Warum ist das Christentum immer noch grundlegend für unsere Gesellschaft?

Nach der Erschütterung des 2. Weltkriegs hatten wir in Deutschland unsere Verfassung noch ausdrücklich unter die Verantwortung vor Gott als Leitmaß gestellt. Ein halbes Jahrhundert später war es nicht mehr möglich, die Verantwortung vor Gott als Maßstab in die europäische Verfassung aufzunehmen. Gott wird als Parteiangelegenheit einer kleinen Gruppe angesehen und kann nicht mehr als Maßstab für die Gemeinschaft im ganzen stehen. In diesem Entscheid spiegelt sich die Situation des Westens, in dem Gott eine Privatangelegenheit einer Minderheit geworden ist. Die Ideologie der absoluten Freiheit ist in einen Totalitarismus marxistisch geprägten Denkens umgeschlagen, die den Menschen die Würde raubt. Kulminiert ist diese Entwürdigung in einer Sexualität, die keine Tabus mehr kennt.
Eine Welt, die Gott nicht mehr als ihren tragenden Grund erkennt, ist sinnentleert. In ihr gewinnt das Böse absolute Macht. Die Heilige Schrift macht uns auch deutlich, dass das Böse nicht eine anonyme Macht oder gar Zufall ist, sondern personales Werk Satans. Aber dennoch gilt: “Das Christentum hat unser Gemeinwesen geprägt und durchdringt nahezu alle Bereiche der Gesellschaft. Auch wenn sich dessen viele gar nicht mehr bewusst sind. Am ehesten bemerkt man noch die ungezählten Redewendungen, wenn etwas „aus der Taufe gehoben“ wird oder „über den Jordan“ geht. 

Wenn ich das Ebenbild Gottes in jedem anderen Menschen sehe, kann und darf ich ihn weder diskriminieren, noch verfolgen oder anderweitig drangsalieren. Das zu verstehen und vor allem zu beherzigen, war ein langer Lernprozess auch für die Christen, der unter uns fehlerhaften Menschen natürlich nie ganz abgeschlossen sein wird. 

Aber in keiner anderen Wertewelt sind individuelle Freiheit, Fürsorge und Sicherheit so gut ausbalanciert, wie in der christlich geprägten westlichen. Jeder kann das Gedankenexperiment machen und sich vorstellen, wo auf der Welt in welcher Ordnung er lieber leben würde. 

Auch der säkulare Staat wurzelt in christlichem Grund: Mt 22,21 „So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist…“ Wir schieben selbst schlimmste Dschihadisten nicht ab, wenn ihnen Folter oder Todesstrafe drohen. Wie sind für Flüchtlinge aus aller Welt ein Ziel, weil jeder Mensch unabhängig von Herkunft, Neigung, Religion und Weltanschauung willkommen ist, Schutz findet und sicher vor Verfolgung ist. 

Der christliche Westen ist nicht perfekt, aber das von Jesus gesetzte Ideal anzustreben, macht unsere Gemeinwesen so attraktiv für Atheisten oder etwa Muslime, die hier oft sicherer und besser leben als in muslimisch geprägten Ländern.

Doch in Wahrheit durchwirken die christlichen Wertvorstellungen nahezu unser ganzes Weltbild, was nach 2000 Jahren Geschichte eigentlich nicht wirklich überraschend ist: Die Unantastbarkeit der Menschenwürde in Art. 1 unseres Grundgesetzes steht in direkter Linie zur Ebenbildlichkeit Gottes (Mt 24,40 Was du dem geringsten meiner Brüder getan hast, das hast du mir getan), unsere Justiz vergilt nicht Gleiches mit Gleichem, sondern hat Resozialisierung als Ziel, wie beim verlorenen Sohn und stellt auch Täter unter den Schutz, wie Gott den Brudermörder Kain. Das christliche Menschen- und Familienbild, die 7-Tage-Woche, unser Sozialstaat… – all das fußt in der christlichen Ideengeschichte, die älter ist und tiefer geht als Aufklärung oder französische Revolution…

Ich glaube aber, dass das Thema Lebensschutz in einem viel größeren Zusammenhang eine geradezu existenzielles Zukunftsthema sein wird und habe das deshalb im Buch auch ausführlich behandelt. Der derzeit diskutierte Bluttest zur Früherkennung von Trisomie 21 ist ja nur ein Vorgeschmack auf die analytischen Möglichkeiten der Zukunft. 

Es ist höchste Zeit, dass wir darüber nachdenken, wie wir damit umgehen, wenn etwa Allergien, Veranlagung zu Krebs- oder chronischen Erkrankungen vorab festgestellt werden können. Ermöglichen wir dann in all diesen Fällen Abtreibungen, damit nur möglichst perfekte Kinder zur Welt kommen? Wie gehen wir damit um, wenn künftig andere Gesellschaften durch solche Strategien leistungsfähiger werden als wir mit unseren ethischen Skrupeln? 

Die wirklichen Nagelproben für unser Wertesystem kommen erst noch.” Ralf Schuler und sein Buch „Lasst uns Populisten sein“

Kommentare

  1. Simon

    Urteilt nicht über andere, dann wird Gott euch auch nicht verurteilen! Richtet keinen Menschen, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden! Wenn ihr vergebt, dann wird auch euch vergeben.
    Lukas 6:37
    Und:
    Glücklich schätzen könnt ihr euch, wenn euch die Menschen hassen und aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, wenn sie euch verachten und Schlechtes über euch erzählen, nur weil ihr zum Menschensohn gehört. Lukas 6:22

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