Was steht jetzt eigentlich so alles drin im Koran?

Korandrucke werden kunstvoll gestaltet und sehen schön aus. Die
Rezitation des Korans (auf Deutsch: Lesung, Vortrag) auf Arabisch ist
beeindruckend. Doch wer versteht seinen Inhalt? Für gläubige Muslime ist
der Koran die Offenbarung Allahs (also Gottes nach islamischem
Verständnis). Muslimische Gelehrte haben früh versucht, mit
verschiedenen Methoden alle Probleme des Textes zu erklären. Dabei
griffen sie zurück auf die recht fragwürdigen Hadithe („Nachrichten“ vor
allem über den Propheten Mohammed). Durch diesen „Auslegungsschlüssel“
ist das Verständnis des Korans weitgehend festgelegt worden.
Der unvoreingenommene Koranleser kann sich damit nicht zufriedengeben.
Zum inhaltlichen Verständnis muss er sich mit der religiösen und
politischen Geschichte des Nahen Ostens im 7. Jahrhundert nach Christus
und mit der Geschichte des frühen Islams beschäftigen. Denn der Koran
ist ein sehr irdisches Buch. Er spiegelt einen religiösen und
politischen Prozess wider, in dem sich die zentralarabischen Stämme vom
Heidentum lossagten, manche Glaubensinhalte und Praktiken aus dem
Judentum und dem Christentum entlehnten, diese aber umdeuteten, um einem
typisch „arabischen Eingottglauben“ zu folgen. Er wurde die
Gemeinschaftsreligion eines neuen Großstaates. Dieser Prozess verlief
konfliktreich und blutig, wurde aber vom Koran göttlich sanktioniert.
Der Koran ist somit die Urkunde der religiösen und politischen
Emanzipation der Araber von den umgebenden Völkern, Kulturen und
Religionen.

Der Koran: Eine Anrede an eine anonyme Person

Der Koran besteht aus 114 Suren (Abschnitten), die unterschiedliche
Namen tragen (Sure 2 heißt etwa „Die Kuh“, 22 „Die Wallfahrt“, 48 „Der
Erfolg“). Formal ist der Korantext weitgehend eine Anrede Allahs an eine
anonyme Person, in der die muslimische Tradition den Propheten Mohammed
(ca. 570–632) sieht (Sure 96,1–3). Der Text enthält zahlreiche
Anspielungen auf die Lebensgeschichte dieser Person (93, 6–8; 33,53) und
seine – teilweise kämpferischen – Auseinandersetzungen mit
verschiedenen Gegnern und Feinden.

Weder chronologisch noch thematisch geordnet

Es ist mühsam, den Koran zu lesen, da die Suren weder chronologisch noch
thematisch, sondern nach Länge angeordnet sind. Zudem stammen die Texte
aus unterschiedlichen Lebenssituationen seines Verkündigers: Die frühen
Texte lassen sich seiner religiös und friedlich geprägten Wirkungszeit
in Mekka zuordnen (nach der Tradition die Jahre 610 bis 622 n. Chr.).
Die späteren Texte (nach Mohammeds Flucht – der Hidschra – 622 nach
Medina) atmen hingegen den Geist des politischen und militärischen
Kampfes. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der Koran zahlreiche
Widersprüche enthält. Da die Texte in knapper und vager Reimprosa
verfasst sind, lassen sie viele Deutungsmöglichkeiten zu. Insofern ist
es problematisch, aus dem Koran grundsätzliche Aussagen etwa zum
Gottesglauben, zum Menschenbild, zur Lebensgestaltung oder zur
Menschheitsgeschichte herauszuarbeiten, da hinter vielen Texten heftige
Kontroversen sichtbar werden. Die heute vertretene muslimische Lehre,
kultische Praxis und Rechtsauffassung decken sich außerdem nur zum Teil
mit den Aussagen des Korans.

Die Endzeitkatastrophe: das ewige Feuer

Die frühen Korantexte kündigen das Gericht Allahs über die egoistisch
und materialistisch lebenden Menschen an (Sure 82). Die
Endzeitkatastrophe wird in drastischen Bildern geschildert (Sure 101:
„ein glühendes Feuer“; 69,13–27). Konsequenterweise verkündigt der Koran
eine allgemeine Auferweckung der Toten, damit Allah alle Menschen zur
Rechenschaft ziehen kann (79,6–14). Er fällt die Entscheidung über
Paradies und Hölle. Die gottlosen Menschen können in diesem Gericht
nicht bestehen – ihr Ende ist im ewigen Höllenfeuer (102,6).

