Menschen Gottes kann der Tod nicht stoppen.

Im Alter von 71 Jahren, vier Jahre bevor er am 28. August 430 n.Chr. starb, übergab Augustinus die Leitung der Kirche in Hippo an der Nordküste Afrikas an seinen Assistenten Heraklius. Schon zu seinen Lebzeiten war Augustinus einer der ganz Großen in der christlichen Welt. Bei der Amtsübergabe stand Heraklius und predigte, während der greise Augustinus auf dem Bischofsthronhinter ihm saß. Überwältigt von dem Gefühl der Unzulänglichkeit in der Gegenwart von Augustinus sagte Heraklius: »Die Grille zirpt, der Schwan schweigt.«Hätte Heraklius den ungeheuren Einfluss von Augustinus auf die folgenden sechzehn Jahrhunderte überblicken können, würde er verstehen, warum das amerikanische Original dieses Buches in einer Buchreihe mit dem Titel »Die Schwäne schweigen nicht« erschienen ist. Denn 1600 Jahre lang hat Augustinus nicht geschwiegen. Im 16. Jahrhundert erhob sich diese Stimme zu einem unwiderstehlichen Crescendo in den Ohren Martin Luthers und Johannes Calvins. Luther war ein Augustinermönch. Und Calvin zitierte Augustinus häufiger als irgendeinen anderen Kirchenvater. Sein Einfluss auf die protestantische Reformation war außerordentlich.Tausend Jahre konnten sein Lied vom Jubel über die Gnade nicht zum Schweigen bringen. Es ist mehr, als ein Historiker sagte: »Die Reformation bezeugt den endgültigen Triumph der augustinischen Lehre von der Gnade über das Menschenbild des Pelagius« und über dessen Ansicht, der Mensch könne über seine Gebundenheit an die Sünde selbst triumphieren.Der Schwan sang auch in mehr als nur einem Sinn in Martin Luther. Überall in Deutschland findet man Schwäne auf den Kirchturmspitzen, und jahrhundertelang wurde Luther in Kunstwerken mit einem Schwan zu seinen Füßen wiedergegeben. Warum das? Der Grund dafür findet sich schon einhundert Jahre bevor Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen an das Tür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug. Johann Hus war damals Professor und später Präsident der Prager Universität. Er starb 1415.Er war von ländlicher Herkunft und predigte in der Landessprache statt auf Latein. Er übersetzte das Neue Testament ins Tschechische und sprach die Missbräuche in der katholischen Kirche offen an. »Im Jahr 1412 wurde gegen Hus und seine Nachfolger eine Bannbulle geschleudert. Jeder, der ihn sah, konnte den tschechischen Reformator töten, und wer ihm Nahrung und Unterkunft gab, sollte dasselbe Schicksal erleiden.Als drei von Hus’ Nachfolgern öffentlich gegen den Verkauf von Ablassbriefen sprachen, wurden sie gefangen genommen und enthauptet.« Im Dezember 1414 verhaftete man Hus selbst und brachte ihn bis zum März 1415 ins Gefängnis. Er wurde in Ketten gelegt und grausam wegen seiner Ansichten gefoltert, die der Reformation einhundert Jahre vorauseilten. Am 6. Juli 1415 wurde er mit seinen Büchern auf dem Scheiterhaufen verbrannt.Eine Tradition berichtet, Hus habe in seiner Zelle kurz vor seinem Tod geschrieben: »Heute verbrennt ihr eine Gans (»Hus« bedeutet auf Tschechisch »Gans«); aber in hundert Jahren werdet ihr einen Schwan singen hören, den ihr nicht verbrennen könnt. Den werdet ihr anhören müssen.« Martin Luther war mutig genug, sich selbst als Erfüllung dieser Weissagung zu betrachten, und schrieb 1531: »Johann Hus weissagte von mir, als er aus seinem Gefängnis in Böhmen schrieb: ›Jetzt werden sie eine Gans braten (denn Hus bedeutet Gans); aber nach hundert Jahren werden sie einen Schwan singen hören; ihn werden sie dulden müssen.‹ Und so wird es weitergehen, wenn es Gott gefällt.«

(aus „Überwältigt von Gnade“ von John Piper, erschienen bei CLV)

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