Wer aus all dem Weltumwälzenden und Epochalen eine läppische „Seid nett zueinander-“ oder „Spart Energie“-Botschaft macht, der kann doch nicht ganz dicht sein. Wo Glaubens- und Bildungsnotstand mit Dummheit einhergehen, da braut sich eine verschwurbelte Verschwörungstheorie zusammen. Diese Weihnachtsleugner sind mir zuwider. Sie verdunkeln die hellste Botschaft, die je aus der Ewigkeit diese Zeit erreicht hat. Wer einmal Bachs Weihnachtsoratorium gehört hat – und selbst Agnostiker bestätigen einem das –, den läßt dieser Jubel nie wieder los: „Welt ging verloren (…). Christ, der Retter ist da!“
Wer aus dieser wunderbaren Freuden- und Hoffnungsbotschaft in den letzten Jahren eine Angstreligion gemacht hat, wer Menschen genau zu den Zeiten, wo sie Gemeinschaft am dringendsten gebraucht hätten, aus- und eingesperrt hat, ist ein elender Weihnachtsleugner. Weder in Pest und Cholera noch im Dreißigjährigen Krieg war das so, weder in Stalingrad noch in dem Grauen der KZs. Kirche und Christen waren immer nah bei den Menschen, sogar unter eigener Lebensgefahr.
Doch das Wohlstands- und Wellness-Christentum weiß nichts mehr davon, was Trost heißt: Gegenwart Gottes im Leid. Und daß, wenn alle einen im Stich lassen, Gott und sein Bodenpersonal bei uns aushalten. Nicht das selbstüberhebliche „Wir schaffen das!“ Nein: ER schafft das.
Angst und Trauer haben keine letzte Macht mehr
Die biblische Losung für das kommende Jahr 2023 lautet: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16, 13) Und wieder läuft die ideologische Maschinerie der Religionsbeamten an – die volle Dröhnung von den Kanzeln: Hurra, da wird erstmals eine Frau zitiert! Da geht es um das wichtigste Thema: Flucht und Vertreibung. Da geht es um Versöhnung! (Etwa für all die kriminalisierten Kreuz- und Querdenker?).
Auch dieses alttestamentliche Wort nimmt bereits die Weihnachtsbotschaft auf, Jahrhunderte vorher: Gott sieht nach mir nicht von oben herab, nicht aus einem fernen Weltall oder gar nur aus Geboten und Gesetzen. Nein, er kümmert sich so sehr um mich, daß er, als es nicht mehr zum Aushalten ist, seinen eigenen Sohn in die Welt schickt. Jetzt kann niemand mehr sagen, er sei Gott egal.
Weil Weihnachten geworden ist, haben Angst und Trauer keine letzte Macht mehr. Es werden immer wenige sein, die den Mut haben, mit dieser Botschaft quer zur Welt zu denken. Die sich all den Vertröstungen und dem Machbarkeitswahn nicht anschließen. Die jedoch über eine Botschaft verfügen, so der Atomphysiker Carl Friedrich von Weizsäcker, die alles Wissen dieser Welt weit übersteigt.
„Und wenn ich auch wanderte im finstern Tal“
Wer das Rezept von Dr. Lukas mit all seinen Risiken und Nebenwirkungen in seinem Leben wirken läßt, der hat das wichtigste Therapeutikum, ohne das gerade heute alles sinnlos wäre: Freude und Hoffnung. Oder wie es die berühmte Zeichnung des Lukas-Kollegen Dr. med. Karl Reuber, die Madonna von Stalingrad sagt: Licht, Leben, Liebe.
Die ganze Bibel ist voll von dieser Gewißheit. Für manche naiv, für viele Faktum aus Lebenserfahrung: „Habe ich dir nicht geboten: Sei getrost und unverzagt? Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht.“ Oder das Trostwort aus Psalm 23: „Und wenn ich auch wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich“.
Bethlehem bringt uns eine Nachricht zum Danachrichten, zum Ausrichten und zum Aufrichten. Zum Justieren des Lebens, zum Programmieren auf Freude und Hoffnung. In diesem Sinne: Frohe Weihachten und ein gesegnetes neues Jahr!