O Haupt voll Blut und Wunden – Paul Gerhardt

1.O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn!
Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron!
Haupt, sonst schön gezieret mit höchster Ehr' und Zier,
jetzt aber höchst schimpfieret, gegrüßet sei'st du mir!

2.Du edles Angesichte, davor sonst schrickt und scheut
das große Weltgewichte, wie bist du so bespeit!
Wie bist du so erbleichet! Wer hat dein Augenlicht,
dem sonst kein Licht nicht gleichet, so schändlich zugericht't?

3.Die Farbe deiner Wangen, der roten Lippen Pracht
ist hin und ganz vergangen, des blassen Todes Macht
hat alles hingenommen, hat alles hingerafft,
und daher bist du kommen von deines Leibes Kraft.

4.Nun, was du, Herr, erduldet, ist alles meine Last;
Ich hab' es selbst verschuldet, was du getragen hast.
Schau her, hier steh' ich Armer, der Zorn verdienet hat;
Gib mir, o mein Erbarmer, den Anblick deiner Gnad'!

5.Erkenne mich, mein Hüter, mein Hirte, nimm mich an!
Von dir, Quell aller Güter, ist mir viel Gut's getan.
Dein Mund hat mich gelabet mit Milch und süßer Kost;
dein Geist hat mich begabet mit mancher Himmelslust.

6.Ich will hier bei dir stehen, verachte mich doch nicht!
Von dir will ich nicht gehen, wenn dir dein Herze bricht;
wenn dein Haupt wird erblassen im letzten Todesstoß,
alsdann will ich dich fassen in meinen Arm und Schoß.

7.Es dient zu meinen Freuden und kommt mir herzlich wohl,
wenn ich in deinem Leiden, mein Heil, mich finden soll.
Ach, möcht' ich, o mein Leben, an deinem Kreuze hier
mein Leben von mir geben, wie wohl geschähe mir!

8.Ich danke dir von Herzen, o Jesu, liebster Freund,
für deines Todes Schmerzen, da du's so gut gemeint.
Ach gib, dass ich mich halte zu dir und deiner Treu'
und, wenn ich nun erkalte, in dir mein Ende sei!

9.Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir;
wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür;
wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten Kraft deiner Angst und Pein!

10.Erscheine mir zum Schilde, zum Trost in meinem Tod,
und las mich sehn dein Bilde in deiner Kreuzesnot!
Da will ich nach dir blicken, da will ich glaubensvoll
dich fest an mein Herz drücken. Wer so stirbt, der stirbt wohl.

Text: Paul Gerhardt, 1607-1676
Melodie: Hans Leo Haßler, 1564-1612

Passende Bibelstellen:
Vers 1: Matthäus 27, 27-31 und Psalm 24, 7-10
Vers 2: Matthäus 26, 67 und Jesaja 53, 2-3
Vers 3: Johannes 19, 5 und Matthäus 27, 50
Vers 4: Johannes 19, 6-7 und Johannes 19, 15 und Jesaja 53, 4-7
Vers 5: Psalm 23, 1-6 und 2. Korinther 3, 17
Vers 6: Jesaja 53, 1 und Offenbarung 5, 12-13
Vers 7: Galater 2, 20 und Philipper 3, 10
Vers 8: 1. Korinther 15, 20-21 und Römer 8, 38-39
Vers 9: Hebräer 2, 14-15 und Hebräer 2, 17-18
Vers 10: Offenbarung 7, 17 und Hebräer 2, 9 und 1. Korinther 15, 26

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Ich stimme zu

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.