Der Prozess begann am Montag, 22.2.1943 um 10 Uhr. Den Angeklagten und ihren Pflichtverteidigern war keine Zeit geblieben, sich auf die Anklage vorzubereiten. „Tobend, schreiend, bis zum Stimmüberschlag brüllend, immer wieder explosiv aufspringend“, schilderte der Augenzeuge Leo Samberger den Präsidenten des Volksgerichtshofes Freisler, „der sich in der ganzen Verhandlung nur als Ankläger aufspielte und nicht als Richter zeigte.“ Die Pflichtverteidiger setzten sich während der dreieinhalbstündigen Verhandlung nicht ernsthaft für ihre Mandanten ein.Während der 23-jährige Familienvater Christoph Probst auf mildernde Umstände plädierte, entschieden sich Hans und Sophie Scholl für eine offensive Verteidigung. „Sie wissen so gut wie ich, daß der Krieg verloren ist. Warum geben Sie das nicht zu?“ hielt Sophie Scholl dem Richter vor. Auf die Frage Freislers nach dem Tatmotiv antwortete sie: „Einer muss ja doch schließlich damit anfangen. Was wir sagten und schrieben, denken ja so viele. Nur wagen sie nicht, es auszusprechen.“Kurz vor Ende der Verhandlung drangen die Eltern der Geschwister Scholl in den Sitzungssaal ein. Das Bemühen des Vaters, Robert Scholl, sich gegenüber dem Präsidenten des Volksgerichtshofs zugunsten seiner Kinder zu verwenden, wies Freisler zurück. Als er sie vom Gerichtsdiener aus dem Saal entfernen ließ, stieß der Vater hervor: „Es gibt noch eine andere Gerechtigkeit!“.Die Todesurteile wurden um 13:30 Uhr verkündet. Es waren drei von über fünftausend, die der Volksgerichtshof während der Präsidentschaft Freislers zwischen 1942 und 1945 verhängt
Die Vollstreckung erfolgte gegen 17 Uhr im Strafgefängnis München-Stadelheim. Sophie Scholl wurde unter Leitung von Reichsanwalt Alfred Weyersberg gemeinsam mit Hans Scholl und Christoph Probst von Scharfrichter Johann Reichhart mit der Fallschwertmaschine (Guillotine) hingerichtet. Am 19.4.1943 verurteilte Freisler in München beim zweiten Weiße-Rose-Prozess Willy Graf, Alexander Schmorell und Prof. Dr. Kurt Huber zum Tode, weitere Angeklagte erhielten Haftstrafen. Bis zum Kriegsende folgen weitere Prozesse.Volksgerichtshofpräsident Dr. Roland Freisler kam am 3. Februar 1945 in Berlin ums Leben, als die amerikanische Luftwaffe ihren bis dahin schwersten Angriff auf die Hauptstadt flog, bei dem siebenhundert Bomber für mehr als zwanzigtausend Menschen den Tod brachten.Johann Reichhart vollstreckte während der Weimarer Republik seit 1924 und der Zeit des Dritten Reiches etwas über 3.000 Todesurteile. Nach 1945 wurde er von der Militärregierung der USA in Deutschland einige Jahre weiterbeschäftigt und henkte 156 verurteilte Nazigrößen im Gefängnis Landsberg am Lech am Galgen. Er starb 1972.(georg-elser-arbeitskreis.de)
Ein neues Buch mit neuen Quellen über die gläubige Widerstandskämpferin:
„Seit 2005 sind dort aber die meisten Unterlagen, Briefe, Zeichnungen und Tagebucheinträge, die Inge Aicher-Scholl zeitlebens wie einen Schatz hütete, für Forschungszwecke abrufbar. Ein paar Tage verbringe ich dort und stoße unter Zehntausenden Kopien von Papieren auch auf einen scheinbar belanglosen Zettel, eine Art Karteikarte.
