Darf man nicht mehr alles sagen? Wie woke Ideologen unsere Freiheit bedrohen. Und was geht das uns Christen an?

Ich empfand es bisher immer als übertrieben ängstlich, wenn Leute behaupteten, man könne heute nicht mehr alles sagen. Ich kann alles sagen, was ich meine. Ich sage es auch öffentlich. Meinungsfreiheit und Redefreiheit sind im Grundgesetz sogar garantiert. Klar, es gibt kein Recht auf Widerspruchsfreiheit. Jeder hat das Recht, mir zu widersprechen. Das ist ok. Ich nehme dieses Recht ja auch in Anspruch und widerspreche anderen. Jetzt beobachte ich aber eine erschreckende Entwicklung. Es erheben sich Stimmen, die unsere Gesellschaft auf dem Weg in die Unfreiheit sehen. Ich nenne zwei neue Bücher. Der Politikwissenschaftler und ZEIT-Herausgeber Yascha Mounk bezeichnet sich selber als Linker und erregt Aufsehen mit seinem 2024 auf Deutsch erschienenen Buch „Im Zeitalter der Identität – Der Aufstieg einer gefährlichen Idee“. Der amerikanische Titel des 2023 in USA erschienenen Buches lautet „The Identity Trap“ (Die Identitätsfalle). Mounk ist 1982 in München geboren und lehrt an der John-Hopkins-Universität in Baltimore, USA. Und die Ethnologin Prof. Susanne Schröter von der Frankfurter Goethe-Universität schrieb ein Buch mit dem Titel „Der neue Kulturkampf – Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht“. Ebenfalls 2024 erschienen.

Sie beschreiben eine Entwicklung, die von amerikanischen Elite-Universitäten ausgehend bereits starken Einfluss in den USA und Kanada hat und in Europa zunehmend Einfluss gewinnt. Susanne Schröter schreibt über „Universitäten im Griff woker Ideologen“. Sie hat selber schlimme Erfahrungen damit gemacht. Ihre Forschungen zum Islamismus führten zu Kampagnen mit dem Ziel, ihre Veranstaltungen zu verbieten und sie von der Frankfurter Uni zu vertreiben.

Was ist da im Gange? Ich will es kurz beschreiben. Danach frage ich, ob diese Entwicklung uns Christen etwas angeht. Woke heißt erwacht. Was für eine Erweckung ist da im Gange? Ich lehne mich in der Beschreibung an Yascha Mounk an, der die woke Ideologie „Identitätssynthese“ nennt, weil sie sich aus verschiedenen Denkrichtungen zusammensetzt. Ich nenne hier fünf Zutaten für den woken Mix.

Die erste Zutat ist die Philosophie des Postmodernismus. Sie behauptet, „es gebe keine objektive Wahrheit, sondern nur eine unendliche Folge von [subjektiven] Sichtweisen.“ (Yascha Mounk S. 96) Das stellt nicht nur den Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens oder anderer Religionen in Frage, sondern auch die Allgemeingültigkeit der Grundwerte der freiheitlichen Demokratie.

Die zweite Zutat ist der Postkolonialismus. Er besagt: Auch nach dem Ende der Kolonialherrschaft beuten Europäer und Amerikaner den Rest der Welt aus. Die Ursachen der sozialen Nöte in der Welt liegen ausschließlich in der Macht dieser früheren und jetzigen Ausbeuter. Die weißen Ausbeuter sind auch heute die Täter. Die anderen die Opfer.

Dazu kommt als dritte Zutat die Kritische Rassen-Theorie. Sie besagt, dass Rassismus immer von Weißen ausgegangen ist und auch heute von Weißen ausgeht und sich immer gegen People of Color richtet. Dabei geht es nicht um persönliche Einstellungen Einzelner, sondern um strukturellen Rassismus. Von Weißen dominierte Gesellschaften sind immer Täter, People of Color sind immer Opfer. People of Color können darum nie rassistische Täter sein, weil sie ja immer Opfer des strukturellen Rassismus sind. Historische Tatsachen wie Sklaverei und Sklavenhandel durch Araber und andere Völker, die heute zu den People of Color gehören, werden ignoriert. Israelis z.B. gelten als Weiße und Palästinenser sind People of Color. Darum kann es keine Hamas-Terroristen geben. Sie sind Opfer der weißen jüdischen Unterdrücker und dadurch Freiheitskämpfer im berechtigten Widerstand und keine Terroristen.

