Deutschland einig Prangerland – von Hoeneß bis Wulff

Deutschland ist ein schönes Land – ein Paradies der Ordnung und Beflissenheit. Alles läuft seine Bahnen, der kleine Mann verdient sein Geld und zahlt die Steuern, damit das Gemeinwohl daran teil hat. Doch wehe, jemand fällt aus diesem Raster heraus: Wir machen ihn fertig, wir wollen ihn am Pranger und den ganzen Tag bespucken. Guttenberg, Wulff, vorher Zumwinkel und neulich De Maiziere. Auf ihre Vergehen folgt meist der Exzess in der Öffentlichkeit.

Natürlich ist es nicht schwer einen Uli Hoeneß der Unehrlichkeit zu bezichtigen: Zu viele Zitate leistete er sich im Zusammenhang mit Geld, die jetzt gerne wiederverwendet werden können. Was regte er sich damals über Herrn Wildmoser auf, als dessen Schmiergeldaffäre seine Reputation trübte. Uli Hoeneß war unerbittlich und er redete alles tot, was nicht seinem Saubermannstatus entsprach. Was darf so ein Mensch dann auch erwarten?

Ebenso die Herren Guttenberg oder Zumwinkel, deren Macht und Charisma eine andere Sprache redeten als ihre Taten. Sie flogen hoch, immer höher, und fielen dann ebenso tief. Guttenberg war ein Bluffer, einer, der nie etwas leistete, selbst bei seiner Doktorarbeit nicht. Dass Wohlstand und Ansehen ihm in die Wiege gelegt wurde, das passte dem Volksgeist umso weniger.

Und wie war das gleich mit Herrn Wulff? Der gute Christian war nicht gut. Er war ein Schleimer. Völlig überfordert von Staatswesen, seiner Frau und dem Anmut von Staatsmann, den er zu leisten hatte, war ihm am Ende doch nichts vorzuwerfen. Vielleicht mal eine Hotelrechnung – doch am Ende blieb die Bodenlosigkeit und Ehescheidung von einer Frau, die ihre Liebe wohl nur inszenierte. Er ist Verachtung, sogar teils Hass ausgesetzt, und das sollte uns Erschrecken.

Der Herdentrieb der Medien

Die Frage drängt sich auf: Warum muss Nikolaus Schneider, seinerseits Ratsvorsitzender der EKD, davor warnen, dass wir die Person Uli Hoeneß “zerstören”? Wieso fällt hier in Deutschland die Reaktion der Öffentlichkeit so exzessiv aus? Lernen wir aus der Akta Wulff denn gar nichts?

Die Medien sind daran sicher nicht unbeteiligt, sie treiben die Schaafe in die Enge, um sie dann den Wölfen vorzulegen. Jede Zeitungs- oder Fernsehredaktion scheint nach dem Motto zu funktionieren: “Dazu müssen wir auch was haben.” Ja, sie stiegen alle in den Chor ein, der Chro der Sensationsfanatikter: Wir haben ein Opfer.

Ob jemand dieser Stigmatisierung ausgesetzt wird, hängt nicht einmal von dem Delikt ab, dessen er bezichtigt wird. Es hängt davon ab, ob man in der Gesellschaft Kredit hat und wie man sich diesen erwarb. Zumwinkel hatte schon deshalb keinen, weil sein Name eigentlich erst durch die Steuerhinterziehung allgemein geläufig wurde. Er wurde erst bekannt durch seine Straftat, samt seinen Gehältern, die er jahrelang vom deutschen Steuerzahler bezog.

Guttenberg und Wulff erwarben sich ihr Ansehen in ihren Ämtern, und sie schienen würdig. Doch als die verdummte Masse sah, dass sie sich täuschte, kündigte sie ihren Kredit.

Uli Hoeneß war besser dran. Weil er als Person Kredit hatte unter den Menschen – und weil er den Umgang mit Vorwürfen beherrscht. Er hat wohl mehr Geld gespendet über die Jahre als Steuern hinterzogen, und so konnte er sich zumindest teilweise gegen die Vorwürfe wehren. Er war eine Institution, diesen Status hat er sich wohl verspielt. Doch als Person, das konnte man in den vielen Talkshows über ihn raushören, war immer noch hoch angesehen. Er ist willkommen.

Er ist keine Figur, die auf Lug und Trug aufgebaut war, doch das schreckt die Leute, vor allem die Dortmund-Fans, nicht davon ab, ihn öffentlich zu kreuzigen. Auch wenn er einen hohen Kredit hatte, so ist er nicht mehr “zu halten” als Präsident.

