Ein Vater, dessen 3-jährige Tochter nur weniger Wochen davor aufgrund einer neurologischen Krankheit verstorben war, schrieb einen herzzerreißenden und verzweifelten Brief

Ein Vater, dessen 3-jährige Tochter nur weniger Wochen davor aufgrund einer neurologischen Krankheit verstorben war, schrieb einen herzzerreißenden und verzweifelten Brief an Dr. Lane Craig:

„Wie könnte Gott, der seine Kinder liebt und zudem ‘allmächtig‘ ist, so was zulassen? Weshalb hat Er meine Tochter von mir genommen, wenn Er in der Tat so großartig und gut ist?… Wie sollte ich weiterhin glauben können, Dr. Craig? … Es ist so einfach zu behaupten: „Gott hat einen Plan“ oder „Gott ist zu Nichts verpflichtet“ … Warum kommt Er nicht einfach und redet mit Glaubenden von Angesicht zu Angesicht? … Ich bin furchtbar wütend. Mein Herz ist gebrochen, ich weine die ganze Zeit. Für mich gibt es keinen Gott. Letzten Endes gibt es keine Hoffnung, sondern nur Dunkelheit. Kein Himmel und keine Hölle. Nur eine leere Hülle von Dem, was einst existiert hat. … Es tut mir leid, wenn ich aggressiv klinge… Sie war alles für mich… Ihr Name ist Evelynn und sie war das Liebste, was ich hatte… Dr. Craig, helfen Sie mir bitte am Glauben festzuhalten. Ich will nicht mit diesem Gefühl der Leere leben müssen. Ich möchte glauben, aber mein Glaube ist wie ein ‘schwarzes Loch‘. Patrick“

Daraufhin Dr. Lane Craig’s Antwort:

Da ich bislang noch keine ähnliche Situation erfahren habe, kann ich mir nicht einmal vorstellen was Sie durchmachen müssen, Patrick! Deswegen befürchte ich, dass meine Antwort vielleicht nicht ganz einfühlsam sein könnte. Ich möchte dennoch versuchen objektiv darauf zu antworten.

Wenn das Leid in manchen Fällen scheinbar sinnlos zu sein scheint, glaube ich, dass es wichtig ist, zwischen dem (a) RATIONALEN und (b) dem EMOTIONALEN Problem des Leidens zu unterscheiden. Insbesondere wenn es einem Todesfall [in der Familie] gibt, ist diese Differenzierung sehr wichtig. Angehörige, die trauern, erfahren normalerweise auch „Wut-Phasen“. Es gibt viele Gefühle, die in dieser Zeit verarbeitet werden müssen.

Aufgrund der Formulierung Ihres Briefes, nehme ich an, dass Ihre Seelenpein emotionale Schmerzen verursacht. Ihr Schreiben enthielt kein einziges Argument, es formulierte lediglich unverarbeitete Gefühle.
Um auf dieses Erlebnis richtig reagieren zu können, benötigen Sie die Unterstützung eines Pastoren oder eines Seelsorgers; ich als Philosoph, kann hierzu lediglich einige „logische“ Argumente erwähnen, die aber im Umgang mit den o.g. Gefühlen hilfreich sein können.

Wenn wir rationale Fragen an den Sinn des Leidens stellen, dann ist es wichtig festzuhalten bei WEM die Beweislast liegt. Atheisten behaupten, dass das sinnlose Leiden in der Welt die Existenz Gottes unwahrscheinlich macht. Sie müssen aber ihre These begründen. Allzuoft lassen Glaubende zu, dass Atheisten ihnen diese Beweislast zuschieben: „Liefern Sie einige gute Argumente weshalb Gott Leid zulassen sollte?“ Danach lehnen sie sich zurück und warten auf Erklärungsversuchen von Christen. Dies mag eine clevere Debattierstrategie sein, aus der Sicht eines Philosophen ist diese jedoch UNZULÄSSIG und intellektuell UNSERIÖS.

Wenn Nicht-Glaubende behaupten, dass es GOTT und gleichzeitig auch das LEID in der Welt nicht geben kann, dann müssen sie ihre Prämisse belegen. Der Christ kann sich „zurück lehnen“ und auf schlüssige Argumentation der Atheisten warten. Atheisten können bestenfalls einige praktische Beispiele erwähnen, für die wir keinen Sinn erkennen – wie z.B. Evelynns viel zu früher Tod – und schlussfolgern, dass, weil wir KEINEN Grund erkennen, es KEINEN Grund geben kann. Sie merken wahrscheinlich wie SCHWACH eine solche Schlussfolgerung ist.

In meinen Büchern „On Guard“ und „Philosophische Grundlagen für eine christliche Weltanschauung“ habe ich mit 3 Argumenten auf die Herausforderung von Atheisten geantwortet:

1. Wir sind NICHT in der Lage zu beurteilen, dass Gott keine guten Gründe haben könnte, das Leid auf der Welt zuzulassen

Alles, was sich auf der Welt ereignet, kann ein „Dominoeffekt“ auf die Menschheitsgeschichte haben. Der Grund weshalb Gott es erlaubt haben könnte, wird manchmal nur Jahrhunderte später und vielleicht sogar in einem anderen Land erkennbar.

