Gierhals Zumwinkel

Im ‘Code of Conduct’ der Post, einem Verhaltenscodex, den deren Mitarbeiter unterschreiben müssen, heißt es: "Es gibt keine Alternative zur persönlicher Integrität." Jeder sei aufgefordert, sich ständig die Frage zu stellen, ob seine Handlung einer öffentlichen Prüfung standhält.

Nun hat ausgerechnet der Mann an der Spitze dieses Unternehmens für den größten Wirtschaftsskandal, der sich jüngst in Deutschland ereignet hat, gesorgt. Der Schaden ist aber weitaus größer, als die hinterzogenen Steuermillionen. Der Finanzsakandal ist ein Schlag ins Gesicht für jeden, der versucht als ehrlicher Staatsbürger zu leben.

Werte wie sie der hanseatische Kaufmann in Thomas Manns "Buddenbrooks" beschreibt scheinen nicht mehr in unsere Zeit zu passen: "Mein Sohn, sei mit der Lust bei den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, dass wir bei Nacht ruhig schlafen können." Gilt Charakter überhaupt noch als etwas Erstrebenswertes bei uns? Charakter zeigt sich, wenn niemand zuschaut, außer Gott. Bei uns ist es geht es darum, sich nicht erwischen zu lassen.

In jedem von uns steckt ein Zumwinkel. Natürlich soll dies das besondere Ausmaß der Steuerhinterziehung Zumwinkels und die volkswirtschaftliche Verantwortung, die er missachtet hat nicht minimieren. Aber Steuerhinterziehung gilt bei uns als Volkssport, wer nicht betrügt ist der Dumme. Schwarzarbeit oder Mini-Manupalationen in der Steuerhinterziehung, egal ob Manager, Angestellter oder Hartz-IV-Empfänger, überall gibt es zu viele Leute, die den Staat hintergehen. Gegen ein schlechtes Gewissen hat man natürlich eine Schutzmauer an Entschuldigungen aufgebaut, wie, dass es sich bei Steuerhinterziehung nur um Notwehr gegen einen raffgierigen Staat handelt.

Der Zumwinkel-Skandal ist ein neuer Höhepunkt in den Schlagzeilen um die deutsche Wirtschaftselite nach Vorfällen wie der VW-Rotlichtaffäre und dem Schmiergeldverfahren gegen Siemens. Ethik und Moral stecken in einer tiefen Krise. Wie tief geht es noch? Helmut Kohl hat einmal eine geistig-moralische Wende herbeigerufen, leider hat auch er durch die Affäre um die schwarzen Koffer in großem Ausmaß versagt. Aber eine Wende im persönlichen Leben ist möglich für denjenigen, der sich dem biblischen Gott nähert. Der russische Nobelpreisträger und Gulag-Häftling Alexander Solschenizyn brachte es einmal auf den Punkt: "Die Menschen haben Gott vergessen, und das ist der Grund für die Probleme des zwanzigsten Jahrhunderts." Das gilt wohl auch für das beginnende einundzwandzigste Jahrhundert.

 

 

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