50 Jahre Satisfaction von den Rolling Stones.

 

“ Es kursieren Legenden, die so unglaubwürdig klingen, dass sie schon wieder wahr sein könnten. Eine geht so: Keith Richards erwacht mitten in der Nacht und ein Güterzug donnert in seinem Kopf. Er ist sauer. Unterwegs auf US-Tour mit Jagger & Co., hat der damals 22-jährige Gitarrist wie meistens zu tief ins Glas geschaut. In dem schäbigen Motel in Clearwater allerdings dreht sich der Musiker nicht gleich wieder um und schnarcht weiter. Er greift zu seinem Instrument, drückt den Kassettenrekorderknopf und zupft jene fünf Töne, die nicht nur die Musikwelt verändern sollten. Dazu murmelt er „I can’t get no satisfaction“. Dann pennt er wieder ein. Am nächsten Morgen hat er die Eingebung und seinen Frust völlig vergessen. Wovon er geträumt hat, spielt keine Rolle. Vielleicht ist es besser, es bleibt im Dunkeln. Nur wundert sich der Brummschädel, dass sein Aufnahmegerät immer noch „Standby“ zeigt. Er spult das Band zurück und hört seine verschlafene Stimme und jene Noten, die Geschichte schreiben und den Rolling Stones ihre bis dato erfolgreichste Single und einen der wichtigsten Rocksongs aller Zeiten bescheren sollten.

Als Mick Jagger dann das Fragment hört, spürt er das Potenzial. Keith Richards selbst hält nichts von seinem Song. „Das klang alles zu simpel, zu folkig. Es erinnerte doch stark an ’Dancing in the Street’ der Motownband Martha and the Vandellas, das wir auf den langen Fahrten zu den US-Konzerten im Tourbus so oft gehört hatten“, blickt der 72-jährige zurück.

Mick Jagger und Manager Andrew Oldham setzen sich letztlich durch. Der Titel wird aufgenommen und basta. „Satisfaction“ ist das erste Lied, das sie in den USA einspielen. Aber es dauert 25 Stunden, bis alles im Kasten ist.

Am 6. Juni vor 50 Jahren kommt die Single in den USA auf den Markt und ist die erste von insgesamt acht Nummer-1-Singles der Rolling Stones. Von jetzt an wird alles anders. „Satisfaction“ bedeutet für die großen Kontrahenten der Beatles den entscheidenden Augenblick ihrer Karriere.

Die Veröffentlichung wird zum Sommerhit 1965, weil er eben ganz anders klingt als die Hitparadenliedchen von den Supremes, den Herman’s Hermits, den Four Tops oder den Beatles aus jenem Jahr. Das von Charlie Watts vorgelegte Tempo, Keith’s Bassgriff, der mit Hilfe einer Gibson-Fuzzbox verzerrt wird, so dass die Gitarre wie eine Orgel klingt, und nicht zuletzt Jaggers rotzfrecher Text und atemlose Performance vermitteln eine nie zuvor gehörte Mixtur aus Sex und Rock.

„Satisfaction“ ist genau die Musik, die auf den damals modernen, winzigen Transistorradios – der oft einzigen Verbindung zwischen Jugend und Popkultur abgeht wie Lutzi. Jagger beschwört das überschäumende Testosteron und die heilende Kraft von Sexualität und Revolte.

Beim Auftritt der Band auf der Berliner Waldbühne stolziert der Frontmann im Stechschritt zu den Klängen von „Satisfaction“ über die Bretter und provoziert zerschlagene Stuhlreihen und demolierte Autos. Provoziert fühlt sich aber auch die Erwachsenengeneration.

Der Text wird als bedrohlich empfunden, weil er festgefahrene Denkweisen in Frage stellt. Jener Part, in dem es um Probleme des Liebeslebens geht, fällt im amerikanischen Fernsehen der Zensur zum Opfer. Viele amerikanische Radiosender schneiden die letzte Strophe („Come back next week, can’t you see I’m on a losing streak“) ganz heraus, weil sie glauben, sie beschäftige sich mit Menstruation.

