Es braucht mal ein wenig Aufklärung über die “Aufklärung”.

„Der Begriff ‚Aufklärung‘ wurde von Gegnern des Christentums erfunden, um den Eindruck zu erwecken, die Christen seien naiv und intolerant, und im 18. Jahrhundert sei dagegen schließlich langsam die Vernunft zur Geltung gebracht worden, was zur Entstehung der Naturwissenschaft, zu Fortschritten in der Philosophie und zur Religions- und Meinungsfreiheit geführt habe. Die sich selbst als ‚Aufklärer‘ Bezeichnenden wollten sich als epochemachend stilisieren.
Die angeblichen Errungenschaften der Aufklärung wurden größtenteils von anderen errungen.“ Prof. Dr. Dr. von Wachter

Manfred Lütz weist in diesem Zusammenhang noch auf andere interessante Aspekte hin.
Der Aufklärung wird, wie erwähnt, oft eine Vorbildrolle in Sachen Toleranz unterstellt. Schon der Ausruf Voltaires „Rottet sie aus, die Verruchte“ Kirche) spreche aber nicht für milde Gewaltlosigkeit. Auch der aufklärerische Staat sei gefährdet gewesen, in unterschiedlichen Bereichen in Toleranzzwang zu verfallen. In der „Bibel“ der Aufklärer, der französischen Encyclopédie, heiße es unter dem Stichwort
Toleranz: „Was hätten wir einem Fürsten in Asien oder in der neuen Welt vorzuwerfen, wenn er den ersten christlichen Missionar, den wir zu ihm schicken, um ihn zu bekehren, aufhängen ließe.“ Und Rousseau habe für alle, die einer aufgeklärten Herrschaft zu folgen nicht bereit gewesen seien, die Todesstrafe gefordert. Voltaire schließlich werfe die neuere Forschung vor, „die Grundzüge einer Rhetorik des
säkularen Antisemitismus bereitgestellt“ zu haben.
Auch in Bezug auf die Sklaverei gab es genügend zweifelhafte Aussagen von Aufklärern, so z.B. von Montesquieu, Thomas Hobbes, John Locke, David Hume, Graf Mirabeau und Voltaire. Ebenso war die Haltung etlicher Aufklärer in Bezug auf die Juden nicht gerade von Toleranz geprägt. Was die Aufklärung wollte, nämlich Toleranz
und Humanität, habe sie aus eigener Unduldsamkeit, ja aus Fanatismus teilweise selbst wieder verschüttet. Moderne Historiker kämen so zu dem erschreckenden Ergebnis, dass das historische Schreckensregiment der Französischen Revolution von der Aufklärung gezehrt habe.
Aus alledem folgt nun selbstverständlich nicht, dass die Vernunft zwangsläufig etwas Negatives ist. So berief sich Luther z.B. beim Wormser Reichstag 1521 darauf. Er wandte sich aber generell vehement gegen die von Gott losgelöste Vernunft. Auch war die Zeit vor der Aufklärung nicht unvernünftig. Der Unterschied lag jedoch darin, dass die Vernunft noch weitgehend der Offenbarung Gottes in der Bibel unterstand und daher die „Magd der Theologie“ war, während ihr in der Aufklärung sehr viel – auch Grundlegendes – zugetraut wurde. Man darf bei aller Vernunftkritik auch
nicht ins Gegenteil verfallen, wie teilweise in der Postmoderne, wo die Vernunft geradezu denunziert wird. Wer aber die Grenzen der gefallenen Vernunft erkennt, widersteht
hoffentlich der Versuchung, sie zum Maßstab zu machen, an dem man die Offenbarung misst.
Die Aufklärung hatte durchaus ihre Verdienste, die nicht kleingeredet werden dürfen, aber ihre Bedeutung insgesamt sollte realistisch eingeschätzt werden:
„Denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtig zur Zerstörung von Festungen, indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich
erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus“ (2Kor 10,4.5).

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