Die Zeitungen im Land halten Ostern für eine grandiose Idee.

„Indem Gott Mensch wird, erleidet er augenblicksweise die ganze menschliche Erbärmlichkeit. Indem er unschuldig umgebracht wird, ist er der Stellvertreter aller unschuldig Umgebrachten. Indem er sich selbst opfert, bricht er jene furchtbare Tradition, die die Opferung anderer Menschen gebietet, um sich selbst oder die eigene Sippschaft zu retten… Mit Kreuzestod und Auferstehung wird der Opfermechanismus von Grund auf widerlegt – und transformiert. Diese grandiose Idee ist wahrhaft unfassbar.“  „Die Zeit“ (Hamburg)

„Es legen sich Schatten auf das Osterfest dieses Jahres, schwere Schatten. Wir können nicht fertig werden mit dem Flugzeugabsturz in den Alpen. Das Trümmerfeld, das uns die Fernsehbilder zeigten, ist wie ein Sinnbild für unsere zertrümmerte Zuversicht und Freude. Dabei sollte Ostern doch gerade Zuversicht schenken, Hoffnung wecken, Freude auslösen. Denn nach christlicher Gewissheit hat nicht der Tod gesiegt, sondern das Leben: „Christus ist auferstanden“, klingt es in allen Kirchen. Geht das zusammen mit Katastrophen, Sterben, unsagbarem Leid? Für unser Empfinden wohl nie und nimmer. Aber weil wir in einer durch und durch unvollkommenen Welt leben, bleiben wir all solchem Elend ausgesetzt. Warum? Das kann keiner beantworten. Wir fassen wohl am Ende erst dann Vertrauen auf Gott, wenn wir keinen Ausweg, keine Problemlösung bei uns selbst suchen, sondern stattdessen Gott respektieren: Unbegreiflich ist er, aber doch allemal stärker als Tod und Katastrophen.(Bild)

„Der gekreuzigte Jesus ist am dritten Tag auferstanden. So steht es in der Bibel. Viele Künstler des Mittelalters zeigen einen triumphierenden Jesus, der in den Himmel aufsteigt. Einen, dem man die Qualen am Kreuz nicht ansieht. Im klassischen Ostersonntagsgottesdienst predigen Pfarrer, dass durch die Auferstehung auch die Menschen von ihren Sünden und Leiden erlöst sind. Doch wer gerade die Frau, das Kind oder den Freund verloren hat, dem hilft das nicht viel weiter. Ostersonntag muss deshalb nicht ausfallen. Doch Priester, Pfarrerinnen und Bischöfe sollten es sich schwer machen mit der Osterpredigt, sollten allzu schnelle Gewissheiten und die üblichen Formeln und Zirkelschlüsse beiseitelassen. Vielleicht geht es eine Spur leiser und suchender als sonst, sozusagen mit mehr Karsamstag.“ Tagesspiegel (Berlin)

„Die Botschaft des Osterfestes ist mehr als ein ‚Stirb und werde‘, mehr als die Freude an Vitalität, an der Erfahrung, dass der Naturzyklus nach der winterlichen Totenstarre wieder in frühlingshaftes Wachstum übergegangen ist, dass Farbenvielfalt, Blütendürfte und Vogelgesänge unsere Sinne erfreuen. Der religiöse Kern dieses Festes ist ein Geheimnis und ein Ereignis, dass nur auf dem Hintergrund eines Gottesglaubens seine Sinn und seine Kraft entfalten kann. Die Entstehung des Christentums und das schnelle Wachstum seiner kleinen Zellen und Gemeinden zeugen von der Energie dieser religiösen Erfahrung, der allerdings starke Erfahrungen und eindrückliche Wachstumsprozesse in anderen Religionen an die Seite zu stellen sind… Für die Denktraditionen christlicher Theologie ist es der spannungsvolle Zusammenhang von Karfreitag und Ostern. Am Kreuz wird mit größter Härte menschliche Verkehrtheit offenbar; bei sich, nicht bei anderen sollte man sie suchen. Im Licht der Osterbotschaft zeigt sich, dass dies nicht die einzige Realität ist: Erneuerung und Heilung haben immer schon begonnen und können deshalb gefeiert und gelebt werden.“(Neue Zürcher Zeitung)