Islam bedeutet Unterwerfung und Gehorsam

Zahlreiche Texte preisen die Einheit, Allmacht und Barmherzigkeit
Allahs, nennen seine verschiedenen Namen (Herr, König usw.) und loben
ihn als Schöpfer und Erhalter des Seins (2,255). Dabei beinhaltet die
Betonung der „Einsheit“ Allahs eine polemische Spitze gegen den
heidnischen Glauben an viele Gottheiten und auch gegen das christliche
Bekenntnis zu Jesus Christus als Sohn Gottes bzw. zur Dreifaltigkeit
Gottes (Sure 112,3: „Er hat nicht gezeugt, und er ist nicht gezeugt
worden“; 5,73). Gerühmt wird die Größe Allahs als unumschränkter
Schöpfer (35,1), Erhalter (35,41) und Richter. Er bestimmt alles (8,17),
gegen ihn kann niemand etwas ausrichten. Er fordert vom Menschen
bedingungslose Hingabe, Unterwerfung und Gehorsam – genau das ist auch
die Bedeutung des Wortes „Islam“. Gleichzeitig wird Allah als der
„Allerbarmer“ gepriesen. In seinem Namen werden alle Suren gelesen, jede
Sure beginnt mit der Formel „Im Namen Gottes, des Erbarmers, des
Barmherzigen.“. Er gewährt den Menschen ihren Lebensunterhalt, beschützt
sie und zeigt ihnen im Koran den rechten Weg zum Paradies (1,6–7). Der
Koran verkündigt Allah als den von allem Menschlichen getrennten,
absolut freien und gleichzeitig großzügigen Herrn.

Was vom Menschen verlangt wird

Zahlreiche Texte zählen die Inhalte des muslimischen Glaubens auf:
Muslim ist, wer an Allah glaubt, an die von Allah gesandten Propheten
und Boten, an den Koran und die früheren Offenbarungen, an die Engel, an
die Vorherbestimmung und das Endgericht (4,136; 2,3–4; 2,177; 2,285).
Zahlreiche Texte führen die kultischen Pflichten auf (z. B. 2,177:
Gebete verrichten, die Armen und Gefangenen unterstützen) sowie sonstige
Gebote und Verbote (17,22–37: Verbot von Mord, Ehebruch, Diebstahl).

Frauen stehen grundsätzlich unter den Männern

In verschiedenen Zusammenhängen wird das Menschenbild des Korans
deutlich. Der Mensch ist Diener Allahs, um die Erde zu verwalten (2,30
f.). Dabei stehen die Frauen grundsätzlich unter den Männern (4,34). Der
Mensch ist von Natur schwach (4,28) und neigt zur Übertretung der
Gebote Allahs – er ist aber fähig, das Gute und Richtige zu tun. Der
Mensch sündigt nicht gegen Allah, sondern (schon im Paradies.) gegen
sich selbst (7,23) und verliert dadurch sein Leben. Als schlimmste Sünde
gilt, neben Allah andere Gottheiten zu verehren (4,48). Der Mensch kann
seine Sünden durch Beten, Fasten – d. h. durch „islamisches“ Verhalten –
ausgleichen (Sure 101,6–9: „Wer dann schwere Waagschalen hat, der wird
ein zufriedenes Leben haben. Und wer leichte Waagschalen hat, der wird
zur Mutter einen Abgrund haben.“) und deshalb auf Allahs Gnade im
Gericht hoffen (2,38). Eine Gewissheit darüber würde jedoch der Freiheit
Allahs widersprechen (2,284). Der Glaubende bleibt also in Unsicherheit
bis zu seinem Tod. Im Gericht ist Fürsprache ausgeschlossen (82,19).
Der Koran verkündigt Allah als einen gerechten Richter über die Taten
und Untaten des Menschen (31,16).

Nach dem Koran war auch Jesus ein Muslim

Der Koran projiziert seine Verkündigung in die Vergangenheit zurück:
Alle gottesfürchtigen Menschen waren demzufolge Muslime, z. B. Abraham,
der als Musterbeispiel eines vorbildlichen Muslims gilt, weil er seine
Zeitgenossen zum Glauben an Allah aufrief (Sure 29,16–18). Alle früheren
Propheten – Noah, Mose, David – waren Muslime und verkündigten nichts
anderes, als was im Koran steht. Allah schickte immer wieder Propheten
(33,7) und Gesandte (2,285), um die Menschen zum Islam zu rufen. Nach
dem Koran war auch Jesus ein Muslim und Gesandter Allahs (4,171); er war
also nicht Sohn Gottes und starb auch nicht am Kreuz (4,157). Er hat
sogar einen Nachfolger angekündigt (61,6), was auf Mohammed gedeutet
wird. Dieser gilt als der letzte Gesandte Allahs (33,40). Alle Menschen
müssen Mohammeds Botschaft glauben und ihm gehorchen (24,54).

