Christen-Massaker von Charleston: Hinterbliebene vergeben dem Angeklagten.

Der „Spiegel“ berichtet:

„Doch diesmal verläuft die Anhörung anders. Magistratsrichter James Gosnell – der selbst die Emotionen kaum zurückhalten kann – erteilt den Hinterbliebenen der neun Todesopfer das Wort. Einer nach dem anderen tritt vor – die meisten vergeben dem Angeklagten, für den Nikki Haley, die Gouverneurin von South Carolina, die Todesstrafe gefordert hat.

Und so offenbart der kaum 30-minütige Pflichttermin, wie tief die traumatische Bluttat von Mittwochabend diese Südstaaten-Stadt getroffen hat – und wie außergewöhnlich die Leute damit umgehen.

Der Verdächtige Dylann R.: Anhörung per Videokonferenz
R. wirkt kindlich, schmächtig und abwesend. Nicht cool, nicht feixend wie bei seiner Festnahme am Donnerstag. Eher wie ein Kind, das nicht weiß, was hier geschieht. Einer der beiden Polizisten, die sich in schusssicheren Westen hinter ihm postiert haben, ist kaum älter als er.

Als erstes spricht Richter Gosnell – und schon seine Worte lassen spüren, dass dies kein Routinefall ist. „Charleston ist eine sehr starke Gemeinde“, sagt er. „Wir haben große Herzen. Wir sind eine sehr liebevolle Gemeinde. Und wir werden jedem die Hand reichen.“

Damit meint Gosnell auch die Familie „dieses jungen Mannes“, wie er R. nennt: Man müsse sich „dazu durchringen“, auch den Angehörigen des Angeklagten zu helfen. „Niemand hätte sie in diesen Wirbelsturm aus Ereignissen geworfen, in den sie nun geworfen wurden“, sagt er.

Doch dann zur Tagesordnung. Neunfacher Mord werde R. vorgeworfen, sagt Gosnell und fragt R. nach seiner Adresse, seinem Alter und seiner Beschäftigung (arbeitslos). R. antwortet einsilbig, ohne den Blick zu heben. Er spricht genau sechs Worte: „Yes, Sir“, „No, Sir“, „Yes, Sir.“

„Der Hass wird nicht siegen“

Schließlich der Moment, der den Gerichtssaal mit immer lauterem Schluchzen erfüllt: Der Richter bittet die Hinterbliebenen zu Wort.

„Ich will, dass jeder weiß… ich vergebe dir“, sagt eine der drei Töchter der 70-jährigen Ethel Lance, die R. erschossen haben soll. „Ich werde nie wieder mit ihr reden. Ich werde sie nie wieder umarmen können. Aber ich vergebe dir, und möge Gott Gnade haben mit deiner Seele.“

So geht es weiter. „Ich vergebe dir, und meine Familie vergibt dir“, sagt Anthony Thompson, Ehemann der getöteten Myra Thompson, 59. Er fügt hinzu: „Bereue… vor dem, der am wichtigsten ist – Christus.“

„Wir hießen dich am Mittwoch in unserer Bibelstunde mit offenen Armen willkommen“, sagt Felicia Sanders, deren 26-jähriger Sohn Tywanza Sanders das jüngste Opfer war. „Jede Faser meines Körpers tut weh, und ich werde nie wieder die selbe sein. Tywanza war mein Sohn. Tywanza war mein Held. Möge Gott Gnade mit dir haben.“

„Ich liebte meinen Großvater“, sagt Ava Simmons, Enkelin von Reverend Daniel Simmons, 74, der das Attentat überlebte, nur um auf dem Operationstisch zu sterben. Doch: „Der Hass wird nicht siegen.“ www.spiegel.de/panorama/j…n-dylann-r-a-1039852.html

https://www.youtube.com/watch?v=cWzTU6TLyRs

 

Kommentare

  1. Lorenz

    Es geschieht ein entsetzlicher Mord mit mehreren Opfern, doch den Schuldigen kann man nicht ausfindig machen.

    Zumindest kann man es nicht in einem Land wie die der USA eindeutig feststellen wer wirklich die Schuld an diesen Morden zu tragen hat.

    Geht man aber von der Logik der NRA-Mitglieder (National Rifle Association) aus – einem Waffenlobbyisten-Verein, so trägt eindeutig der Pastor der Kirche die Schuld; es heißt von einem Mitglied der NRA, der öffentlich zu diesen Morden Stellung genommen hat:

    „Acht seiner Gemeindemitglieder, die noch am Leben sein könnten, sind tot, weil der Pastor das Tragen von Handfeuerwaffen verbietet.“

    Nun, wenn die Dinge so stehen, dann wird es wohl sehr schwierig sein hier eindeutig eine gerechte Strafe für den Mörder zu verhängen bzw. denjenigen, der diese Morde erst durch seine waffenphobistische Haltung erst möglich gemacht hat.

    Den Pastor, der selbst das Opfer dieses Attentats war, kann man schwer seiner Strafe überführen.

    Mit dem Tod des Pastors wird wohl auch die Strafe für seine vorsätzliche Fahrlässigkeit hinfällig.

    Da kann ich nur sagen: gut daß wir die Bibel als Gesetzesbuch haben und nicht die Gesetze des wilden Westens.

  2. martina

    Es ist ihm also vergeben; und jetzt darf er weiter unbeschränkt morden?

    Man kann nur jenen vergeben, die auch ihre eigenen Fehler eingesehen haben.

    Aber ich bezweifle sehr, daß diese derarte gewalttätige Rassismus mit Todesfolgen innerhalb von zwei Tagen verschwunden sein soll.

    Wer wirklich Christ ist, der sollte von einer “billigen Gnade” absehen. Denn von dieser “billigen Gnade” riet Dietrich Bonhoeffer ausrdrücklich ab.

    Es ist die oberflächliche Einstellung der Neu-Christen, die ihre ganze Theologie auf eine billige Gnade aufbauen.

    Und genau diese Einstellung machte es auch im Dritten Reich möglich, in der der jetzige Rassismus in den USA wütet, daß über 6 Millionen Juden wegen einer rassistischen und pervertierten Ideologie in den Gaskammern ihr Leben lassen mußten.

    Auch im Dritten Reich halfen “Deutsche Christen” bei der Unterstützung der NSDAP mit.

    Dietrich Bonhoeffer erkannte aber zu dieser Zeit die gefährliche Oberflächlichkeit eine Pseudo-Christentums der billigen Gnade.

    Wer wirklich entschieden sich gegen Mord und Rassismus stellt, der sollte von der billigen Gnade absehen und den rassistischen Mördern auch noch Tür und Tor öffnen damit sie noch mehr morden können nach Belieben.

    Wenn heute Rassisten erkennen, daß ihnen bei einem neunfachen Mord vergeben wird, welche Abschreckung soll dann für sie die richtige sein, wenn er doch nur bei einem ähnlichen rassistischen Massaker gleich Vergebung (billige Gnade) zu erwarten hat.

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