So einfach ist das. Auf dem Hintergrund überrascht nicht mehr, dass sich linke Gruppen mit islamistischen Gewalttätern gegen Israel solidarisieren. Auch Deutschland ist nach postkolonialistischer Sicht ein strukturell rassistisches Land. Die Einstellungen der Einzelnen sind nicht entscheidend. Der Umgang der Deutschen mit People of Color, also z.B. mit den Flüchtlingen aus Afrika und Asien, ist von strukturellem Rassismus bestimmt. Jeder Gedanke an Steuerung der Flüchtlingsbewegungen etwa ist rassistisch. Jede Kritik am Islam ist antimuslimischer Rassismus.

Eine weitere Quelle der woken Ideologie ist die Forderung der Intersektionalität: Wer sich für eine Gruppe von Benachteiligten einsetzt, muss sich auch für alle anderen benachteiligten Gruppen einsetzen. Warum? Alle Unterdrückungen sind angeblich irgendwie miteinander verknüpft. Das hat manchmal wirre Folgen, wie wir kürzlich erlebten. Frauen gehören eigentlich zu den „vulnerablen, verletzlichen, Gruppen“. People of Color wie die Palästinenser auch. Aber israelische Frauen gehören zu den weißen, westlichen Unterdrückern und Tätern. Sie sind nicht Opfer wie die palästinensischen People of Color. Darum herrschte in der UNO lange peinliches Schweigen über die brutalen Vergewaltigungen und Abschlachtungen israelischer Mädchen und Frauen durch Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023. Sie seien ja nicht im luftleeren Raum geschehen, erklären die Woken.

Die woke Ideologie ist voller Widersprüche. Darum spaltet sie gerade die Frauenbewegung. Heftig wehren sich klassische Feministinnen gegen die Auflösung der Geschlechter durch die Transgender-Bewegung und den Queer-Feminismus. Worum geht es? Hier ein aktuelles Beispiel aus Deutschland: Im Deutschen Bundestag wird gerade über das Selbstbestimmungsgesetz beraten. Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend liest man: Das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) „soll trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtern, ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen.“ Wenn jemand demnächst beim Standesamt erklärt, er fühle sich als Frau, obwohl er aussieht wie ein Mann, wird er als Frau mit gewünschtem Namen ins Personenstandsregister eingetragen. Irgendwelche Beurteilungen durch Ärzte dürfen nicht mehr gefordert werden. Kritik daran kommt von klassischen Feministinnen. Wie soll man auch Frauenrechte gegen Männer verteidigen, die sich als Frauen ausgeben? Kritik kommt auch aus dem Justizvollzug, von Schulen, von Sportvereinen und Saunabesitzern. Wie soll das praktisch gehen? Keine Kritik kommt von den Kirchen. Woke, wie sie sind, finden sie das alles anscheinend gut. Das Gesetz soll zum 1. November 2024 in Kraft treten, wenn der Bundestag es beschließt. In dem Gesetz wird auch das „Offenbarungsverbot“ formuliert. Es besagt, dass jeder mit Bußgeld bestraft wird, der sagt, dass die Transfrau ursprünglich ein Mann war. Das ist mal ein klarer Fall von Sprechverbot, nicht wahr?

Zu Postmodernismus, Postkolonialismus, Kritischer Rassentheorie und Intersektionalität kommt als fünfte Zutat die Diskurs-Theorie. Die besagt, dass durch Sprache Macht ausgeübt wird und gesellschaftliche Verhältnisse verändert werden. Durch Gendersternchen und Sprechlücken sollen Personen, die sich nicht binär empfinden, sichtbar gemacht werden. Die Verballhornung der Sprache wird in Kauf genommen. Sie benachteiligt leider massiv ausgerechnet die Menschen, die mit dem Erlernen, dem Sprechen und Schreiben der deutschen Sprache Schwierigkeiten haben. Das aber beeindruckt die woken Aktivisten überhaupt nicht.

