Die Gründungsväter des Nachkriegseuropas haben es noch gewusst, dass eine Vereinigung Europas nur gelingen wird, wenn sich die verantwortlichen Politiker, Wirtschaftsführer und Juristen des christlichen Erbes unseres Kontinents bewusst bleiben und es bewusst fördern. Vom gebürtigen Luxemburger Staatsmann Robert Schuman (1886-1963) stammt das Wort: „Die Demokratie wird eine christliche sein, oder sie wird nicht bestehen bleiben“. Doch die meisten europäischen Staatslenker unseres Jahrhunderts haben anscheinend diese Erkenntnis verloren. Es wurden Verträge gebrochen wie z.B. der Maastricht-Vertrag von 1993, der den EU-Staaten eine Schuldengrenze auferlegt (Deutschland brach den Vertrag zuerst 2002). Die vielen Finanzspritzen für Griechenland haben zu einer verantwortungs- und hoffnungslosen Überschuldung des Landes geführt, die Ökonomen Konkursverschleppung nennen. Und Griechenland selber bestraft den Statistiker, der die Finanzlügen beim Eintritt des Landes in die EU offengelegt hat. Doch die verhängnisvollste Verleugnung des christlichen Erbes war zweifellos der Verzicht auf den Gottesbezug im Vertrag von Lissabon (2007-2009) auf intensives Drängen Frankreichs hin. Statt dessen wird nur noch von einem „kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe“ Europas gesprochen…..
In der Tat: die aktuelle Brexit-Debatte und insbesondere die mangelnde Bereitschaft Brüssels, das englische Mehrheitsvotum anzuerkennen, führte ein Lehrstück vor, wie undemokratisch Demokraten sein können. Wenn Länder bestraft werden, nur weil sie aus einem freiwillig gewählten Staatenverbund wieder ausscheiden möchten, dann offenbart das einen Mangel an gemeinsamen christlich-ethischen Werten. Hans-Werner Sinn sagt dazu mit Recht: „Nur Gefängnisse brauchen solche Strafen“….
Das Fazit aus solchen Beobachtungen kann nur lauten, dass Europa dabei ist, sein christliches Erbe zu verspielen. Janis Vanags, der Erzbischof der Evangelisch-lutherische Kirche Lettlands, sagt es noch drastischer: „Europa führt zur Zeit einen Selbstmord durch, und zwar durch Absage von den christlichen Wurzeln“. Die demokratischen Spielregeln funktionieren aber nur auf der Grundlage eines Menschenbildes, das dem anderen unter allen Umständen seine Würde und sein Recht lässt, auch wenn er eine andere Meinung vertritt. Rechtsfindung und Rechtsprechung gelingen auf Dauer nur auf der Grundlage eines Gottesbildes, das Gott und seine Gebote als die obersten Rechtsautoritäten achtet. Das hat der Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde gemeint, als er seinen vielzitierten Satz formulierte: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Dr. Joachim Cochlovius
Leiter des Gemeindehilfsbundes