WOZU SIND WIR DA?

Das kürzeste Theaterstück, von dem ich gehört habe, ist Samuel Becketts »Breath« (Atem). Es dauert ganze 35 Sekunden. Anfangs hören die Zuschauer ein lautes Einatmen. Dabei ist es völlig dunkel. Dann wird es erst ein wenig, dann immer heller, und die Zuschauer erkennen einen riesigen Müllberg. Danach erlischt alles Licht, und alle hören nur noch ein Ausatmen. – Das war’s.

Ich denke, Samuel Beckett hat auf eine denkbar kurze Formel gebracht, was er von unserer menschlichen Existenz hält. Da wird jemand in diese Welt hineingeboren, indem er einen ersten Atemzug tut, dann fabriziert er einen Haufen unsinniges Zeug, einen riesigen Müllhaufen – ja, und danach tut er seinen letzten Atemzug – und ist nicht mehr.

Glauben wir den modernen »Propheten« an Schulen, Universitäten und sonstigen Bildungseinrichtungen, dann hat Samuel Beckett durchaus recht. Da heißt es doch überall, wir seien zufällig entstanden, fristeten unser Dasein mehr oder weniger unglücklich, um dann wieder spurlos zu verschwinden. Nur unser Körper dient noch als Dünger für spätere sinnlose Existenzen ähnlich der unseren.

Wie anders ist das Weltbild der Bibel! Da geschieht nichts Sinnloses oder Zufälliges. Alles kann und sollte uns Gott näherbringen, dem wir in blinder Selbstüberschätzung den Rücken zugekehrt hatten. Er selbst hat uns in seinem Sohn die Möglichkeit der Umkehr geschaffen, um einmal ewig bei ihm bleiben zu dürfen. Da werden wir eine Ewigkeit lang damit beschäftigt sein, die Größe Gottes zu ergründen, um in immer ungeahntere Großartigkeiten vorzudringen. Das ist die wirkliche Bestimmung des Menschen. Dazu wurden wir ursprünglich erschaffen.
Autor: Hermann Grabe
Quelle: Leben ist mehr

Kommentare

  1. christian

    Samuel Becket: “Wir fragen immer nur, ob es ein Leben nach dem Tode gebe. Wir sollten fragen: Gibt es ein Leben nach der Geburt?”
    liebe grüße christian (nicht zu verwechseln mit Christian)

  2. 35 Sekunden Auftritt

    Im Grunde ist das Theaterstück von Samuel Beckett ziemlich realistisch.

    Der Mensch kommt, fabriziert Müll und erlischt.

    Auch die zeitlich 35 Sekunden dauernde Performance ist sehr realistisch – denn im Hinblick auf die Ewigkeit ist das Menschenleben ein nichts, nur ein Rauch der schnell vergeht.

    Räumlich verhält es sich nicht anders; denn aus einer gewißen Entfernung erscheint die Erde unter den tausenden und Millionen Sternen wie ein dunkler Punkt, der kaum auffindbar ist – und je größer die Entfernung, umso größer sein verschwinden im endlosen Raum.

    Und dennoch maßt sich dieses Nichts im Menschenkleid an, das höchste, wichtigste Etwas im ganzen Universum zu sein. Aber nichts im Universum kann den Menschen seine Wichtigkeit bestätigen; viel mehr ist es aber so, daß alles ihn nur klein, gering und unbedeutend macht – der unendliche Raum läßt ihn verschwinden in ein unbedeutendes dunkles nichts; die unendliche Zeit läßt ihn verkürzen in weniger als Sekundendauer; und seine eigenen Werke laßen ihn schrumpfend versetzen in eine unendlich große Müllhalde, eines Ozeans von Kloake.

    Es ist nur Gott, der ihn, den Menschen, eine unendlich große Bedeutung schenkt – aber nicht irgendein Gott unter tausend Göttern, sondern ein Gott der Liebe – der Gott Jesu, der Gott des Evangeliums.

    Findet der Mensch nicht hier seinen Ort und seine Heimat, so wird er es nirgend im Universum finden.

    Entweder wird er vom Universum verschlungen, oder von Gott gefunden – das ist der Mensch.

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