Das Gleichnis vom Bambus (Eine Geschichte gegen das moderne Liebe-dich-selbst-und fühl-dich-wohl-Christentum)

 Das Gleichnis vom Bambus

Es war einmal ein wunderschöner Garten, der lag im Westen des Landes mitten in einem großen Königreich. Dort pflegte der Herr des Gartens in der Hitze des Tages spazierenzugehen. Ein edler Bambusbaum war ihm der schönste und liebste von allen Pflanzen, Bäumen und Gewächsen im Garten. Jahr für Jahr wuchs dieser Bambus und wurde immer anmutiger. Er wusste es wohl, dass der Herr ihn liebte und seine Freude an ihm hatte. Eines Tages näherte sich der Herr nachdenklich seinem geliebten Baum, und in einem großen Gefühl der Verehrung neigte der Bambus seinen mächtigen Kopf zur Erde. Der Herr sprach zu ihm: „ – Lieber Bambus, ich brauche dich!“ Es schien, als sei der Tag aller Tage gekommen, der Tag, für den der Baum geschaffen worden war. Der Bambus antwortete leise: „ – Ich bin bereit, gebrauche mich, wie du willst.“
„ – Bambus“, die Stimme des Herrn war ernst, „um dich gebrauchen zu können, muss ich dich beschneiden.“
„ – Mich beschneiden? Mich, den du, Herr, zum schönsten in deinem Garten gemacht hast? Nein, bitte das nicht, bitte nicht! Verwende mich doch zu deiner Freude, Herr, aber bitte, beschneide mich nicht!“
„ – Wenn ich dich nicht beschneide, kann ich dich nicht gebrauchen.“
Im Garten wurde es ganz still. Der Wind hielt den Atem an. Langsam beugte der Bambus seinen herrlichen Kopf. Dann flüsterte er:
„ – Herr, wenn du mich nicht gebrauchen kannst, ohne mich zu beschneiden, dann – tue mit mir, wie du willst, und beschneide mich.“ Doch dann rief er laut: „ – Ach, Herr, davor bewahre mich! Zerstöre meine Schönheit, aber lass mir doch bitte Blätter und Äste!“
„ – Wenn ich sie dir nicht abhaue, kann ich dich nicht gebrauchen.“
Die Sonne versteckte ihr Gesicht. Ein Schmetterling flog ängstlich davon. Und der Bambus, zitternd vor Erwartung dessen, was auf ihn zukam, sagte leise: „ – Herr schlage sie ab.“
„ – Mein Bambus, ich muss dir noch mehr antun, ich muss dich mitten durchschneiden, und muss dein Herz herausnehmen. Wenn ich das nicht tue, kann ich dich nicht gebrauchen.“
Da neigte sich der Bambus bis zur Erde: „ – Herr, schneide und teile!“
So schnitt der Herr des Gartens den Bambus, hieb seine Äste ab, streifte seine Blätter ab, teilte ihn in zwei Teile und schnitt sein Herz heraus: Dann trug er ihn dahin, wo schon aus einer Quelle frisches, sprudelndes Wasser sprang, mitten in die trockenen Felder. Dort legte der Herr vorsichtig den Bambus auf den Boden. Das eine Ende des abgeschnittenen Stammes verband er mit der Quelle, das andere Ende führte er zu der Wasserrinne im Feld. Das klare, glitzernde Wasser schoss durch den zerschlagenen Körper des Bambus in den Kanal und floss auf die dürren Felder, die so darauf gewartet hatten. Dann wurde der Reis gepflanzt, und die Tage vergingen, die Saat ging auf, wuchs, und die Erntezeit kam, und sie brachte eine große Ernte ein.

* * *

Auch durch dein Leben können Ströme des lebendigen Wassers fließen. Lass dich von deinem Schöpfer formen, gestalten, reinigen. Weihe dich ihm restlos. Übergebe ihm deine Wünsche, Talente, Pläne, Gesundheit, Familie, dein Vermögen, ja alles was du hast und bist. Dann wirst auch du zu seiner Ehre brauchbar sein, und mehr Frucht bringen.
Lies betend Johannes 15, 1 – 5 und 8:
„Ich bin der rechte Weinstock, und mein Vater der Weingärtner. Eine jegliche Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jegliche, die da Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibet in mir, und ich in euch. Gleichwie die Rebe kann keine Frucht bringen von ihr selber, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun. . . . Darin wird mein Vater geehrt, dass ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger.“

Autor unbekannt

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