Willy Brandt – heute wäre er 100 Jahre alt geworden.

Auf seinem Grabstein auf dem Waldfriedhof in Berlin-Zehlendorf steht nur sein Name. Willy Brandt. Das reicht für einen Jahrhundertmenschen auch. An ein Geschehnis aus seinem Leben sollten wir uns heute erinnern:
Es war eine Geste, die die Welt bewegte. Vor vierzig Jahren kniete Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau vor dem Mahnmal für die Opfer des Aufstandes im Warschauer Ghetto.
Ein feuchter, grauer Tag ist es, als Willy Brandt am 7. Dezember 1970 in der Hauptstadt Polens das Mahnmal für die Opfer des Aufstands im Warschauer Ghetto besucht. Mit ernstem, fast maskenhaftem Gesichtsausdruck schreitet er zu dem expressionistischen Bronzedenkmal und legt einen großen Kranz mit weißen Nelken nieder. Brandt zupft die Schleife zurecht, tritt ein paar Schritte zurück, dann sinkt er unvermittelt auf die Knie. Bundesaußenminister Walter Scheel, der rechts hinter ihm steht, ist ebenso überrascht wie der polnische Ministerpräsident Jozef Cyrankiewicz; selbst Brandts engster Vertrauter, Staatsekretär Egon Bahr ist irritiert.
Brandts Blick geht in die Ferne. Er wirkt wie versteinert. Etwa eine halbe Minute kniet er vor dem Mahnmal. Die Fotografen und Kameramänner wissen, dass sie Bilder machen, die um die Welt gehen werden. „Brandt braucht Sekunden“, so Hans Ulrich Kempski, damals Chefreporter der „Süddeutschen Zeitung“, „die den Zeugen der Szene endlos erscheinen, bis er wieder steht. Es sieht aus, als brauche er alle Kraft, um Tränen niederzukämpfen.“
Die Bilder des auf dem Platz der Helden des Ghettos knienden Bundeskanzlers, des Deutschen, der sich vor den Opfern der Deutschen verneigt, bergen eine Dramatik, die in der Politik selten ist. Es ist kein Zufall, dass es Willy Brandt war, der diese aufwühlende Geste der Empathie wählte. Kein Politiker hat die westdeutsche Republik so polarisiert, aber auch so viele Menschen begeistert wie Willy Brandt. (einestages.spiegel.de)
Wann brechen wir wegen unserer Schuld vor Gott zusammen und suchen seine Gnade?

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