In den fast zeitgleichen Amokläufen in Winnenden…..

In den fast zeitgleichen Amokläufen in Winnenden und im US-Bundesstaat Alabama sehen wir die menschliche Krise unserer krassen und kaputten Gesellschaft. Deutschland ist leider wie Amerika geworden, von der Wirtschaftskrise bis zum Amoklauf. Was fehlt dieser Gesellschaft, dass es immer wieder zu solchen Exzessen kommen muss? Und was sagt uns der von dem Film „Zeiten des Aufruhrs“ (Sam Mendes, 2008) so treffend geprägte Ausdruck: hoffnungslose Leere?
Beginnen wir unsere Suche bei dem 17-jährigen Täter von Winnenden. Die Polizei verkündete schon sehr bald ein „gekränktes Ego“ als Motiv. Ein Schulpsychologe sprach von Mobbing in den Klassen, das bekämpft werden müsse. Ein gefälschter Foren-Eintrag im Internet brachte es auf den Punkt: „Niemand erkennt mein Potential.“ Und was sehen 3,8 Millionen meist Jugendliche Zuschauer am Abend nach dem Amoklauf? Wie Vorbild Heidi Klum zusammen mit ihren zwei Side-Kicks teilweise noch minderjährige Mädchen fertig macht und hinterher scheinheilig fragt: „Ich weiß auch nicht warum die jetzt weint“. Im Rauswurf der Bewerberin Tessa zeigt sich dasselbe Muster, das den Täter Tim K. in Winnenden in eine Depression stürzte. Tessa beklagt sich in der Sendung „Germany‘s Next Top Model“, dass sie nicht als Mensch gesehen werde. Sicherlich ist es nicht Aufgabe einer Casting-Show Menschlichkeit zu demonstrieren, aber dieses Verhalten hat unsere Gesellschaft wie ein tötlicher Krebs befallen. Bis hinein in die Schulen und Kindergärten reicht dieser Irrglaube, dass nur wer angepasst lebt, gesellschaftlich anerkannt werden kann. Die anderen werden ausgestoßen, wie vor 2000 Jahren die Aussätzigen.
In der Legenda Aurea ist folgende Geschichte überliefert(sicherlich nicht wahr, dennoch Beispielhaft): Kaiser Konstantin wurde von einer unheilbaren Lepra befallen. Die Götzenpriester rieten ihm darauf dreitausend Kinder töten zu lassen und sich in dem noch warmen Blute zu baden. Doch die Mütter der Kinder kamen zu Konstatin und schrien in lautem Jammer. Da erbarmte sich Konstantin der Kinder, gab sie ihren Müttern zurück und nachdem ihm Petrus und Paulus im Traum erschienen waren, ließ er sich taufen. Das Taufwasser heilte schließlich seine Krankheit und Kaiser Konstantin befahl, dass von nun an das ganze römische Reich an Jesus Christus als den einzigen wahren Gott glauben sollte.
Liest man diese Zeilen und denkt an die Schlagzeile der Bild-Zeitung „BLUTBAD“, dann muss jedem schlagartig klar werden, was mit hoffnungsloser Leere gemeint ist. Kein strengeres Waffengesetz, kein Verbot von Computerspielen und auch keine Metalldetektoren an Schulen, nichts von dem kann die Krankheit unserer Gesellschaft heilen. Tim K. sah sich unheilbar aussätzig, ein Dämon flüsterte ihm zu: „Nur das Blutbad kann dich retten, dann erkennen alle deine Stärke, dann werden alle (sogar deine Eltern) erstaunt sein, zu was du fähig bist!“
Auch die Finanzkrise lässt sich leicht mit dem Verlust der Menschlichkeit und einem Blick auf die sieben Todsünden erklären. Die Manager der Banken waren befallen von der Vorstellung, dass sie nur Anerkennung finden könnten, wenn sie immer höhere Gewinne erzielten. Um sich zu heilen, mordeten sie tausende von Kindern. Das Blutbad in dem sie sich rücksichtslos badeten heißt: Gier und Selbstsucht. Vielleicht würde es uns gut tun, das ein oder andere Mal in die Bibel zu schauen oder auch die Legenda Aurea zu lesen, denn alle Menschlichkeit hat dort ihren Ursprung. Auch heute gibt es Vorbilder, die eine ähnlich große Wirkung haben, wie früher die Heiligen. Doch welche Botschaft geht von ihnen aus – von Heidi Klum, Josef Ackermann und wie sie alle heißen?
Und was tun wir? Was verbreiten die Medien jeden Tag? Durch die andauernde Berichterstattung und die unermüdliche Suche nach einer Erklärung für den Amoklauf wird der Täter gar noch zum Märtyrer oder Star stilisiert, das Blutbad geheiligt und es werden wieder Kids zu Amokläufen animiert.Aber es muss berichtet werden. Auf "Teufel komm raus". Alles andere bringt eben keine Quote, Auflage und Page-Impressions gehen runter! Ja, aber kann das die Antwort auf die offensichtliche Not der Gesellschaft sein? (Gedanken aus einem Kommentar im Rheinischen Merkur)

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