Pädagogik in der Arena- Deutschland sucht den Superlehrer für superdumme Kids.

"Für unser Projekt suchen wir
weiterhin aggressive und gewalttätige Jugendliche von 16 bis 21
Jahren." So der Münchner Privatsender SAT1 auf seiner Internetseite.
SAT1 springt damit auf einen Trend im Privatfernsehen auf, den die
Konkurrenz schon lange gewinnbringend ausschlachtet: Helptainment. In
Shows wie "Die Super-Nanny", "Teenager außer Kontrolle" oder "Die
Ausreißer" spielt sich RTL schon seit Jahren als Erzieher der Nation
auf, gibt vor, bei der "Generation Big Brother" das nachzuholen, was
viele Eltern bei ihren Sprösslingen versäumt haben. Bei SAT1 heißt die
Masche nun "Die Superlehrer" und "Jugendcoach Oliver Lück".
Beispiel
Marvin: 16 Jahre alt, leidet unter der Aufmerksamkeitsschwäche ADHS,
wird mit Medikamenten behandelt, hat den Hauptschulabschluss noch nicht
geschafft. Jetzt will er eine bessere Zukunft und ist bereit, dafür
sein Lebensleid an SAT1 zu verkaufen. Seine Eltern sind stolz auf ihn,
weil er ein bisschen zum SAT1-Programm gehört, und so viel
Aufmerksamkeit wie hier hat er schon lange nicht mehr bekommen.
Beispiel
Sebastian: Er ist 19 und braucht ein "Anti-Aggressions-Training", denn
er hat Angst, "dass ich mal einen Typen umbringe". Sozialpädagoge
Oliver Lück kümmert sich drum – und lässt ein Millionenpublikum daran
teilhaben.
In "Die Superlehrer" geht es um 16
Schulabbrecher, die nun an einer Kreuzberger Hauptschule als
"schlechteste Klasse Deutschlands" vier Monate nachsitzen. Darunter ein
Heimkind mit Alkoholproblem, ein 21-jähriger Straftäter, ein Dealer,
eine notorische Schulschwänzerin, die ihren Lehrer gern "Fotzensohn"
nennt. Vorgeführt werden Jugendliche, die keinen geraden Satz
herausbringen und sich mit Vorliebe ins Koma saufen.
Der
Vorsitzende des Philologenverbands Nordrhein-Westfalen, Peter
Silbernagel, kritisiert die "Verallgemeinerung und Verzerrung für den
Showeffekt". Krasse Einzelfälle, die "eigentlich viel sensibler
behandelt werden müssten", würden für die Quote in ein Fernsehformat
gepresst. "Superlehrer" Jürgen Volkmer widerspricht: "Wir spielen hier
nichts, sondern arbeiten genauso pädagogisch seriös wie sonst auch."
Die Illustrierte "Stern" urteilt: Die Privatsender zeigen zugespitzte
Doku-Soaps, die vielleicht der Quote helfen, "jedoch ganz bestimmt
nicht den Jugendlichen". Der Jugendmedienschutz kündigte eine
gründliche Prüfung der neuen Sendeformate an. Die Kommission könnte die
Shows beanstanden – bisher hat das allerdings kaum Wirkung gezeigt.

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