Die Überlegenheit des Islams

Damit spricht der Koran die Überlegenheit des Islams über die früheren
Glaubensweisen aus, denn die Muslime sind die beste Gemeinschaft (Sure
3,110). Da sich der Islam bereits in Medina (einer Stadt in
Saudi-Arabien) zu einem Herrschaftssystem entwickelt hatte, wird hier im
Kern die Herrschaft des Islams über die ganze Welt formuliert (vgl.
61,9).

Juden und Christen werden verflucht

Der Koran enthält zahlreiche Verfluchungen der Gegner des Islams. Juden
und Christen (die „Schriftbesitzer“) werden verdächtigt, ihre heiligen
Bücher nicht richtig zu zitieren bzw. Texte zu „verheimlichen“ – und
werden dafür verflucht (Sure 2,159: „Diejenigen, die verschweigen, was
wir an deutlichen Zeichen und Rechtleitung hinabgesandt haben … diese
wird Gott verfluchen, und verfluchen werden sie auch die Fluchenden“).
Noch schärfer sind Texte, die Juden und Christen vorwerfen, Menschen zu
„Söhnen Gottes“ erhoben zu haben (Sure 9,30): „Die Juden sagen ‚‚Uzayr
ist Gottes Sohn‘. Und die Christen sagen: ‚Christus ist Gottes Sohn …
Gott bekämpfe sie. Wie leicht lassen sie sich doch abwenden. (31) Sie
nahmen sich ihre Gelehrten und ihre Mönche zu Herren neben Gott, sowie
auch Christus, den Sohn Marias. Dabei wurde ihnen doch nur befohlen,
einem einzigen Gott zu dienen. Es gibt keinen Gott außer ihm. Preis sei
ihm. Erhaben ist er über das, was sie (ihm) beigesellen.“ Der Koran
fordert Allah auf, gegen sie zu „kämpfen“ und sie zu bestrafen. Es sind
solche Texte, die heute die Sicht vieler islamistischer Fundamentalisten
auf Nichtmuslime prägen.

Die Blutrache wird vorgeschrieben

Der Koran enthält „Rechtsvorschriften“, die sich mit einer Rechtsordnung
nach unserem Verständnis nicht vertragen. In den muslimischen
Rechtsschulen werden solche Anweisungen unterschiedlich „streng“
ausgelegt: Moderate Muslime wollen sie nicht mehr angewandt wissen, aber
Fundamentalisten fordern ihre wörtliche Befolgung. Viele Vorschriften
basieren auf konkreten geschichtlichen Anlässen in der Entstehungszeit
des Islams – sie lassen sich keinesfalls wörtlich in die heutige Zeit
übernehmen. So soll etwa einem Dieb die Hand abgehackt werden (Sure
5,38): „ … und hackt dem Dieb und der Diebin die Hände ab zur Vergeltung
… dies als abschreckende Strafe vonseiten Gottes“. (Im nächsten Vers
heißt es übrigens geradezu zynisch: „Wenn aber einer … umkehrt und
Besserung zeigt, wird Gott sich gewiss ihm zuwenden.“ Die abgehackte
Hand dürfte davon allerdings nicht wieder anwachsen.) Die Blutrache wird
vorgeschrieben bzw. erlaubt mit der Möglichkeit, Blutgeld zu zahlen
(2,178: „der Freie für den Freien“; 17,33). Bis heute führt diese Regel
in muslimischen Gesellschaften zu blutigen Fehden.

Frauen dürfen gezüchtigt werden

Der Koran erlaubt Männern, ihre Frauen körperlich zu züchtigen, wenn sie
ihnen nicht gehorchen (4,34: „Entfernt euch von ihnen in den
Schlafgemächern und schlagt sie“). Den Frauen wird befohlen, sich in der
Öffentlichkeit zuchtvoll zu kleiden („ihre Scham zu bewahren“) und
ihren Schmuck nicht zu zeigen (24,31). Aus Anweisungen wie Sure 33,59
(„etwas von ihrem Überwurf über sich herunterziehen“) eine
Ganzkörperverhüllung abzuleiten, ist allerdings weit hergeholt.

Wer vom Islam abfällt, dem droht die Hölle

Der Koran verurteilt scharf den Abfall vom Islam (16,106; 3,85–91;
2,217): Den Abtrünnigen werden der Fluch Allahs und die Höllenstrafe
angedroht. Im Koran ist allerdings nicht eindeutig, ob das die
muslimische Gemeinschaft zum Töten des Abtrünnigen berechtigt, wie das
später die Rechtsschulen festgelegt haben. Der Koran verbietet außerdem
Nichtmuslimen, Menschen vom Islam abzuhalten oder Muslime zum Abfall zu
verführen (8,39; 2,191; 2,217). Auch hier ging es um konkrete
Situationen zur Zeit Mohammeds. Heute fordern Fundamentalisten jedoch,
jegliche Herabsetzung des Islams und jede Verkündigung unter Muslimen
für einen anderen Glauben hart zu bestrafen.