Nur ein allwissender Gott kann komplexe Zusammenhänge einer Welt voller Menschen mit einem freien Willen dirigieren, damit Seine vorherbestimmten Ziele erreicht werden. Denken Sie z.B. an die unzähligen, unberechenbaren Ereignissen, die zum Sieg der Alliierten am „D-Day“ geführt haben!
Wir haben keine Ahnung wie das LEID dazu beitragen kann, dass – wohlgemerkt durch freie Entscheidungen von Menschen – Gott Seine Zweckbestimmungen erreichen kann! Des Weiteren können wir auch nicht erwarten die Gründe für das Leid in der Welt nachvollziehen zu können. Es scheint sinnlos und unnötig zu sein, doch wir sind aufgrund dieser Komplexität schlichtweg überfordert.

Damit bedienen wir uns nicht etwa lediglich eines Klischees wie z.B. „Gott ist geheimnisvoll“; wir wollen vielmehr auf die Begrenztheit unserer Wahrnehmung hinweisen, die nicht in der Lage ist, anhand des Problems des Leides zu bestimmen, dass Gott wahrscheinlich nicht existiert.
Nicht-Glaubende erkennen diese Begrenztheit in anderen Zusammenhängen an. Nehmen wir z.B. den „Konsequentialismus“ [= eine Ethiktheorie, die von Sam Harris propagiert wird, die nahelegt, dass wir unseren Teil dazu beisteuern sollten, dass alle lebendigen Seelen am Besten gedeihen sollen]: ein entscheidender Einwand dagegen ist, dass wir die endgültigen Konsequenzen unserer Taten nicht kennen. Etwas, was wohlgemeint war, könnte langfristig zu zu unsäglichem Leid führen. Gleichzeitig könnte eine zunächst hinrissig aussehende Entscheidung zum Besten Vieler dienen. Der limitierte menschliche Beobachter kann somit über die Gründe, weshalb Gott das Leid zulassen sollte, lediglich spekulieren. Wir sind einfach nicht in der Lage, solche Wahrscheinlichkeiten schlüssig zu bewerten.

2. Falls der gesamte Umfang der Indizien berücksichtigt wird, dann ist die Existenz Gottes WAHRSCHEINLICH

Wenn Atheisten behaupten, dass die Existenz Gottes unwahrscheinlich ist, sollten Sie darauf entgegnen: „woraus schließen Sie diese Unwahrscheinlichkeit?“ Gehen sie etwa vom Leid in der Welt aus? Falls lediglich diese Komponente in Betracht gezogen wird, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass die Existenz Gottes als „unwahrscheinlich“ bezeichnet werden kann. (Obwohl der Schein trügt!) Die Meisten, die sich zum Problem des Leidens äußern, gehen stillschweigend davon aus, dass wenig für die Existenz Gottes spricht. Aber die wirklich interessante Frage ist, ob die Existenz Gottes wahrscheinlich wäre, wenn der VOLLE Umfang der Beweise berücksichtigt würde. Ich bin der festen Überzeugung, dass Argumente FÜR die Existenz Gottes bei Weitem überwiegen.

Somit haben Sie, Patrick, völlig Unrecht, wenn Sie behaupten: „Ihre Auffassung von dem was ‘Wahrheit‘ sein soll basiert auf eine nicht erkennbare Gottheit. Sie bilden sich das ein, was gemäß Ihrer Interpretation der Bibel real sein soll oder nicht.“ In meinen o.g. Büchern können Sie schlüssige Argumente für die Existenz Gottes ausfindig machen, Argumente, für die ich in öffentlichen Debatten mit professionellen Philosophen eingestanden bin. Ich glaube, dass wir Grund zur Annahme haben, dass Gott real ist und Er erkannt werden kann – und dies ganz losgelöst von der Bibel.

3. Der christlicher Glaube lehrt, dass es GOTT und gleichzeitig LEID geben kann. Drei dieser Lehren sind für Ihre Situation besonders relevant:

(a) Die Hauptzweck des Lebens ist nicht etwa das Streben nach Glück, sondern das Erkennen Gottes. Selbstverständlich neigen die meisten Menschen dazu anzunehmen, dass wenn es einen Gott gibt, Er das Glück als oberstes Ziel für alle Menschen definieren sollte. Gott soll uns glücklich machen, nicht wahr?

Doch diese Sichtweise ist falsch! Wir sind nicht Gottes „Haustiere“, die schlichtweg zufriedengestellt werden sollen, sondern können durch die Erkenntnis Gottes letztendlich wahre und unaufhörlich Lebenserfüllung erfahren. Ein Großteil der Leiden scheint sinnlos zu sein, wenn man das irdische Glück vor Augen hat; sie könnten aber eventuell dennoch Sinn ergeben, wenn wir dadurch Gott besser kennen lernen. Gott lässt Leid mit einer gewissen Absicht zu; unsere Reaktion darauf wird ausschlaggend sein. Werden wir wutentbrannt und verbittert reagieren, oder Ihn um Kraft bitten, die Schmerzen zu ertragen?