Jetzt fragen wir: Was geht uns Christen das an? Recht und Gerechtigkeit für benachteiligte Menschen müssen uns Christen selbstverständlich sehr viel angehen. Gott ist gerecht. Er liebt Recht und Gerechtigkeit. Um das zu belegen, muss ich hier gar keine Bibelstellen zitieren. Wer das bestreitet, dem empfehle ich dringend, die Bibel zu lesen. Unsere Verantwortung als Christen für die Gesellschaft, in der wir leben, ergibt sich aus Gottes Auftrag an sein Volk: „Suchet der Stadt Bestes!“ Diese Aufforderung Gottes lässt der Prophet Jeremia in einem Brief an die Juden in der babylonischen Gefangenschaft überbringen. (Jeremia 29,7) Obwohl die Stadt nicht ihre Heimat war, sollten sie sich für das Wohl der Stadt einsetzen. Sie sollten den Frieden – im Hebräischen steht da „Schalom“ – der Stadt suchen und für sie beten. Die Begründung ist ganz pragmatisch: „denn wenn’s ihr wohl geht, so geht‘s auch euch wohl.“

Was heißt das für Jesus-Nachfolger? Unsere Heimat, unser Bürgerrecht ist im Himmel, im Königreich Gottes. (Phil 3,20) Eine zweite Staatsbürgerschaft steht in unserem Pass. In meinem Fall Deutschland. Deutschland ist eine Demokratie. Als Staatsbürger in einer Demokratie gehöre ich zum Souverän, dem Volk. Ich trage, wie alle Bürger dieses Staates Mitverantwortung dafür, dass unser Land möglichst gerecht regiert wird. Da sich die Bürger einer Demokratie oft nicht einig sind, wird mit Mehrheit entschieden. Leider ist nicht garantiert, dass die Mehrheit immer für Gerechtigkeit eintritt. Menschen suchen ihren Vorteil und halten das für ihr gutes Recht. So kann es passieren, dass Gesetze mit Mehrheit beschlossen werden, die nicht wirklich gerecht sind. Perfekt läuft das wirklich nicht. Aber die Bemühung um mehr Gerechtigkeit und um die Abwehr der schlimmsten Ungerechtigkeiten ist den Schweiß aller Bürger wert. Erst recht aller Christen.

In unserem Grundgesetz steht, dass sich das Deutsche Volk zu den „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten“ bekennt. Die Grundrechte werden dann aufgezählt. In Artikel 1,3 heißt es: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ Die Grundrechte sind Freiheitsrechte. Hier einige auszugsweise: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Und wenn die Freiheit bedroht ist, sollten auch wir Christen aufwachen.

Die Professoren Susanne Schröter und Yascha Mounk zeigen, dass Freiheiten bei uns durch „woke“ Aktivisten bedroht werden. Sie gewinnen Macht in Organisationen, Medien, staatlichen Einrichtungen. Wenn wir uns dagegen nicht wehren, wird unsere Freiheit durch mächtige Gruppen und einen übergriffigen Staat eingeschränkt. Wie das in großem Stil geht, zeigen uns gerade die Planungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie handelt mit ihren 194 Mitgliedsstaaten gerade einen Pandemie-Vertrag aus, der schon im Mai 2024 verabschiedet werden soll. Menschenrechtler kritisieren die darin vorgesehenen Einschränkungen der Informationsfreiheit und der freien Meinungsäußerung. (1)

In der vergangenen Corona-Zeit haben wir die Übergriffigkeit des Staates schon erlebt. Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Impfpflicht. Jetzt werden massive Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger als angeblich notwendige Seuchenabwehr systematisch geplant. Bedauerliche Tatsache ist, dass die Freiheitsliebe auch bei Christen oft durch Angst erstickt wird. Die Freiheit wird nicht selten der Sicherheit bereitwillig geopfert. Das führt dazu, dass Christen – wie wir es in der Corona-Zeit erleben mussten – nicht gemeinsam für bestimmte Freiheitsrechte eintreten. In Gegenteil: Gemeinden sind durch Streit um diese Fragen gespalten und gelähmt. In manchen Gemeinden ist das bis heute spürbar. Dazu kommt: Wir Jesus-Nachfolger stellen leider nicht die Mehrheit in unserem Land. Wir können nicht verhindern, dass Gesetze im Bundestag mit Mehrheit beschlossen werden, auch wenn sie dem Wort Gottes widersprechen. Zum Beispiel das Gesetz über die „Ehe für alle“. Was tun wir dann? In solchen Fällen gilt das alte Apostelwort (Apg 5,29): „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Wenn wir das sagen, wird uns heute die Frage gestellt: Steht für euch die Bibel über dem Grundgesetz? Die Antwort: Selbstverständlich ja. Wo liegt das Problem? Das Grundgesetz beginnt in der Präambel mit dem Satz: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Gott steht also über dem Grundgesetz. Gott soll sich das deutsche Volk verantwortlich fühlen.

