Nirgends Glocken.
Kein Fest. Keine bunten Geschenke. In jeder Hinsicht lief auch
damals alles ziemlich chaotisch.
Stellen Sie sich vor, eine Frau ist im neunten Monat schwanger –
und das Finanzamt fordert sie plötzlich auf, an ihrem Geburtsort
zu erscheinen. Über alle Berge, weit entfernt vom Arzt, ihrer
Mutter, dem trautem Heim … nur um mit ihrem Mann in einer
langen Schlange zu stehen, einige bürokratische Formulare
auszufüllen und Steuern zu zahlen.
Und als sie in dieser fremden Stadt ankamen, waren noch dazu
alle Hotels ausgebucht. „Belegt“ stand an jeder Strassenecke.
Der frustrierte Ehemann fand endlich einen alten Schuppen in
irgendeiner Gasse, wo sie wenigstens ein Dach über dem Kopf
hatten. Es muss schlimm gewesen sein – am Ende der
Belastbarkeit. Als sie anfing zu weinen, schloss er sie in seine
Arme und sagte leise: „Es tut mir so Leid, Liebling. Ich weiss,
dass es sehr schwierig ist, aber wir werden mit dieser Situation
irgendwie zurechtkommen.“
Und tatsächlich, die Wehen setzten ein. Kein klinisch
sauberer Kreisssaal, keine Hebamme. „Und sie brachte ihr
erstes Kind – einen Sohn – zur Welt. Sie wickelte ihn in Windeln
und legte ihn in eine Futterkrippe in einem Stall, weil sie in dem
Gasthaus keinen Platz bekommen hatten.“ Lukas-Evangelium
2,6-7
Was Maria und Joseph nur teilweise ahnten – und was wir heute
allzu leicht übersehen – ist, dass es zu Weihnachten eigentlich
überhaupt nicht darum geht, alle Randbedingungen perfekt zu
haben. Genau das Gegenteil scheint gefragt zu sein: Gott kommt
in eine missratene Welt und will ihr auf unkonventionelle Weise
eine echte Chance geben, wieder in Ordnung zu kommen. Auch
die meisten Bewohner von Bethlehem hatten damals in dieser
Nacht überhaupt nichts mitbekommen. Sie hatten keine Ahnung,
dass das Baby, das zu dieser ungelegenen Zeit an einem
ungeeigneten Ort zur Welt kam, ein Bote vom Himmel war.
„Und doch kann nur der Menschensohn, der vom Himmel
gekommen ist, vom Himmel sprechen… Denn Gott hat die
Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie
hingab. Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht verloren gehen,
sondern das ewige Leben haben. Gott hat nämlich seinen Sohn
nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten,
sondern um sie vor dem Verderben zu retten.“ Johannes-
Evangelium 3,13.16-17
Es hat eine Weile gedauert, bis die Menschen in der Gegend
mitbekamen, was es mit Jesus auf sich hatte – es waren über 30
Jahre. In Mitteleuropa vergingen mittlerweile 2000 Jahre – viele
haben es bis heute nicht verstanden. Auch damals dachten
manche, dass Marias Baby einfach ein gewöhnlicher Junge war,
der einen schwierigen Anfang überlebt hat. Für viele ist Jesus ein
Baby – bis heute. Der damalige König, Herodes der Grosse,
hingegen hörte, dass Jesus für grosse Dinge vorgesehen war.
Deshalb hat er alles getan um ihn zu beseitigen. In einer brutalen
„ethnischen Säuberung“ liess er alle männlichen Babys in
Bethlehem töten – aber er verfehlte Jesus, weil seine Eltern mit
ihm auf eine Weissagung hin bereits nach Ägypten geflohen
waren. Jesus wuchs mit seinen Geschwistern auf, lernte in der
Schreinerei seines Vaters und verblüffte gelegentlich Theologen
mit ungewöhnlichem Einblick in die heiligen Schriften. Erst mit
etwa 30 fing er an zu reisen und zu lehren – erst da begriffen
etliche Menschen seine Mission. Einige faszinierende Berichte
über ihn kamen in Umlauf.
„Alle Menschen, die mir der Vater gibt, werden zu mir kommen,
und keinen von ihnen werde ich zurückstossen. Denn ich bin
nicht vom Himmel gekommen, um zu tun, was mir gefällt,
sondern um den Willen des Vaters zu erfüllen, der mich gesandt
hat… Denn nach dem Willen meines Vaters wird jeder, der den
Sohn sieht und an ihn glaubt, für immer leben.“ Johannes-
Evangelium 6,37-38,40 Jesus ruft Ihnen dieses Jahr zu
Weihnachten zu: „Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht
und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Frieden geben.
Nehmt meine Herrschaft an und lebt darin! Lernt von mir! Ich
komme nicht mit Gewalt und Überheblichkeit. Bei mir findet ihr,
was eurem Leben Sinn und Frieden gibt. Ich meine es gut mit
euch und bürde euch keine unerträgliche Last auf.“ Matthäus-
Evangelium 11,28-30 Das sind willkommene Worte, nicht nur für
unterdrückte Menschen im Nahen Osten in einem vergangenem
Jahrtausend. Das zu lesen tut auch uns moderne Mitteleuropäer
gut, gerade nach der hektischen Vorbereitung für diese
weihnachtlichen Festtage.
Was ist das Wichtigste, das wir von diesem besonderen
Weihnachtsgast lernen können? Wie können wir von diesen
Frieden profitieren?
Dafür wäre es gut, wenn wir verstehen:
Gott ist nicht unser Feind. Er sorgt sich so sehr um uns, dass
er seinen eigenen Sohn als Weihnachtgeschenk schickte,
damit wir in dieser Welt sehen können, wie real Gott ist.
Das bedeutet aber auch, dass nicht alles Gold ist, was
glänzt. Da gibt es ein ernstes Problem. Man könnte es
menschliche Entfremdung, Sturheit, Eigenwilligkeit oder auch
Bosheit im Menschen nennen. Oder bezeichnen wir es
einfach mit dem altbekannten, oft unbeliebten Wort: „Sünde“.
Blicken wir dem offen ins Auge.
Die Lösung für dieses Problem kann leichter gefunden
werden, wenn wir nicht mehr um den heissen Brei herum
reden und uns eingestehen, dass wir Gottes Hilfe und
Vergebung brauchen. Wir könnten das etwa so ausdrücken:
„Gott, wir können dankbar sein, dass du Jesus als das
eigentliche Weihnachtsgeschenk in die Welt gesandt hast
und durch ihn einen echten Weg zu einem persönlichen
Frieden zeigst. Wir brauchen wohl Hilfe, um unsere
Eigenwilligkeit, unsere Entfremdung von dir, Gott, und der
Beschwernis durch die „Sünde“ objektiver zu verstehen …“
So einfach kann man mit Gott ins Gespräch kommen. Das
befreit die Seele von vielem, was einen so alles bedrückt.
Dazu muss man nicht an einem besonderen Ort sein, wie in
einer Kirche oder beim Pfarrer. Gott hört Ihnen auch unter
der Dusche, im Auto oder draussen im Park zu – der Ort ist
wirklich ganz egal. Probieren Sie es einfach mal!