Die verlorene Ehre der Alice Schwarzer. Sie wird heute 80 Jahre alt.

„Sie waren hilflos und verängstigt, ohne Ziel und ohne Hoffnung.
Sie waren wie Schafe ohne ihren Hirten.“

(Die Bibel, das Evangelium nach Matthäus Kapitel 9, Vers 36)

Bei diesem Bibelvers dachte ich an die Studenten, die in den 60er Jahren gegen die „Bild“ demonstrierten. Sie wussten nicht wohin mit ihrem Schmerz, und in ihrer Hoffnungslosigkeit griffen sie sogar zur Gewalt. Jahre später sahen sie im Feminismus eine Heilsideologie, die nach ihrer Meinung ein Instrument darstellte, um Menschen vor Erniedrigung zu bewahren. Und dann kam der Zeitpunkt, an dem Alice Schwarzer, eine Ikone des Feminismus, diese Menschen verriet und mit dem gemeinsamen Gegner, der „Bild“, die ein Markenzeichen für sexuelle Erniedrigung von Frauen darstellt, gemeinsame Sache machte.
Aber zunächst ein Rückblick in die 70er Jahre. Damals hatte sich Alice Schwarzer vorgenommen, die Ehre der Frauen gegenüber dem „Stern“ zu retten. Die Titelseiten dieser Zeitschrift zeigten zu dieser Zeit Fotografien von nackten Frauen, die Alice Schwarzer und ihre Mitstreiterinnen als eine Beleidigung ihres Geschlechts bezeichneten. Das Gericht sollte den „Stern“ verurteilen, es zu unterlassen die Klägerinnen „dadurch zu beleidigen, dass auf den Titelseiten … Frauen als bloßes Sexualobjekt dargestellt werden und dadurch beim männlichen Betrachter der Eindruck erweckt werde, der Mann könne über die Frau beliebig verfügen und sie beherrschen.“ Schwarzer störte z.B., wenn ihr „mal wieder ein praller Frauenhintern entgegengestreckt wurde.“

Da fragt man sich natürlich, warum Alice Schwarzer heutzutage Werbung für die „Bild“ macht. Auf großformatigen Plakaten sagt sie über diese Zeitung: „Jede Wahrheit braucht eine Mutige, die sie ausspricht.“ Wie unterscheidet sich eigentlich die „Bild“ in Sachen frauenverachtender Bilder von dem Stern der 70er Jahre? Bekommt der Leser der „Bild“ etwa keine Frauenhintern entgegengestreckt? Stellt die „Bild“ Frauen etwa nicht als Sexualobjekt dar? Alice Schwarzer, die in den 70er Jahren gegen den „Stern“-Herausgeber Henri Nannen um die Ehre der Frau kämpfte, hat sich mit ihrer Werbung für die „Bild“ entehrt.

Ein wichtiges Beispiel: Ingo Appelt warb in einer Zeitschriftenanzeige mit den Worten für die „Bild“: Provokant! Niveaulos! Immer Sex im Kopf … also ich würde sie heiraten!!!“ Findet sich Frau Schwarzer in dieser Charakterisierung wieder? Wünscht sie sich Frauen niveaulos und „immer (mit) Sex im Kopf“? Wie tief ist diese Feministin gesunken!

1967 initiierte der Schriftsteller Günter Grass die Aktion „Wir arbeiten nicht für Springer-Zeitungen“. Aber Alice Schwarzer arbeitet für eine Springer-Zeitung; für die „Bild“. Sie war Berichterstatterin der „Bild“ für den Kachelmann-Prozess. Kämpfte Schwarzer in ihrem Prozess gegen den „Stern“ gegen die sexuelle Erniedrigung von Frauen durch die Abbildung von pornografischen Aufnahmen, so wertet sie heute durch die Mitarbeit bei „Bild“ dieses Blatt (mit täglichen pornografischen Bildern) auf. Sie macht dieses Blatt bei großen Teilen der Bevölkerung, die „Bild“ bisher ablehnend gegenüberstanden, salonfähig.

Die „EMMA“ ist nicht zuletzt ein Kind der Studentenbewegung der 60er Jahre. Damals belagerten „antiautoritäre“ Demonstranten die Hamburger Druckerei, um die Auslieferung der „Bild“ zu verhindern. Heute verschafft Alice Schwarzer durch ihre Werbung für und die Mitarbeit bei „Bild“ dieser frauenverachtenden Zeitung bei Menschen Autorität, die vor 40 Jahren noch den Mut hatten, gegen die Frauenverachtung zu kämpfen.
Mitte der 70er Jahre machte der Kinofilm „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ Furore. Er beruhte auf der gleichnamigen Erzählung von Heinrich Böll, in der es um eine bisher unbescholtene Frau geht, die „wegen ihrer Freundschaft zu einem Straftäter Opfer der menschenverachtenden Berichterstattung der Boulevardpresse wird.“ In einer Vorbemerkung erläutert Böll, dass Ähnlichkeiten mit den Praktiken der Bild-Zeitung „unvermeidlich“ sind. Damals löste dieser Film Empörung über die journalistischen Praktiken der „Bild“ aus. Nun stellt sich also Alice schwarzer demonstrativ hinter diese Zeitung. Heute geht es nicht um die symbolische Romanfigur Katharina Blum sondern um Frau Schwarzer, die mit ihrem Einsatz für die „Bild“ ihre Ehre verloren hat.

Kehren wir zu den Anfangs genannten Demonstranten zurück, die in den 60er Jahren gegen die „Bild“ kämpften. Wer steht heute noch auf ihrer Seite, nachdem Alice Schwarzer die Fronten gewechselt hat? Diese Menschen sind tatsächlich ohne Hoffnung und ohne Hirten, wie es der Vers aus dem Matthäus-Evangelium beschreibt. Sie brauchen Jesus als einen Kämpfer gegen Erniedrigung und Verletzungen. Jesus ist Zeit seines Lebens auf der Erde für die Erniedrigten und Verletzten eingetreten. Er ist sogar freiwillig am Kreuz dafür gestorben, damit beide, Täter und Opfer, von Sünde befreit werden können, damit niemand auf der Erde verletzt, verachtet oder ausgenutzt wird.


Rolf Urspruch

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