Also ist es die Aufgabe von Christen, den Menschen in unserem Land den lebendigen Gott, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat, zu bezeugen. Wir können und wollen nicht erzwingen, dass die Menschen an Gott glauben. Aber wir können und sollen das Evangelium allen Menschen sagen. Was aber sollen wir tun, wenn Gesetze beschlossen werden, die gegen Gottes geoffenbarten Willen sind? Antwort: Wir machen den Mund auf. Wir sagen, was nach Gottes Willen gut und gerecht ist. Wir sagen z.B. öffentlich, dass Gott alle Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat, und zwar in der Polarität von Mann und Frau. So hat er die Menschen zu seinen Geschäftsführern berufen und gesegnet. Das steht in der Schöpfungsoffenbarung (1.Mose 1 und 2), und Jesus hat es bestätigt (Matthäus 19,4ff). Unser Geschlecht wählen wir nicht selber, es wird uns von Gott gegeben. Die Biologie lehrt uns, dass jede Körperzelle jeder Frau mit XX-Chromosomen ausgestattet ist und jede Körperzelle jedes Mannes mit XY-Chromomen. Offenbarung Gottes und Naturwissenschaft ergänzen sich bestens.

Gerade heute ist es hilfreich, Menschen darauf hinzuweisen, dass Gott ihre Identität durch ihren Körper bestimmt hat. Es ist in Mode gekommen, auf das Gefühl zu hören, egal wie der Körper ist. Eigentlich weiß jeder, dass Gefühle nicht von Dauer sind. Es ist darum nicht wirklich klug, Gefühle zum Fundament des Lebens zu machen. Aber jetzt wird sogar gesetzlich festgelegt, dass jeder Mensch einfach durch einen Sprechakt beim Standesamt festlegen kann, ob er ein Mann oder eine Frau ist oder auch noch etwas Anderes. In einer freien Gesellschaft hat jeder das Recht, sich zu fühlen, wie er will. Aber warum sollen wir nicht das Recht haben, zu sagen und zu begründen, wenn wir das problematisch finden? Oder nehmen wir das Beispiel der Ehe. Der Bundestag hat 2017 beschlossen: BGB § 1353: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Nach der Bibel aber ist die Ehe die lebenslange Gemeinschaft zwischen einem

Mann und einer Frau. Sex außerhalb der Ehe – egal ob hetero- oder homosexuell – bezeichnet die Bibel als Sünde. Der Bundestag hat allerdings zugleich mit der Änderung des Eheverständnisse beschlossen: „Die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften bleiben von dieser gesetzlichen Neuregelung unberührt.“ Damit hält sich der Deutsche Bundestag an das Grundrecht der Religionsfreiheit. Peinlich, dass die Evangelischen Kirchen sich den staatlichen Vorgaben gebeugt haben, obwohl der Staat ausdrücklich ihre Freiheit nicht beschränkt hat. Der Staat zwingt die Kirchen nicht, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen.

Von Christengemeinden darf man erwarten, dass sie nach dem Maßstab des Wortes Gottes und aus der Kraft des Heiligen Geistes leben. Sie sollen nicht nur die Gebote Gottes hochhalten, sondern auch beweisen, dass sie aus der Liebe Gottes in der Kraft des Heiligen Geistes leben. Ehen sollen in der Gemeinde geschützt und gestärkt werden. Genauso sollen Singles, die nach dem Wort Gottes sexuell enthaltsam leben, Offenheit, Vertrautheit und persönliche Nähe in den Gemeinden erleben. Das sind große Aufgaben.

Aber es ist ja nicht neu, dass Christen in einer nichtchristlichen Mehrheitsgesellschaft leben. Im ersten Jahrhundert hat die Mehrheitsgesellschaft im Römischen Reich weder das Eheverständnis noch die Sexualethik der Christen geteilt. In vielen Ländern der Welt ist die Polygamie geltendes Recht. Trotzdem leben die Christen die Einehe nach Gottes Wort.

