Weihnachten – ein Märchen?

Adventszeit ist Weihnachtsmarkt-Zeit. Zum Augsburger Christkindlesmarkt gehört traditionell die „Augsburger Märchenstraße“. Jedes Jahr werdenin acht Schaufenstern diverser Geschäfte bekannte Märchen erzählt. Die Märchenstraße 2014 stand unter dem Thema: „Weihnachten bei den Wichteln und Trollen“.
Eine Geschichte, die auf bezaubernde Weise von den weihnachtlichen Vorbereitungen einer Wichtelfamilie erzählt.
Rund um die Weihnachtszeit ist vor allem auch im Fernsehen Märchenzeit. Allein am heutigen 1. Advent laufen fünf verschiedene Märchenfilme im Fernsehen – von Schneewittchen über König Drosselbart bis zur „Geschichte vom kleinen Muck“.
„Es war einmal“… so fangen Märchen an. Niemand hält ein Märchen für eine wahre Geschichte. Zu Recht. Schneewittchen hat natürlich nie gelebt und Rapunzel und König Drosselbart auch nicht. Ein Märchen hat einen inneren Sinn, aber keine historische Realität. Aber ist das nicht genau das Bild, das viele Kinder und leider auch Erwachsene im Kopf haben: Die Weihnachtsgeschichte – nur ein Märchen unter vielen anderen?
Vielleicht ein besonders schönes, aber eben doch nur ein Märchen.
Eine rührselige Geschichte, aber ohne Bezug zu mir und meinem Leben? Eine Geschichte wie aus tausendundeiner Nacht, aber ohne Belang für das Dunkel in meinem Leben? Orientalisch anmutend zwar, aber ohne Orientierung für die Herausforderungen hier und heute?
„Vom Himmel hoch, da komm ich her, ich bring euch gute neue Mär.“ Diese Strophen dichtete Martin Luther 1535. Beim Wort „Mär“ ist nicht „Märchen“ gemeint, wie viele fälschlicher Weise denken. Sondern das ist ein altes Wort aus dem Mittelhochdeutschen.
Es bedeutet „Nachricht“. Gute Nachricht, gute Neuigkeiten.
Die klassische Weihnachtsgeschichte finden wir im Neuen Testament, im Lukasevangelium. Aber können wir denn diesem Lukas glauben? Oder ist die Weihnachtsgeschichte eher ein Weihnachtsmärchen?
Die ältesten Handschriftenfragmente des Lukas-Evangeliums, die bis heute erhalten sind, stammen etwa aus dem Jahre 95 nach Christus.
Es handelt sich um verschiedene Abschriften aus unterschiedlichen Gebieten des Römischen Reiches. Die Urschrift des Lukas-Evangeliums wird auf die Zeit zwischen 60 und 90 nach Christi Geburt datiert.
Damit sind wir sehr dicht dran an der Zeit, in der Jesus lebte. Lukas konnte für seine Geschichte Menschen befragen, die Jesus selbst erlebt hatten. 30 Jahre liegen zwischen Jesu Tod und der Zeit, als Lukas begann, die Geschichte Jesu aufzuschreiben.
Da haben noch viele Zei -und Augenzeugen gelebt.
Andererseits sind 30 Jahre eine lange Zeit, wenn man bedenkt, was Jesus für einbesonderer Mensch gewesen sein soll! Aber zunächst dachten die ersten Christen garnicht daran, das Leben Jesu aufzuschreiben. Sie gingen davon aus, dass Jesus bald wiederkommen würde, wozu dann die ganze Arbeit einer Chronik? Und so begnügte man sich die ersten 30 Jahre mit dem Aufschreiben von Jesus Worten, damit man sie nicht vergaß, sowie mit dem Schreiben von Briefen zwischen den Gemeinden, von denen wir heute noch viele im Neuen Testament lesen können.
Doch dann machen sich mehrere Männer ans Werk. Zuerst Markus, einige Jahre später Lukas und Matthäus. Lukas gibt am Beginn seines Evangeliums sogar Rechenschaft über seine Vorgehensweise ab: „ Schon viele haben versucht, all das aufzuschreiben, was bei uns geschehen ist, so, wie es die Augenzeugen berichtet haben, die von Anfang an dabei waren. Ihnen hat Gott den Auftrag gegeben, die rettende Botschaft weiterzusagen.
Nun habe auch ich mich sehr darum bemüht, alles von Anfang an genau zu erfahren. Ich will es dir, lieber Theophilus, jetzt der Reihe nach berichten.Du wirst merken, dass alles, was man dich gelehrt hat, richtig und wahr ist“ (Lukas 1, 1-4, Hfa).
Unsere Weihnachtsgeschichte will also kein Märchen sein wie jene Geschichten, die die Gebrüder Grimm gesammelt haben. Die Weihnachtsgeschichte will nicht irgendeine fromme Legende sein, sondern Lukas pocht darauf, dass er etwas berichtet, was wirklich geschehen ist. Die Weihnachtsgeschichte hat den Anspruch, ein Tatsachenbericht zu sein. Die Frage ist nur, ob wir das glauben überhaupt glauben können und wollen!
Die Weihnachtsgeschichte ist deshalb die weitherzigste Geschichte, weil sie von dem Gott erzählt, der uns sagt: Mir bist du genug. Ich komme zu dir in deine kleine, engstirnige Welt. Und nun, da ich bei dir bin, sage ich dir: Mir genügst du. Du bist genug, weil ich mich für dich aufopfere. Du bist genug, weil ich dein Versagen tragen werde. Du bist genug, weil du nichts tun kannst, um meine Liebe zu dir zu steigern. Du bist genug, weil nichts, was du tust, mich davon abbringen wird, dich zu lieben. Du bist genug. Das ist die größte Weite. Nicht: die edelsten Menschen! Sondern: Die an der Krippe knien und sich beschenken lassen. Nicht: wer immer strebend sich bemüht, sondern: Wer hier dem Kind vertraut, kommt dort aus dem Gericht. Das ist Liebe, die sich aufopfert. Und das heißt: anders als ein Märchen ruft die Weihnachtsgeschichte nach unserer Antwort. Von Maria heißt es, sie habe alle Worte dieser Geschichte im Herzen bewegt.
Josef hört still hin und dann tut er, was immer dieses Kind von ihm will. Und so geht es seither durch die Geschichte: Menschen hören diese Geschichte. Manche erklären Jesus für einen Spinner, andere halten ihn für einen gefährlichen Verführer der Menschheit, manche aber können sich kaum fassen vor Freude: Ich bin ihm wichtig. Ich bin geliebt. Und fortan können sie nicht anders: Ihr ganzes Leben widmen sie ihrem Heiland und Retter. M. Schaan

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