In zerlaufener Schrift listet sie seltsam akribisch ein paar Alltagsgegenstände auf. Erst auf den zweiten oder dritten Blick wird mir klar, dass es die Dinge sind, die die „am 22. Februar 1943 verstorbene Gefangene Scholl, Sophie“ bei sich trug, als sie sich in der Todeszelle auf ihr Ende vorbereitete: „1 Schachtel Streichhölzer, 1 Anklageschrift, 1 Stängelchen Schokolade“, ist auf der Karte zu lesen, die einer der Wärter geschrieben haben muss. Darüber der Stempel „Strafgefängnis München-Stadelheim“.
Und dann ist da noch „Gebäck“ notiert. Sophie Scholl trug es in ihrer Strickweste bei sich, als sie in den Tod gehen musste: Dieses Gebäck, es waren „Brötle“, wie die schwäbische Familie Scholl aus Ulm ihre selbst gemachten Plätzchen nannte.
„Brötle“ hatte Hans’ und Sophies Mutter oft für ihre Kinder gebacken, vor allem, um sie aufzuheitern oder zu trösten, wenn es ihnen schlecht ging. Und so hatte sie es auch am Abend vor der Hinrichtung ihrer Kinder getan. Mit den Plätzchen im Mantel gelang es Mutter und Vater Scholl am 22. Februar 1943, Hans und Sophie ein letztes Mal zu sehen.
Das letzte Gespräch mit der Mutter
Im Besuchszimmer des Gefängnisses Stadelheim beugte sich die Mutter über ein Geländer, das sie von ihren Kindern trennte, und reichte ihnen die „Brötle“. Sophie nahm sie mit einem Lächeln entgegen: „Ich habe ja noch gar nicht zu Mittag gegessen“, sagte sie und steckte die Plätzchen in ihre Tasche.
Die Mutter kämpfte darum, so gefasst wie ihre Tochter zu bleiben. Sie flüsterte mit ihr, wie es zwei Menschen tun, die eine feste Verabredung haben und sich noch ein letztes Mal versichern wollen, sie auf jeden Fall einzuhalten: „Gell, Sophie, Jesus!“. Da entgegnete ihre Tochter mit Nachdruck in ihrer Stimme: „Ja, Mutter, aber du auch!“
„Ach Mutter, die paar Jährle noch …!“
Dann fragte Magdalena Scholl ihre Sophie noch: „Mein Liebes, wirst du denn nun nie mehr bei mir zur Tür hereinkommen?“ Da antwortete ihre Tochter, der nur ein letzter Augenblick blieb: „Ach Mutter, die paar Jährle noch …!“ Zwei Stunden später, um Punkt 17 Uhr, legten die Scharfrichter erst Sophie, dann Hans, dann deren Mitstreiter Christoph Probst unter die „Fallschwertmaschine“.
Inge Aicher-Scholl hielt auch diese Momente in ihren Erinnerungen an München fest. Sie schrieb von der „wundersamen Bereitschaft, mit der sich Sophie von ihrem Leben löste“, von ihrem „strahlenden Lächeln, als schaue sie in die Sonne“. Und: „Ich sehe das verklärte Angesicht Sophies in dieser Stunde, das noch einmal in seinen Jugendfarben seltsam schön und lebendig leuchtete.“
Henker über Sophie Scholl: „Ich habe noch nie jemanden so sterben sehen“
Dann drängten schon die Wächter. Doch selbst die waren beeindruckt von der Würde der drei Studenten. Und von dem in seinem Mut so erwachsenen Mädchen. „Ich habe noch nie jemanden so sterben sehen“, sollte der Henker Johann Reichhart, der 3000 Menschen in der Nazizeit köpfte, später über Sophie Scholl sagen. Mit einer „kindlich festen Bereitschaft“ sei sie mit ihrem Bruder „zu dieser Tür gegangen, durch die sie dann allein hat gehen müssen“, schrieb Inge Aicher-Scholl.“
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