Eine Empfehlung zum Schluss

Woke Ideologen gewinnen über staatlich finanzierte Organisationen und mehr und mehr auch über staatliche Institutionen Einfluss und Macht. Auch große Firmen folgen dem Trend. Yascha Mounk nennt das den „kurzen Marsch durch die Institutionen“, den woke Ideologen schon angetreten haben. Ich empfehle in dieser Lage, dass wir in den Evangelischen Kirchen neu über die Theologische Erklärung von Barmen nachdenken. Dieses Bekenntnis wurde 1934 von der Synode der Bekennenden Kirche im heutigen Wuppertal-Barmen als Widerspruch gegen die deutsch-christliche Irrlehre der damaligen Reichskirche formuliert.

Ich lese immer mal wieder mein Ordinationsgelübde, das ich als evangelischer Pfarrer vor 57 Jahren abgelegt habe. Darin heißt es u.a.: „Dabei sollst du ernstlich beachten, dass es dem evangelischen Prediger nicht zusteht, eine andere Lehre zu verkünden und auszubreiten als die, welche gegründet ist in Gottes lauterem und klaren Wort, wie es verfasst ist in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments, unserer alleinigen Glaubensnorm, wie es bezeugt ist in den drei altkirchlichen Glaubensbekenntnissen, dem Apostolischen, dem Nicänischen und dem Athanasianischen und in den reformatorischen Bekenntnisschriften unserer Kirche und wie es als Wegweisung für die angefochtene Kirche aufs neue bekannt worden ist in der Theologischen Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen.“

Die Berufung auf die Barmer Erklärung kommt heute nicht immer gut an. Wer erklärt, sie sei auch heute aktuell, dem wird gern von Kirchenleitungen vorgeworfen, dass er die heutige Lage unangemessen dramatisiere, indem er sie mit der Lage in der Nazi-Diktatur vergleiche. Mit diesem Argument wird die Barmer Erklärung zu einem Museumstück aus schrecklichen Zeiten gemacht. Man hat mich aber in meiner Ordination zum Predigtamt auch auf die Barmer Erklärung verpflichtet, weil dieses Bekenntnis wohl für meinen Dienst heute wichtig werden könnte. Und so lese ich sie auch heute. Die Barmer Erklärung umfasst 6 Thesen. Ich gebe hier insbesondere die These 5 zu bedenken. In jeder These gibt es 3 Teile. Ein Bibelwort, ein Bekenntnis, eine Verwerfung der falschen Lehre. These 5 lautet: „Fürchtet Gott, ehrt den König. (1. Petr 2,17) Die Schrift sagt uns, dass der Staat nach göttlicher Anordnung die Aufgabe hat in der noch nicht erlösten Welt, in der auch die Kirche steht, nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden zu sorgen. Die Kirche erkennt in Dank und Ehrfurcht gegen Gott die Wohltat dieser seiner Anordnung an. Sie erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten. Sie vertraut und gehorcht der Kraft des Wortes, durch das Gott alle Dinge trägt. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne sich die Kirche über ihren besonderen Auftrag hinaus staatliche Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde aneignen und damit selbst zu einem Organ des Staates werden.“ Soweit der Wortlaut von These 5.

Die staatliche Ordnung wird einerseits dankbar als eine von Gott angeordnete Wohltat anerkannt, wenn der Staat „nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden“ sorgt. Die Aufgabe der Kirche ist es, „an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten“ zu erinnern.

Als falsche Lehre wird ausdrücklich verworfen, „als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden“. Jeder Tendenz des Staates, sich zur höchsten Autorität über menschliches Leben zu erheben, müssen Christen widerstehen. Wir müssen widersprechen, wenn der Staat die Rolle Gottes einnehmen will. Leider können sich auch in einer Demokratie solche totalitären Tendenzen einschleichen. Und eine Kirche, die sich nicht vor allem am Wort Gottes, wie es in der Bibel gegeben ist, orientiert, sondern sich zivilreligiös als Kitt für den Zusammenhalt der Gesellschaft anbietet, wird selbst zu einem Organ des Staates. Sie verrät damit ihre Berufung. Die Evangelischen Kirchen stehen heute genau in dieser Gefahr. Dem müssen wir widersprechen. Die Barmer Theologische Erklärung von 1934 schließt mit den Worten, mit denen ich jetzt auch schließe: Verbum Dei manet in aeternum. Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit. gemeindenetzwerk.de

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