Im Kanton Zürich beobachten Forscher seit dem Ende der 90er Jahre vermehrt schizophrene Erkrankungen. Auffällig ist für sie: Im gleichen Zeitraum hatte auch der Konsum "weicher" Drogen stark zugenommen. In ihrer Studie wird die Vermutung nur erhärtet, dass Cannabis nicht harmlos ist.
Forscher der Psychiatrischen Uni-Klinik in Zürich haben Hinweise auf eine Zunahme schizophrener Psychosen Ende der 90er-Jahre im Kanton Zürich gefunden. Im selben Zeitraum hatte auch der Konsum weicher Drogen stark zugenommen. Die epidemiologische Studie stützt die Vermutung, dass der Konsum von Cannabis das Risiko für Schizophrenien und andere Psychosen erhöht.
Ein Zusammenhang von Cannabis und Psychoserisiko ist den Forschern schon lange aus experimentellen Untersuchungen und Einzelfallstudien bekannt. Bisher schien sich dieser Zusammenhang jedoch nicht in einer grösseren Zahl von Krankheitsfällen niederzuschlagen – auch nicht in liberalen Gesellschaften mit einer toleranten Haltung gegenüber Drogen. Eine neue Auswertung epidemiologischer Daten aus dem Kanton Zürich bestätigt die vermutete Risikoerhöhung, an Schizophrenie zu erkranken, erstmals im Rahmen einer Bevölkerungsstudie.
Die Forschungsgruppe «Public Mental Health« unter Professor Wulf Rössler hat die Entwicklung der Ersteintritte in die stationären psychiatrischen Einrichtungen des Kantons Zürich statistisch untersucht. Die untersuchten Zeiträume reichen bis in die 1970er-Jahre zurück. Die Ersteintritte wegen Schizophrenie und anderen Psychosen vermitteln einen guten Näherungswert für die tatsächliche Erkrankungsrate, denn die überwiegende Mehrheit der Personen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind, werden eher früher als später nach Krankheitsbeginn einer stationären psychiatrischen Einrichtung zugewiesen.
Deutliche Zunahme bei jungen Männern
Dabei stellten die Forscher bei jungen Männern eine auffällige Zunahme der Erkrankungsraten im Verlauf der 90er-Jahre fest. Bei den 15- bis 19-Jährigen verdreifachte sich die Rate der Ersteintritte wegen psychotischer Erkrankungen innerhalb weniger Jahre. Bei den 20- bis 24-Jährigen verdoppelte sie sich. Eine vergleichbare, jedoch statistisch nicht deutliche Zunahme ist auch bei den 20- bis 24-jährigen Frauen festzustellen, nicht jedoch bei anderen Altersgruppen. Zu diesen Befunden passt auch, dass junge Männer am häufigsten und die grössten Mengen Cannabis konsumieren sowie am häufigsten einen Mischkonsum aufweisen.
«Aus präventiver Sicht erscheint Cannabis weniger harmlos als gemeinhin angenommen», sagen die beiden Forscher Rössler und Ajdacic-Gross. Deshalb müsse seine Rolle als Risikofaktor für psychische Krankheiten, insbesondere für dafür anfällige Personen, neu eingeschätzt werden. Die Forscher empfehlen auch Menschen, die aufgrund einer familiären Belastung anfällig für psychische Krankheiten sind, besser auf Cannabis zu verzichten. Inwieweit der Mischkonsum mit Ecstasy und anderen amphetaminartigen Substanzen das Schizophrenierisiko weiter erhöht, bleibt noch zu untersuchen.
Die Studie von Professor Wulf Rössler und Dr. Vladeta Ajdacic-Gross wurde in der Fachzeitschrift «Schizophrenia Research» online veröffentlicht.
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