Die Debatte über Homosexualität und Christentum ist meist nicht gerade gekennzeichnet von Offenheit, Sachlichkeit und gegenseitigem Verständnis, sondern eher von festen Fronten und emotionsgeladenen Argumenten. In dem folgenden Dialog zwischen einem Fernsehmoderator und einem Pastor werden vielleicht Dinge deutlich, die in einer realen aufgeheizten Diskussion normal untergehen oder ungesagt bleiben.
Moderator: Sie sind Pastor einer christlichen Gemeinde und Sie sagen, dass sie an die Bibel glauben, was also auch bedeutet, dass Sie alle Menschen lieben sollen.
Pastor: Das stimmt.
M: Mir erscheint es aber, dass Sie und ihre Gemeinde eine ziemliche lieblose Position einnehmen, sobald es zu Schwulen und Lesben kommt. Sind Homosexuelle in ihrer Gemeinde willkommen?
P: Natürlich. Wir glauben, dass die Gute Nachricht wichtig für jede Person auf unserem Planeten ist und wir wünschen uns, dass jeder das Evangelium hören kann und Errettung in Jesus Christus finden darf. Deshalb sind die Türen unserer Gemeinde weit geöffnet für Menschen aus jedem Hintergrund, aus jeder Nationalität und aus jeder Kultur. Wir sind ein Ort für Sünder und für Menschen mit allen möglichen Problemen.
M: Sie sagten gerade: „Wir sind ein Ort für Sünder.“ Sie glauben also, Homosexualität ist Sünde, ist das richtig?
P: Das ist richtig.
M: Wie schaffen Sie es dann, das Gebot, alle Menschen zu lieben, mit einer solchen Meinung zu vereinbaren, die viele Menschen als radikal intolerant bezeichnen würden?
P: (lächelnd) Wenn sie glauben meine Haltung zur Homosexualität ist radikal, dann warten Sie, bis Sie hören, was ich sonst noch so denke! Ich glaube auch, dass ein 16-jähriger Junge und ein 15-jähriges Mädchen sündigen, die auf dem Rücksitz eines Autos Sex haben. Das unverheiratete heterosexuelle Paar in der Wohnung nebenan sündigt. Genau genommen ist jegliche Art von sexueller Betätigung außerhalb der Ehe zwischen Ehemann und Ehefrau Sünde. Jesus geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er zum Ursprung der ganzen Sache geht. Er sagt, dass ich selbst dann sündige, wenn ich eine andere Person begehre. Seine radikale Sicht der Sexualität lässt uns alle als sexuelle Sünder da stehen, und genau deshalb ist er übrigens gekommen, um zu sterben. Jesus starb, um homo- und heterosexuelle Sünder zu retten und um unsere Herzen und unser Verhalten zu verändern. Und als Nachfolger Jesu bin ich daran gebunden, was er über Sex und Moral sagt.
M: Aber Jesus hat Homosexualität doch niemals offen verurteilt.
P: Das war gar nicht nötig. Jesus ging zu der Sache des Herzens und verstärkte sogar die Gebote über unmoralisches Verhalten aus dem Alten Testament. Jesus verurteilt zum Beispiel nicht nur Ehebruch, wie das in einem der Zehn Gebote geschieht. Er verurteilt schon das Begehren, das zum Ehebruch führt, alles mit der Absicht, uns veränderte Herzen anzubieten, die im Einklang mit seinen radikalen Aussagen stehen.
M: Sie sagten, Jesus verurteilt Ehebruch, aber die Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde, verurteilte er nicht.
P: Das stimmt, aber er forderte sie auch dazu auf, nicht weiter zu sündigen.
M: Aber wer sind Sie, jemanden zu verurteilen, der nicht mit Ihren persönlichen Überzeugungen über Sexualität übereinstimmt?
P: Wer bin ich? Niemand. Es ist nicht allzu wichtig, was ich über diese Dinge denke. Unsere Unterhaltung über Homosexualität geht nicht wirklich über meine persönliche Überzeugungen. Sie geht um Jesus und was Er dazu sagt. Ich habe überhaupt kein Recht, die Welt zu richten oder zu verurteilen. Dieses Recht gehört Jesus. Meine Hoffnung besteht darin, Ihm treu zu folgen. Das bedeutet, dass ich das, was auch immer Er zum Thema Sexualität sagt, für richtig halte, für liebevoll und letztendlich für uns Menschen das Beste – selbst wenn es den Trends der modernen Kultur widerspricht.
M: Trotzdem verurteilen Sie. Sie behaupten, dass alle Schwulen und Lesben, die gerade diese Sendung anschauen, Sünder sind.
P: Ich hebe Schwule und Lesben in keinster Weise hervor. Vielmehr verweise ich auf Jesus als die Antwort auf alle sexuellen Verfehlungen.
M: Aber Sie beziehen sich eindeutig auf Schwule und Lesben. Warum ist Ihnen das Thema Homosexualität so wichtig?
P: (lächelt) Bei allem Respekt, Sie haben dieses Thema aufgebracht.
M: Glauben Sie, man kann nicht schwul und gleichzeitig Christ sein?
P: Das sage ich nicht. Ich glaube, man kann nicht aufrichtig Christ sein ohne Reue. Jeder – einschließlich mir – ist schuldig, aber gerade hier beginnt das Christentum. Wir erkennen unsere Sünde, wir kehren weg von ihr und zu Jesus hin. Im Christentum geht die Diskussion nicht um Homosexualität versus andere Sünden. Vielmehr geht es darum, ob Buße von Bedeutung für das christliche Leben ist oder nicht.