Und so ist De Maiziere der Letzte in der Reihe der Geschundenen. Sigmar Gabriel, das deutsche Gewissen, die motzende Lichtgestalt, forderte unlängst seinen Rücktritt. Auch er wird, nicht nur von den Medien, sondern vor allem von befreundeten Kollegen, verlassen werden und am Ende wahrscheinlich zurücktreten. Den meisten ist es zumindest so ergangen.

Nur bei Margot Käßmann bleibt ein Lückentext. Warum ihr vergeben wird, obwohl sie sich so dermaßen daneben benahm, bleibt wohl ein Rätsel. Oder doch nicht? In ihr entdeckten die Menschen anscheinend nicht einen Funken Selbstgerechtigkeit und das wurde honoriert. So steht sie auch heute noch zusammen mit Merkel und Co. auf den Kirchentagen, ja sie ist sogar präsenter als vorher, die Sääle sind überfüllt. Was will man mehr als Person des öffentlichen Geschehens.

Die scheinheilige Bereitschaft, einen öffentlichen Geständniszwang zu errichten, um das eigene gute Gefühl zu stabilisieren, ist ein schlimmer Tausch. Moral wird so zu einer Sache nur für die anderen und erst im Moment ihres Verschwindens. Doch so leben wir und so sind wir. Es ist äußerst eindrücklich, wie Hoeneß, Zumwinkel, Guttenberg und die Bösewichte Deutschlands im Moment des eigenen Scheiterns behandelt werden. Ich bin mir sicher, sie sind es, die sich im Moment des Scheiterns am meisten hassen und sich fragen, warum sie bloß so hoch gepokert haben, warum sie bloß so gespielt habem mit ihrem Geld oder Ansehen, und seien wir ehrlich: Das wäre die adäquate Antwort für jeden Einzelnen von uns. Wir müssen uns Gedanken machen, wo UNSERE Schummelei (die zwar nicht die Größenordnung des Hoeneß erreicht, aber dennoch seine moralischen Ansprüche) nicht doch unser Gewissen belastet. Das scheint Frau Käßmann ganz gut hinbekommen zu haben. Sie hat uns das Gefühl gegeben, ehrlich und gerecht mit sich selbst zu sein.

Die Bibel gibt uns einen guten Maßstab, mit dem wir richten und gerichtet werden: Es ist Gottes Aufgabe, uns zu bewerten. Nicht wir sollen Hoeneß zerreißen, sondern er selbst muss sich vor Gott verantworten. Wer diesen Grundsatz befolgt, wird sich schnell gewahr, dass dieses Prinzip nicht nur für Hoeneß gilt, sondern für jeden von uns. In Matthäus 7, 1ff sagt Jesus:

“Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge? Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.”

So sollten wir alle aufpassen, welchen moralischen Maßstab wir derzeit an die Eliten anlegen. Denn derselbe Maßstab wird an uns angelegt. Aber noch mehr lehrt uns die Geschichte der letzten Zeit: Dass Vergebung Wunder wirkt. Ja, sie rehabilitiert den Einzelnen, und diese Rehabilitation ist Gold wert. So ist es mit Gott: Ehrlichkeit ist ein hoher Standard, anhand dessen gemessen wird, wie es um unsere Seele bestellt ist. Und auch Gott fordert von uns Ehrlichkeit. Er möchte, dass wir selbst uns betrachten und einsehen, dass wir das Problem sind, nicht die anderen, schon gar nicht irgendwelche Eliten, die doch wohl nicht so anders sind als wir selbst.

Ein Mensch, der seine Sünden bekennt, wird bei Gott vollständig rehabilitiert. Und das, obwohl sein Maßstab noch viel höher ist als der eines Volkes. Er ist von Grund auf gerecht, doch es gibt die Möglichkeit, dich mit ihm zu versöhnen, indem du sein Opfer, Jesus Christus am Kreuz, annimmst und ehrlich bist, d.h. zugibst, dass er Gott ist.

Kommentare

  1. Christian

    Hoeneß:
    Was für ein Segen für ihn und für uns.
    Seine Übertretung ist gescheitert und es
    ist öffetlich geworden und die 20000000
    sind erheblich. Jetzt kann er umkehren und nicht nur büßen, sondern zu Lebzeiten
    dafür sorgen, dass es sich nicht wiederholt – noch mehr, er kann auch noch das Verborgene bereinigen.
    Hoffentlich helfen ihm dabei echte Freunde – noch hat er Zeit.
    Wie ist es aber mit seinem Sinn – so lange so viel Einfluss, Erfolg und Geld
    können den Menschen schwer verbiegen

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