Es sind jene Momente, in denen der junge britische Regisseur Asif Kapadia, mit wenigen, exzellent ausgesuchten Szenen aus zum Teil unveröffentlichtem Material ein Psychogramm eines Helden montiert, das jedes falsche Pathos vermeidet, um Raum für das echte Pathos zu machen. Senna fährt von Anfang an gegen die Gesetze der Physik und Biologie an. Und Kapadia findet Bilder, die dies illustrieren. Es sind ebenso stille wie schockierende Bilder. Besonders die tiefe Gläubigkeit Sennas gibt der Figur eine Art surrealen Heiligenschein in einer unbarmherzigen Rennsportwelt, die eher an die Hölle erinnert. Als christlicher Existenzialist fordert er sich und die Welt heraus, auch weil es sein Ziel ist, zu erfahren (im wahren Sinne des Wortes), welche Rolle dem Menschen in der Schöpfung zukommt. Senna verdreht die Logik der Gottesebenbildlichkeit des Menschen und will das Göttliche in sich spüren. Es ist bei einem Rennen in Monte Carlo am Anfang seiner Karriere, als er während der Fahrt in eine Art Trance der Raserei gerät. Diese gefühlte Gottesnähe gipfelt in einer Epiphanie nach dem Gewinn der ersten Weltmeisterschaft. Seither ist Senna ruhig und sicherer, aber stets mit einem Bein im Jenseits zu Hause. Seinem rationalistischen Rivalen Prost, dem Voltaire des Rennsports, macht dieses Gottvertrauen Angst. Er fürchtet einen Gegner, der das Paradies schon gesehen hat. Leise und bedächtig stellt der Film den Bibelleser Senna vor, der seiner Schwester am Morgen von seiner Lektüre in der Heiligen Schrift berichtet. Senna ist das Gegenmodell zum nihilistischen Furor der Futuristen und dem anarchistischen Terror der Tuningszene, wie er in Videospielen und den wunderbar flachen Fast-and-Furious-Filmen verklärt wird.
Zu was ein Mensch in der Lage ist, das will Senna auch abseits der Piste ergründen. Der Junge aus begütertem Elternhaus, der sein Leben stets in Luxus wie Demut verbringt, leidet unter dem Zustand seines Landes. Deshalb entscheidet er sich kurz vor seinem Tod, eine Stiftung zu gründen, die insbesondere den Kindern aus den Favelas helfen soll, dem Elend zu entkommen. Für sein sozial zerrissenes Land ist Senna ein Segen, „das einzig Gute“, wie es eine Frau im Film sagt. Als Senna stirbt, ordnet der Präsident drei Tage Staatstrauer an. Drei Millionen Menschen säumen in São Paulo die Straßen, auf denen der Sarg vorbeifährt. Der Familiensitz der Sennas muss vom Militär gesichert werden.Mit dem Tod Sennas beginnt der große Siegeszug von Michael Schumacher und damit die postheroische Zeit der Formel 1. Der neue Minimalismus fordert weniger Opfer. Seit dem blutigen Wochenende von Imola ist kein Formel-1-Fahrer mehr tödlich verunglückt – der Sport hat seine enge Beziehung zum Jenseits aufgekündigt.“Nichts kann mich von der Liebe Gottes trennen“ steht auf dem Grabstein Sennas – und vielleicht war es dieser unerschütterliche Glauben, der ihm die Kraft gab, Unmögliches zur Erfahren, wider die Logik der Physik und des Diesseits. (Welt.de)
Ecclestone: „Sennas Tod gut für Formel 1“
Dieser mächtige Formel-1-Boss hat sich wieder neue Entgleisung geleistet.Nachdem er in einem seiner vielen Interviews schon mal positiv über Saddam Hussein und die Taliban sprach, oder gar Adolf Hitler lobte, sagte er jetzt einen Satz, der tief blicken lässt:„Sennas Tod war ein Unglück, aber die Werbung danach war so groß – Sennas Tod war gut für die Formel 1.“(Infos aus „Bild.de“) Was ist diesen Menschen ein Leben wert? Hier geht es um Geld. Das macht brutal und hart.
Zum Glück ist Ayrton vor seinem traurigen Ableben zu Got umgekehrt:“Ich habe mich lange nicht für Religion interessiert. Doch vor vier Jahren wurde der Glaube in mir wiedererweckt. Ich identifiziere mich völlig mit dem, was in der Bibel steht. Ich finde in ihr Antworten auf Fragen, die ich mir selber stelle.“ (Ayrton Senna)