M: Aber können Sie nachvollziehen, wieso ein homosexueller Zuschauer denken könnte, Sie greifen ihn persönlich an? Sie sagen, dass etwas mit ihm nicht stimmt.
P: Ich glaube, dass Jesu Lehren zum Thema Sexualität aufzeigen, dass mit allen von uns etwas nicht stimmt – etwas, was nur durch das, was Jesus für uns am Kreuz getan hat, wieder in Ordnung gebracht werden kann. Dann verstehe ich auch, warum Menschen glauben könnten, ich greife sie persönlich an. Die meisten Menschen mit gleichgeschlechtlichem Verlangen glauben, dass sie mit dieser Neigung geboren wurden. Deshalb empfinden sie diese Neigung als Teil des Kerns ihrer selbst. Wann immer jetzt einer ihr Verhalten oder ihr Verlangen hinterfragt, empfinden sie es als ein Angriff auf den Kern ihres Seins. Das ist normalerweise nicht die Absicht desjenigen, der homosexuelles Verhalten ablehnt. Aber so erscheint es. Das kann ich verstehen.
M: Wenn es stimmt, dass ein Mensch mit dieser oder jenen sexuellen Orientierung geboren ist, wie kann es dann liebend sein, die Orientierung von jemandem zu verurteilen?
P: Nun, wir wissen wirklich nicht mit Sicherheit, dass die sexuelle Anziehung natürlich angeboren ist. Alles, was wir sicher haben, sind die Erzählungen von Menschen, die berichten, dass sie gleichgeschlechtliches Verlangen schon seit ihrer Kindheit verspüren. Interessanterweise sagt das Christentum aus, dass jeder Mensch mit einem Hang zur Sünde geboren ist. Es ist möglich, dass manch einer eine Neigung zu Alkoholmissbrauch hat oder zu Wutanfällen, während ein anderer eine Neigung zu anderen Sünden besitzt.
Trotzdem glauben Christen, dass Menschen mehr sind als ihre sexuellen Triebe. Wir glauben, dass die Würde des Menschen an Wert verliert, wenn wir uns über unsere sexuellen Triebe definieren. Vielleicht ist es gut, Folgendes zu überlegen: Verheiratete Männer fühlen sich unter Umständen zu mehreren Frauen angezogen. Bedeutet das, diese Männer sollten sich selbst als Polygamisten ausgeben? Natürlich nicht. Sie würden es sicherlich nicht als hasserfüllt ansehen, jene Männer dazu zu ermutigen, ihrem Verlangen nicht nach zu gehen, sondern zu versuchen, ihrem Ehepartner treu zu bleiben.
M: Nein, aber es scheint immer noch, als würden sie den Menschen sagen, dass sie sich nicht selbst treu sein sollten.
P: Das scheint nur so, weil Sie glauben, dass das sexuelle Verlangen den Kern unserer Identität widerspiegelt. Es würde helfen, wenn Sie und Menschen mit Ihrer Meinung verstehen würden, dass durch den Druck, den Sie auf mich ausüben, homosexuelles Verhalten als normal und gut zu heißen, Sie derjenige sind, der an das Innerste meiner Identität als Nachfolger Jesu geht. Der mir wichtigste Titel ist „Christ“. Meine Identität – in Christus – ist entscheidend für das, wer ich bin. Somit könnte ich Ihnen die selbe Sache vorwerfen und Sie als intolerant, fanatisch oder hasserfüllt bezeichnen dafür, dass Sie in mir eine Überzeugung verändern wollen, die an den Kern dessen geht, wer ich als Christ bin. Das sage ich nicht, weil ich glaube, dass Sie das beabsichtigen. Aber genauso wenig sollten Sie denken, dass es meine Absicht ist, eine homosexuelle Person anzugreifen oder ihnen Böses zu tun, nur weil ich in einer Sache anderer Meinung bin.
M: Das Problem aber ist, dass Ihre Einstellung sehr schnell zu Hass und Mobbing führt.
P: Ich gebe zu, dass in der Vergangenheit manch einer Homosexuelle schlecht behandelt hat. Es ist eine Schande, dass irgendjemand einen anderen Menschen, der in Gottes Bilde geschaffen wurde, ablehnt, einschüchtert oder misshandelt. Abgesehen davon müssen wir wohl eine Sache klar machen: Einer anderen Meinung zu sein bedeutet nicht jemanden zu hassen. Ich hoffe doch, wir können in unserem Land über verschiedene Standpunkte noch eine echte Unterhaltung führen, ohne den anderen in das schlecht möglichste Bild zu rücken. Wenn ich behaupte, eine andere Meinung über homosexuelles Verhalten führe notwendigerweise dazu, Schwule zu verletzten und ihnen zu schaden, dann versuche ich damit in Wahrheit die Diskussion zu beenden und einen Standpunkt (in diesem Falle den christlichen) von vorne herein auszuschließen. Als Christ soll ich niemandem schaden, sondern meinen Nächsten lieben und sein Bestes wünschen, selbst wenn ich mit ihm nicht der selben Ansicht bin. Letzten Endes beeinflusst das Bild von Jesus, der am Kreuz für sein Feinde stirbt, wie ich über dieses und andere Dinge denke.
Übersetzt mit freundlicher Genehmigung aus dem englischen Original: How I Wish the Homosexuality Debate Would Go