Wer gegen den Islam kämpft, wird mit dem Tod bedroht

Eindeutig ist die Tötung von Menschen vorgeschrieben, die gegen den
Islam kämpfen (Sure 5,33): „Die Vergeltung für die, die gegen Gott und
seine Gesandten Krieg führen … soll dies sein, dass sie getötet oder
gekreuzigt werden, oder dass ihnen Hände und Füße wechselseitig
abgehackt werden.“ Dabei kommt es darauf an, was hier unter „Kampf“ zu
verstehen ist: Sind verbale Angriffe auf Mohammed oder eine
Verunglimpfung des Korans schon Grund genug, den Täter umzubringen? In
manchen Ländern gelten entsprechende Blasphemiegesetze, und für
Selbstjustiz radikaler Gruppen gibt es genügend Beispiele.

Aufruf zum „Krieg“ gegen die „Ungläubigen“

Zahlreich sind im Koran die Aufrufe zum Krieg gegen Andersdenkende
(9,73f.: „setze dich gegen Ungläubige ein“), worunter sowohl die
heidnischen Gegner Mohammeds, heuchlerische Opportunisten wie auch
jüdische und christliche Gegner zu verstehen sind. Auch hier stellt sich
die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zwischen einem „Angriff“ auf den
Islam und den muslimischen Reaktionen: Für radikale Muslime sind
grundsätzlich alle Nichtmuslime sowie alle „liberalen“ Muslime
Ungläubige. Sie begründen dies mit einem Text, der ursprünglich zum
Kampf gegen heidnische Gegner aufrief (Sure 9,29: „Kämpft gegen
diejenigen, die nicht an Gott … glauben und nicht verbieten, was Gott
und sein Gesandter verboten haben, und nicht der Religion der Wahrheit
angehören“), weil sie nicht der „wahren Religion“ angehörten. Durch den
Anschluss „… – von denen, denen das Buch zugekommen ist …“ (gemeint
sind also Juden und Christen) werden auch sie zu Gegnern des Islams, die
bekämpft werden müssen, bis sie den Muslimen „Tribut entrichten als
Erniedrigte“.

Es gibt kein einheitliches Verständnis des Korans

Während sich im Laufe der muslimischen Auslegungsgeschichte eine relativ
einheitliche Deutung des Textes ergeben hat, gehen Muslime heute recht
unterschiedlich mit dem Koran um: Manche wollen nur noch die religiös
unbedenklichen und ethisch vertretbaren Texte gelten lassen. Die meisten
glauben zwar, dass der gesamte Koraninhalt dem Willen Allahs
entspricht, wollen aber für problematische Bestimmungen „pragmatische“
Lösungen finden. Die fundamentalistisch denkenden Muslime fordern
dagegen, den Korantext auch in der heutigen Zeit wortwörtlich
anzuwenden. Und dafür liefern sie täglich Beweise.  Eberhard Troeger (idea.de)

Kommentare

  1. ali

    m Grunde genommen ist der Islam kein Glaube, sondern vielmehr subjektiv-zeitgenössische Wissenschaft, der es sich zu unterwerfen gilt. Die Moslems wissen gar nicht, was Glaube ist. Der Gott des Islams ist kein lebendiger und geglaubter Gott, der in Freiheit Liebe schenkt, sondern ein Gott der Philosophen, ein Gott des Müssens, der Unfreiheit. Solche häretischen Strömungen gab es viele in den ersten christlichen Jahrhunderten.

  2. Romia

    Alle gottesfürchtigen Menschen waren demzufolge Muslime, z. B. Abraham, der als Musterbeispiel eines vorbildlichen Muslims gilt….
    Ihrgendwie werde ich das Gefühl nicht los das die der Bibel (dem Christentum allgemein) die Story stehlen.
    Mal ganz davon abgesehen das die voll Frauenfeindlich sind, werden auch noch die Leute getötet die dem Islam den Rücken kehren (was können die den dafür das sie es raffen und die andren nicht ?)
    Wie gehts eig. youcef nadarkhani ?
    Eig. sollte der doch (oder allgemein) 30Tage nach dem Unterschreiben des Exekutionsbefehls getöted werden !?
    Würden wir es hier überhaupt mitbekommen oder wäre das einfach noch eine Leiche im Keller der Regierung ?
    Be blessed
    Romia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Ich stimme zu

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.