Erstmals wird der Song auf der Amerikatournee 1965 von einem Sender gespielt und Richards ist sauer: „Irgendwo in Minnesota hörte ich uns im Radio – als Hit der Woche. Wir hatten gar nicht mitbekommen, dass die Plattenfirma das Scheißteil veröffentlicht hatte. Zuerst schämte ich mich halb zu Tode. Für mich war es damals nur eine schwache Rohfassung“. Aber die schafft es dann doch hoch in die Charts.“ https://www.badische-zeitung.de/kultur-sonstige/satisfaction-von-den-rolling-stones-ein-song-und-seine-geschichte–105763998.html

„Satisfaction“, der Welthit der Rolling Stones, feiert 50.Geburtstag. „I Can’t Get No Satisfaction“ heißt wörtlich übersetzt: „Ich finde keine Befriedigung.“ Heute kann man sagen, es war die Geburt eines der mächtigsten Songs der Welt. „(I can’t get no) Satisfaction“ wie der Titel genau hieß, war die akustische Granate die den bis dahin jugendlichen Traum von einer besseren Welt zu einer Revolte werden ließ, es war eine Art Marseillaise der späteren 68er Generation, Taktgeber, Einpeitscher und Hymne. Oder wie „Newsweek“ später schrieb „fünf Noten, die die Welt erschütterten.“ (Stern.de) Die Stones lieferten somit den Soundtrack für die gesellschaftliche Entwicklungen unserer Zeit. Am 12. Dezember 2003 wird Rolling Stones Frontsänger Mick Jagger von Prinz Charles zum Ritter geschlagen. Das online-Musikmagazin laut.de schreibt, dass mit dem Ritterschlag Mick Jaggers Sex, Drogen und Rock ‘n’ Roll nun wohl gesellschaftsfähig geworden sind.
Und doch musste der nun 72-jährige bereits 1965 zugeben: „I can’t get no satisfaction.“ Trotz Ruhm, Geld und zahlreicher Affairen findet er keine Befriedigung. Bis heute. Wahres Leben gibt es eben nur von Gott.

Kommentare

  1. ali

    Besonders gut bei den Rollenden Teinen zu sehen: Das Musikvideo „Following the river“ („Dem Fluss folgen“; 2010) zum Beispiel, das verschiedene Straßenszenen verknüpft, lässt einmal ein Neon-Kreuz aufleuchten, auf das ein Mann optimistisch zugeht. Später werden Menschen im Fluss getauft. Im 1971 veröffentlichten Album „Exile on Main Street“ („Exil auf der Hauptstraße“) lautet der Refrain wie in einem Spiritual „Möge der gute Herr dich erleuchten“ („May the good Lord shine a light on you“). Der 1968 entstandene Hit „Sympathy for the devil“ („Sympathie/Mitgefühl mit dem Teufel“) erzählt auch viel religiöse Dinge, von der Versuchung Jesu Christi, seiner Verurteilung bis hin zur Ermordung von Präsident John F. Kennedy. Jeder kann zum Handlanger des Bösen werden, ist die Botschaft. Denn „what’s puzzling you is the nature of my game“: was dich bestürzt, ist die Art, wie er mit uns spielt. Das Album „Beggars Banquet“ („Bankett der Bettler“) wurde nach einer Hitflaute 1968 zum künstlerischen Triumph. Es enthält auch den ursprünglich vom Prediger Robert Wilkins geschriebenen Blues-Gospel „Prodigal Son“, die Geschichte vom verlorenen Sohn, und mit „Salt of the Earth“ („Salz der Erde“; vgl. Mt 5,13) eine Hymne auf hart arbeitende arme Leute. Ebenfalls auf „Beggars Banquet“ ist „Jumpin’ Jack Flash“, am ehesten mit „Hampelmann-Blitz“ zu übersetzen, wurde im Zuge der Studentenunruhen in Paris und ganz Europa zu einer Art Protesthymne. In drei Strophen werden Leid und Erlösung besungen. Das reicht bis zur Anspielung auf die Dornenkrone Jesu: „I was crowned with a spike right through my head“ („Ich wurde mit einem Dorn gekrönt, der sich in meinen Kopf bohrt“). Ein ähnlicher Reflex auf den Gekreuzigten kehrt 1994 wieder: „Did you ever feel the pain / that he felt upon the cross?“ („Hast du je den Schmerz gefühlt, / den er am Kreuz empfunden hat?“). Im Lied „Blinded by rainbows“ („Geblendet von Regenbogen“) scheint der Gegensatz zwischen der alttestamentlichen Heilsverheißung an Noah durch den Regenbogen und dem Leid, das der Mensch selbst anrichtet, unauflöslich. Der Text endet mit einer Anspielung auf den Schächer am Kreuz, der mit Jesus stirbt: „Do you see the light / is the end in sight / see the face of Christ / enter paradise / I doubt it“ („Siehst du das Licht, / ist das Ende in Sicht, / schaue das Antlitz Christi / betrete das Paradies / Ich zweifle daran“). Der historische Hintergrund ist der seinerzeit in Großbritannien wütende Terror der IRA. Mit der biblischen Anspielung fordert der Text zum Mitleiden und Mitempfinden mit den Opfern auf.
    Also aufpassen mit deiner Anspielung. Erst mal die Texte der Stones verstehen, dann schreibt mal eben nicht so dummes Zeug in die Welt.

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