Ich finde man muss Christ sein, um sich überhaupt diesen Fragen stellen zu können. Denn wenn man glauben würde, wir müssen die Probleme alleine lösen – ich würde verzweifeln”, sagte der ehemalige Finanzminister inmitten der Flüchtlingskrise auf dem Evangelischen Kirchentag 2015 in Stuttgart. (evangelisch.de)
Schäuble war seit den 80er Jahren Bundesminister in verschiedenen Ressorts, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, CDU-Parteichef und von 2017 bis 2021 Bundestagspräsident. Der promovierte Jurist, der neben Rechts- auch Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, hatte 1984 als Bundesminister für besondere Aufgaben erstmals ein Regierungsamt übernommen. Als Bundesinnenminister verhandelte er 1990 maßgeblich die Staatsverträge zur deutschen Vereinigung.
In den 90er Jahren war er als Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag eine wichtige Stütze für Kanzler Helmut Kohl, doch nach der Wahlniederlage der Unionsparteien 1998 kam es zum Bruch. Im Zug der CDU-Spendenaffäre gab Schäuble nach nicht einmal anderthalb Jahren im Februar 2000 den Parteivorsitz auf und zog sich auch von der Spitze der Fraktion zurück. Er hatte zuvor eingeräumt, 1994 eine Barspende in Höhe von 100.000 DM vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber entgegengenommen zu haben.
2005 berief Angela Merkel Schäuble erneut zum Bundesinnenminister, 2009 wechselt er ins Finanzressort. In der zurückliegenden Wahlperiode von 2017 bis 2021 war Schäuble Bundestagspräsident.
Schäuble war der dienstälteste Abgeordnete der deutschen Parlamentsgeschichte seit 1871. Im November 1972 war der gebürtige Freiburger im Wahlkreis Offenburg erstmals in den Bundestag gewählt worden. Seit fast 50 Jahren hatte er ohne Unterbrechung das dortige Direktmandat inne.
„Jeder sollte die Bibel lesen“
Seit mehr als 30 Jahren war der evangelische Christ Schäuble vom dritten Brustwirbel abwärts gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen, nachdem am 12. Oktober 1990 ein psychisch kranker Attentäter bei einer Wahlkampfveranstaltung in Oppenau nahe Offenburg auf ihn geschossen hatte. Als Redner wirkte er bei mehreren evangelischen Kirchentagen mit. 2022 war er Schirmherr des Christival in Erfurt und hatte in einer Videobotschaft bekannt: „Der Glaube an Jesus kann ein großer Halt und Mutmacher sein.“
Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Schäuble 2017 gesagt, der christliche Glaube sei für ihn eine „Quelle der Vergewisserung und der Gelassenheit“. Er fühle sich dadurch „für die Widrigkeiten des Lebens besser ausgestattet“. Außerdem sagte der Politiker, die Bibel sollte „zum Handwerkszeug jedes Menschen gehören“, der mit Sprache und Politik zu tun habe. Sie sei „eines der wichtigsten Bücher unseres kulturellen Wissens“. Er sei „manchmal fassungslos“, wenn er feststelle, dass junge Menschen nicht mehr die Bedeutung von Feiertagen wie Karfreitag wüssten.
Die Bibel liefere zwar keine Gebrauchsanleitung für das politische Leben, aber sie gebe Orientierung. So lehre sie zum Beispiel „die Begrenztheit menschlicher Macht und damit die Absage an Fanatismus und Verabsolutierung. Die Bibel helfe auch, gelassen zu bleiben: „Wir treffen nur sehr vorläufige Entscheidungen, die immer wieder durchkreuzt werden. Wir sind zur Freiheit berufen“, sagte Schäuble. Er appellierte daran, dass jeder selbst die Bibel lesen sollte und „selbst darum ringen“ müsste. Jesus.de