„Über die Zahl der Kreuze in Deutschland wird keine Statistik geführt. Deren Zahl geht wohl noch immer in die Millionen: Kreuze hängen in den allermeisten Kirchen, etlichen Krankenzimmern, vielen Wohnstuben, einigen Klassenzimmern, dazu vielen Gerichtssälen. Unverkennbar ist jedoch, dass die Kreuze weniger werden. Wenn umgezogen oder renoviert werden muss, hat schon so manches Kreuz seinen Platz eingebüßt. Statt wieder an der Wand zu hängen, liegt es in einem Karton verpackt und wartet. Auf eine Zukunft an anderer Stelle? Auf die Mülltonne? Die Antwort lässt aus Gründen der Pietät oft Jahre auf sich warten.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

„Christlich ist unsere Herkunft, unsere Tradition, christlich ist unser Menschenbild (‚Die Würde des Menschen ist unantastbar‘), christlich ist unsere Bildung, christlich ist unsere gesamte Anthropologie inklusive der gleichen Rechte für Frauen, die erkämpft wurde, christlich auch die Aufklärung seit Thomas von Aquin, christlich die Überzeugung, dass Männer, die sich küssen, nicht an Kränen aufgehängt werden und Frauen, die sich in einen anderen Mann vergucken, nicht gesteinigt werden sollten – aber wir erinnern uns nicht mehr. Wir erinnern uns nicht mehr an unsere Leitkultur – es gibt so viele andere… Unsere Kulturvergessenheit hat jüngst das Bundesverfassungsgericht auf beängstigende Weise bestätigt, mit der Aufhebung des Kopftuchverbots, mit der Begründung, dass christliche Werte und Traditionen nicht gegenüber anderen Religionen bevorzugt werden dürften. Aha? Und wieso nicht? Bekennt sich nicht jedes Land zu den ihm eigenen Werten und Traditionen? Sind wir bereits derart vertrottelt und verblödet, dass uns alles egal ist? Was ist so schlecht an christlichen Werten, was so unangenehm an den Zehn Geboten, dass man sie neben Islam und Scharia allenfalls zur Wahl stellen möchte?“ (Dir Welt, Berlin)

„Beten Sie? Mit kaum einer anderen Frage kann man Menschen so irritieren. Die Frage ist peinlich, die Antwort ist peinlich; es offenbart sich in dieser sprachlosen Peinlichkeit so etwas wie eine transzendentale Obdachlosigkeit. Beten gilt als kindlich und kindisch – weil das Gebet meist die erste frühe Begegnung mit dem Glauben war. Und doch sind die frommen Verse, die einem die Oma als Abendgebet gelehrt hat, auf zarte Weise vertraut geblieben. Oft ist Beten daher auch das Letzte, was Menschen in ihrem Leben tun. Alpha und Omega… Das Gebet ist lebendiger als die Kirchen, die es lehren. Es ist deswegen lebendiger, weil man die kirchlichen Lehren und ihre Hierarchie dazu nicht unbedingt braucht; andererseits hängen die Rituale auch daran, dass die Institutionen, die diese Rituale tradieren, weiter existieren. Das Beten gibt der Not eine Sprache, es vermeidet die Sprachlosigkeit in existenzieller Lage. Beten heißt: eine Sprache und eine Geste finden für Glück, Unglück und Wünsche. Da gibt es nichts, was man nicht sagen dürfte – bis dahin, dass der Beter seinen Gott schüttelt und anklagt: ‚Warum hast du mich verlassen?‘ ‚Warum?‘, klagt der Beter. ‚Wie lange?‘, fragt er. Man erlegt sich keine Zensur auf im Gebet… Beten kann heilen und wieder mit dem Lebenswillen verbinden. Teresa von Avila, die vor 500 Jahren geborene Mystikerin, vergleicht die Wirkung des Gebets für die Seele mit dem Regen, der einen Garten bewässert. Das Klage- und Bittgespräch macht ruhiger, geordneter, gewisser. Es macht auch mutiger. Manchmal so, dass man die Welt tatsächlich ein wenig zum Guten verändern kann. Dann ist Ostern.“ „Süddeutsche Zeitung“ (München)

Aus Idea.de

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