, umso ärgerlicher wurde ich. Es berührte mich nicht, daß hier Juden von Jesus sprachen; so viel hatte ich schon erwartet. Mich ärgerte vielmehr, daß sie dazu unsere Bibel, den Tenach (das Alte Testament), benutzten. Ich war in dem Glauben erzogen worden, daß wir Juden unsere Bibel und die Christen ihre eigene Bibel haben. Ihre Bibel sei das Neue Testament und handelt von ihrem Gott, der Jesus heißt, aber das setzt nicht voraus, daß Jesus auch in unserer Bibel vorkommt. Hier aber waren Christen, die unsere Bibel benutzten. um von ihrem Jesus zu sprechen, und das ging mir gehörig auf die Nerven. Fräulein Ruth Wardell, die mich zu dem Treffen eingeladen hatte, konnte sehen, wie ärgerlich ich war, und sie war so weise, nicht mit mir darüber zu streiten, sondern stattdessen forderte sie mich heraus.

Sie gab mir ein Neues Testament mit nach Hause und bat mich nachzusehen, ob nicht Jesus alles das getan hatte, was wir vom Messias erwarteten. Ich nahm das Neue Testament an, aber nicht weil ich dafür offen war, sondern weil ich entschlossen war, diese Schizophrenie ein für allemal als falsch zu entlarven.

So nahm ich es mit nach Hause und fing zum erstenmal an, in einem Neuen Testament zu lesen. Je mehr ich darin las, umso mehr beeindruckte mich sein jüdisches Wesen. Es war völlig anders als das, was ich erwartet hatte. Von meinem Rabbiner war ich gelehrt worden, das Neue Testament sei ganz offensichtlich ein heidnisches Buch, das sich mit Götzendienst befaßt. Ich dachte, ich würde darin lesen von großen Kirchen mit bunten Fenstern und feierlich gekleideten Priestern, die Weihrauchkessel schwenken, sich vor Heiligenbildern verneigen und dann den Leuten sagen: „Geht hin, und bringt in Jesu Namen die Juden um.“ Wir waren der Meinung, daß das Verhalten der Christen in Europa und anderswo nur aus ihrer Bibel, aus dem Neuen Testament, stammen konnte.

Doch die ersten Worte in dem Buch lauten: „Dies ist das Buch von der Geschichte Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams“: Wie jüdisch kann man denn noch sein? Je mehr ich darin las, desto jüdischer wurde das Buch für mich. Da gab es Rabbinen, Pharisäer, Leviten und jüdische, theologische Debatten, mit denen ich ganz vertraut war. Zu diesem Zeitpunkt war das Buch für mich nicht anders als andere jüdische Bücher, die ich kannte. Alles in dem Buch unterschied sich ganz und gar von dem, was ich mir vorgestellt hatte, und das reizte mich, darin immer weiter zu lesen. Bis ich dann das Neue Testament zu Ende gelesen hatte, war ich davon überzeugt. Wenn dieser Jesus nicht der Messias Israels war, dann gab es überhaupt keinen Messias; dann hätten die Reformjuden die ganze Zeit über recht gehabt, und wir orthodoxen Juden lebten in einer Traumwelt.

An diesem Punkt hatte ich die „erste Stufe“ erreicht. Es gibt viele Juden, die auf dieser Stufe ankommen; sie sind überzeugt, daß Jesus der Messias ist, aber sie kommen nicht weiter als bis dahin. Sie wagen nicht den zweiten Schritt und nehmen Jesus nicht persönlich für sich an. Sie erlauben Ihm nicht, ihr Leben zu ändern, weil sie Angst haben, ihre Freunde, ihre Familie oder ihre berufliche Stellung zu verlieren, aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden, und sie fürchten sich, in eine fremde und unbekannte, heidnische Welt hinausgestoßen zu werden. Auf jüdischen Friedhöfen gibt es Gräber, auf deren Grabstein Name und Geburtsdatum eines Juden stehen, und als Todestag ist das Datum angegeben, an dem dieser Jude Christ wurde.

All diese Gedanken und Ängste gingen mir durch den Kopf, als ich zum zweitenmal zur Missionsstation ging. Diesmal war ich nicht mehr ärgerlich. Ich saß mit Fräulein Wardell zusammen, die mich zum erstenmal eingeladen hatte, und wir gingen miteinander das Alte und Neue Testament durch, von Anfang bis Ende und wieder zurück. Wir studierten die Bibel und besprachen alles, was sie über den Messias lehrt. Ich wurde voll überzeugt, beugte mein Haupt, akzeptierte Jesus als meinen Messias und trat damit selbst in die Reihen der „Schizophrenen“ ein. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich meinem Vater zuerst von meinem neuen Glauben erzählte, aber seine Reaktion war weder positiv noch negativ. Er dachte wohl, daß er meine Entscheidung im zarten Alter von 13 Jahren noch nicht so ganz ernst nehmen konnte. Darum hatte er auch noch nichts dagegen, daß ich in die messianischen Versammlungen ging.“ Das persönliches Zeugnis von Dr. Arnold G. Fruchtenbaum weiterlesen: www.gemeindenetzwerk.de/?p=6787

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