Atheist Christopher Hitchens ist einfach inkonsequent

Wenn man Christopher Hitchens’ (u.a. bekannt für das aggressiv-atheistische Buch „Der Herr ist kein Hirte“) Artikel „Simply Evil“ liest, muss man sagen, der Mann argumentiert einfach brilliant. Er sagt, dass die Anschläge vom 11. September einfach böse waren. Intellektuelle versuchen ja immer, die Komplexität von Ereignissen zu verstehen. Oder sie sagen, man müsse nun mal differenzieren. Deswegen kam es ja danach zu so abenteuerlichen Verschwörungstheorien, Bush oder die Juden wären in Wirklichkeit dafür verantwortlich. Er zeigt auf, dass das Böse oft einfach banal ist. Hier haben Menschen aus Hass, Mordlust und mit Hilfe eines totalitären Glaubenssystems einen Anschlag verübt.

Er zeigt, wie sehr sich die Verschwörungstheorien verbreitet haben. Nicht nur in der muslimischen Welt hört man, die US-Regierung oder die Juden seien die eigentlichen Drahtzieher der Anschläge. Sowohl bei Linken, als bei Rechten, sogar bei Christen und bei allerlei Esoterikern, Kiffern und sonstigen Spinnern hört man diese Theorien. In Deutschland freilich, boomt der Buchmarkt mit angeblichen Enthüllungen und selbst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen werden wir mit diesem Schwachsinn bombardiert.

Hitchens macht in dem Artikel dann deutlich, dass er überhaupt nicht unkritisch gegenüber der amerikanischen Regierung ist. Er ist eigentlich ein amerikakritischer Linksintellektueller. Er berichtete als Journalist kritisch aus Abu Ghraib und Guantanamo. Außerdem unterzog er sich dem „Waterboarding“, um auf die Gefährlichkeit hinzuweisen und zu demonstrieren, dass es sich dabei tatsächlich um Folter handelt. Aber er sagt, und so ging es einigen Linken, dass 9/11 sein Leben und auch seine Sichtweise auf die Welt verändert hat.

Er weist außerdem darauf hin, dass die Erklärungsversuche vieler Intellektueller schlicht und einfach nicht anerkennen wollen, dass diese Menschen, die das Flugzeug in die Twin Towers gelenkt haben selber für das Böse verantwortlich sind. Man sucht dann die Erklärungen lieber in der amerikanischen Außenpolitik und in den ökonomischen Verhältnissen. Unsere „moralische Instanz“ und Waffen-SS-Mitgleid Günter Grass war ja einer der ersten, der um Verständis für die Motive der Terroristen warb.

Am Ende des Artikels stellt er fest: „Die Regimes von Saddam Hussein, Kim Jong Il und Mahmoud Ahmadinejad verdienen es voll und ganz, böse genannt zu werden.“

Das ist interessant. Hitchens ist Atheist. Wer sagt ihm, dass das böse ist? Wenn es keinen Gott gibt, wer definiert, was böse ist?  Was macht es den Herren Saddam Hussein, Kim Jong Il und Mahmoud Ahmadinejad aus, wenn sie nach dem Tod zu Staub zerfallen und im ewigen Nichts enden und niemand sie zur Rechenschaft zieht?

Dieser Mann war an der vordersten Front der neuen Atheisten und hat uns erklärt, es gebe keinen Gott, der uns sagt, was richtig und was falsch ist.  Die Menschheit sollte erwachsen werden und sich von so altmodischen Konzepten wie Gott endlich befreien. Doch dann redet er über das Böse vom 11. September und in den großen Diktatoren und Massenmördern unserer Zeit und leiht sich Begriffe und moralische Urteile aus dem Christentum.

Ich mag Hitchens’ klare Sprache und konsequente Logik. Mir gefällt es, wie er gegen totalitäre Systeme und die Dummheit der Verschwörungstheoretiker argumentiert. Aber als militanter Atheist ist seine Argumentation letztenendes nicht hieb- und stichfest.

Hier gibt’s mehr:

thegospelcoalition.org/bl…/09/08/simply-incoherent/

Kommentare

  1. ali

    Wenn kein Gott existierte, müsste man ihn erfinden; doch er existiert! Die ganze Natur ruft es uns zu.
    Voltaire (François Maie Arouet, 1694-1778), französischer Schriftsteller und Philosoph, Aufklärer
    Wenn Gott nicht existierte, so wäre alles erlaubt.
    Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821-1881), russischer Dichter
    Die Unmöglichkeit, in der ich mich befinde, zu beweisen, dass es keinen Gott gebe, tut mir eben seine Existenz dar.
    Jean de La Bruyère (1645-196), französischer Schriftsteller, Moralist
    Zu glauben ist schwer. Nichts zu glauben ist unmöglich.
    Victor Hugo (1802-1885), französischer Schriftsteller
    Für diejenigen, die an Gott glauben, ist keine Erklärung notwendig, für diejenigen, die nicht an Gott glauben, ist keine Erklärung möglich.
    Franz Werfel (1890-1945), tschechischer Schriftsteller

  2. A.L. Dreyfus

    “Hitchens ist Atheist. Wer sagt ihm, dass das böse ist?”
    Dieses Zitat allein verrät leider viel über deine Denkweise, “Conrad”. Jemand muss Dir sagen, dass etwas gut oder böse ist? Das ist aber nicht sehr schmeichelhaft für dich, und vor allem: woher weißt Du als Gläubiger denn, dass es Dir nicht der falsche sagt?
    Das das generelle Problem bei Christen und anderen Gläubigen: ihre moralische Unsicherheit. Sie sind nicht im Stande, eigenständig moralische Urteile zu fällen, sondern sind auf eine höhere Instanz angewiesen, die ihnen diese Werte diktiert.
    Man kann durch rationale Abwägungen zu moralischen Urteilen kommen, ebenso durch ein von Natur gegebenes Moralempfinden, dass den Fortbestand der Menschheit bisher mit gesichert hat und schon jahrtausende vor Jesus von Nazareth in uns Menschen verankert war. In jeder Gesellschaft der Welt und zu jedem Zeitpunkt hätten Massenmörder wie Saddam Hussein als “böse” gegolten – Mord stand noch nie hoch im Kurs, Christentum hin oder her. Oder wie Hitchens so schön richtig sagt: Christianity borrows its values from us, not we from Christianity.
    Denk mal darüber nach. Das Argument “wie können Atheisten wissen, was gut und böse ist?” ist sooo alt, schwach und simplistisch. Schade, dass es immer noch Leute gibt, die scheinbar ernsthaft damit argumentieren.

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