Das Kirchenlied Amazing Grace ist 250 Jahre alt – und wurde vom einstigen Kapitän eines Sklavenschiffs geschrieben.

Der 1725 in London geborene John Newton textete in Amazing Grace über sein Leben: Er war als Teenager in die Fußstapfen seines Vaters getreten und zur See gefahren, hatte getrunken, geflucht, kein Interesse an Religion und Glauben gehabt. Zur Bekehrung kam Newton erst – so erzählt es Steve Turner in seinem maßgebenden Buch „The Story of America’s Most Beloved Song: Amazing Grace“ – als er 1748 im Alter von 22 Jahren mit seinem Schiff „Greyhound“ vor Irland in einen wilden Sturm geriet. Das Unwetter wütete beinahe zwei Tage und brachte die „Greyhound“ fast zum Sinken.
Newton habe in seiner Angst Gott angerufen und beschlossen, künftig so zu leben, „als ob das Evangelium wahr ist“, schrieb Turner. Damit habe ein langer Prozess der Bekehrung begonnen. Mit der Abwendung von Sklaverei hatte das aber erst einmal nichts zu tun. Die weiße Christenheit in Europa und in den USA wollte zu dieser Zeit die Versklavung von Menschen aus Afrika als „von Gott gewollt» sehen. In den USA blieb diese Haltung weit in das 19. Jahrhundert hinein erhalten. Der Handel mit versklavten Menschen war ein großes Geschäft.
Zwei Jahre nach seiner Errettung von der „Greyhound“ übernahm Newton das Kommando der „Duke of Argyle“, die von Oktober 1750 bis Mai 1751 insgesamt 174 Afrikaner verschleppte. 28 starben bei der Überfahrt, wie Turner dokumentiert.

In seinem Buch „Thoughts Upon the African Slave Trade“ (Gedanken zum afrikanischen Sklavenhandel) beschrieb Newton 1788 die Zustände an Bord der Sklavenschiffe: Die Gefangenen wurden unter Deck so zusammengekettet, dass sie sich kaum bewegen konnten. „Ich habe gesehen, wie sie mit erbarmungslosem Auspeitschen bestraft wurden, bis die armen Kreaturen nicht einmal mehr stöhnen konnten“, schrieb Newton über Folterungen und Strafmaßnahmen bei Gefahr eines Aufstandes an Bord. Sein Herz „erschaudere“ beim Gedanken, selber am Sklavenhandel mitgewirkt zu haben.

Aus gesundheitlichen Gründen konnte Newton nach 1754 nicht mehr zur See fahren und wollte Ernst machen mit seinem Glauben. Er bekam eine Kirchengemeinde in dem mehrere tausend Einwohner zählenden Ort Olney zugewiesen.

In England gewann gegen Ende des Jahrhunderts die Bewegung gegen Sklaverei an Stärke. 1807 wurde der Sklavenhandel schließlich verboten. Im selben Jahr starb Newton. (pro-medienmagazin)

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