Vernunft und Glaube

“Wer an den Schöpfer von Mensch und Universum glaubt, springt also nicht mit verbundenen Augen vom Sieben-Meter-Brett in ein vielleicht gefülltes Becken. Man kann mit vernünftigen Überlegungen durchaus zur Erkenntnis der Existenz Gottes gelangen. Immer wieder aber geht es darum, ob ich meine persönliche oder auch die allgemeine menschliche Erfahrung zum absoluten Kriterium mache oder aber bereit bin, zu akzeptieren, dass der Bereich des Seienden und des Möglichen größer ist als mein Vorstellungs- bzw. mein Denkvermögen. Eigentlich dürfte es gar nicht so schwierig sein, von dem ebenso naiven wie arroganten Standpunkt dieses ‘Ich glaube nur, was ich sehe’ loszukommen, wenn man bedenkt, wie wenig wir allein von der materiellen Welt kennen und wissen. Von da aus kann man sehr wohl zu der Einsicht gelangen, dass es Dimensionen der Wirklichkeit gibt, zu denen die bloße Vernunft keinen Zugang gewährt. Der Glaube setzt überdies die Vernunft nicht außer Kraft, sondern erweitert, schärft unser Erkenntnisvermögen, wie etwa ein Elektronenmikroskop unser Sehvermögen potenziert. Voraussetzung ist dann nur, dass die Zuverlässigkeit dieses Instruments Glaube geprüft und gesichert ist. Hier tritt in der Tat die Vernunft in Aktion.” Prof. Walter Brandmüller im Dialog mit Ingo Langner über die Rationalität des Glaubens, erschienen in der Welt Online vom 8. August 2008.

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