Gott hat uns nie ein glückliches Leben versprochen. Wir folgen einem gekreuzigten Herrn nach und sollten somit nicht überrascht sein, wenn wir Leid erfahren. Gott hat uns jedoch mitgeteilt, dass, wenn wir leiden, Er dennoch das Ruder fest in der Hand hat. Er wird uns stärken. Wir können uns absolut auf Ihn verlassen.

(b) Gottes Absichten limitieren sich nicht allein auf dieses Leben, sie gehen über das Grab hinaus und sind ewig andauernd. Gott verspricht Allen das ewige Leben, die ihr Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt und Ihn als Retter akzeptiert haben. Wenn Gott entsetzliches Leid zulässt, dann stellt Er gleichzeitig himmlische Freude und Belohnung in Aussicht, die über die Maßen sind.

Der Apostel Paulus erlebte zeitlebens unglaublich viel Leid. Dennoch schrieb er: „Darum geben wir nicht auf. … Deshalb lassen wir uns von dem, was uns zurzeit so sichtbar bedrängt, nicht ablenken, sondern wir richten unseren Blick auf Gottes neue Welt, auch wenn sie noch unsichtbar ist. Denn das Sichtbare vergeht, doch das Unsichtbare bleibt ewig.“ (2 Kor. 4:16‑18).

Paulus lebte aus der Perspektive der Ewigkeit. Er verstand, dass das kurze Leben in keinem Verhältnis zum ewigen Leben, das wir mit Gott zubringen werden, stand. Je mehr Zeit wir in der Ewigkeit verbringen werden, desto unscheinbarer werden die Leiden dieses Lebens erscheinen. Deswegen nannte Paulus die Leiden dieses Lebens „zeitlich und leicht“ – nicht etwa, weil er die schreckliche Not um sich herum nicht wahrnahm – sondern ganz im Gegenteil: diese Leiden werden vom Ozean der ewigen Freude und Herrlichkeit in der Gegenwart Gottes überschwemmt

Evelynn ist jetzt bei Ihm. Sie erwartet Sie dort. In dieser ewigen Glückseligkeit werden Sie dieser Leiden nur einen Augenblick lang gedenken.

(c) Die Erkenntnis Gottes ist ein über Alles erhabenes Gut. Paulus schreibt, dass die Leiden dieser Welt – im Vergleich zur Herrlichkeit, die Gott seinen Kindern im Himmel schenken wird – nicht ins Gewicht fallen würden. Diese Herrlichkeit ist völlig präzedenzlos und kann mit diesseitigem Elend unmöglich verglichen werden. Gott ist der „Locus“ der Allgüte und der unbegrenzten Liebe: Ihn zu erkennen bedeutet die Lebenserfüllung des Menschsein. Somit kann die Person, die Gott erkannt hat, trotz erlittenen Schmerzen, aufrichtig behaupten: „Gott ist gut zu mir!“; allein aufgrund der Tatsache, dass sie Gott kennt.

Diese christlichen Lehren weisen auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass es Gott und gleichzeitig auch das Leid in der Welt geben kann. Sie reduzieren zudem die Wahrscheinlichkeit, dass das Leid die Existenz Gottes ausschließt. Somit müssen die Atheisten nun beweisen, dass diese Lehren womöglich abwegig sind – und, dass die Existenz Gottes unwahrscheinlich ist. Die Last der Beweisführung liegt folgerichtig bei den Atheisten.

Patrick, lassen Sie mich bitte mit einigen seelsorgerlichen Ratschlägen abschließen (halten Sie sich fest!).

Als Erstes: weshalb beschäftigen Sie sich mit Schriften von Sam Harris in einer solch schwierigen Zeit für Sie? Sind Sie aufgrund des Kummers verrückt geworden? Warum lesen Sie solch destruktiven Müll? Sind deratige Behauptungen eine zuverlässige Quelle von Wahrheit und Trost für Ihre Not?

Als Zweites: Sie schreiben u.a.: „es gibt keine Hoffnung, alles endet in absolute Dunkelheit. Es gibt keinen Himmel und auch keine Hölle – nur eine leere Hülle von Dem, was mal gewesen ist.“ Das ist genau das, was der Atheismus zu bieten hat. Warum wollen Sie sich stattdessen nicht Gott zuwenden, Der als Einziger Ihnen Hoffnung und Trost bieten kann? Falls der christliche Glaube Recht behält, dann wartet Evelynn im Himmel auf Sie. Dort wird es weder Schmerz, noch Tränen geben. Wollen Sie dieses Rendezvous verpassen?

Als Drittes: es ist merkwürdig, dass Sie Evelynns Mutter mit keinem Wort erwähnen. Sind Sie möglicherweise so sehr mit dem eigenen Trauerprozess beschäftigt und haben sie dabei völlig außer Acht gelassen? Werden Sie ihr helfen diese schmerzvolle Zeit zu durchzustehen? Werden Sie ein „Mann Gottes“ sein, der Anderen beisteht, oder sie im Stich lassen?

Möge Gott Ihnen Kraft geben! WLC   www.reasonablefaith.org/letter-from-a-grieving-father

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