Graffiti ist keine Sünde, wenn …
„Ich werde dich in die wahren Kreise des Graffiti einführen“, sagte eine Stimme, der ich bis dahin noch nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Das war vor 15 Jahren. Dieser Text war von einem Freund Namens Cowboy 69. Ich selbst war Mitglied der ABC-München und heiße Pascuale. Mein Pseudonym war CRASH. Ich gehöre zur zweiten Welle des Graffs 1992. Wenn du darüber mehr wissen willst, lies meine Geschichte Pascuale – Farbenrausch.
Was hat Graffiti mit Sünde zu tun? An alle, die denken, dass ich ein Problem habe, vorweg schon mal, ich dachte genau so wie die meisten von euch: „Was redet der für einen Schmarrn!“ Aber wenn es einen Schöpfergott gibt, und daran hab’ ich angefangen zu glauben, dann gibt es nur einen ersten Platz und der gehört Gott.
Versteh’ mich bitte richtig, ich rede nicht von Kirche oder einer anderen von Menschen erschaffenen Religion, ich rede von dem Einen, dem Wahren. In der Graffszene ist es so, dass jeder versucht selbst die Nummer Eins zu sein – die meisten Tags, die meisten Bilder an der Line, die besten Züge in den Magazinen, im Writerscorner Respekt und Anerkennung zu bekommen, wenn es sein muss auch mit Gewalt. Ja man will, um es auf den Punkt zu bringen, im Mittelpunkt stehen, auf Händen getragen und angebetet werden. Und das ist Sünde.
Es war bei mir genauso, und das was mein Freund zu mir gesagt hat, ist wirklich in Erfüllung gegangen. Vielleicht kennt ihr das Gefühl von allen verehrt zu werden. Egal, wo du hinkommst bist du der Checka, Eintritt frei, Getränke gratis und Frauen bewundern dich. Eines Tages sagte einer zu mir: „Du bist der Gott des Graffiti!“ Ich fühlte mich hervorragend, aber in meinem Hinterkopf wusste ich genau, dass das nicht mein Platz ist, sondern einzig und allein nur Gott gehört. Und so wurde ich sehr traurig und musste mich erst mal wieder dicht machen. Ich und Gott! – Ich bin so voller Fehler und voller Hass, ich kann kein Gott sein.
Nun denkst du vielleicht: „Ich glaub’ nicht an Gott!“, aber das spielt keine Rolle, denn auch wenn du nicht daran glaubst, wirst du eines Tages vor Gott erscheinen. Wer sich seine eigene Ehre nimmt, obwohl alles ein Geschenk ist, ob du Malen oder Singen kannst, der stellt sich gegen den einzig Wahren und raubt Ihm alle Ehre, weil er sich selbst zu Gott macht. Das ist Sünde. Wer aber den ehrt, der ihn liebt, wird von Ihm geehrt. Gott ist über allem.
Ich selbst mache immer noch Graffiti, aber nicht zu meiner Ehre, sondern zur Ehre dessen, der mich liebt und bereit war für mich, auch für dich, alles zu geben: Jesus Christus. Seit jenem Tag male ich anders, irgendwie freier. Ohne Zwang, der beste sein zu müssen. Wenn das so ist, ist Graffiti keine Sünde.