Ein Bitte- und ein Danke-Tag

Es war einmal ein Junge, in der zweiten Klasse, der immer sehr genau nachdachte! Im Religionsunterricht hatte er gehört, dass man Gott bitten kann! Es war um Bittgebete gegangen und der Junge beschloss, am nächsten Tag einen Bitte–Tag einzulegen!

Gesagt – getan! Als er also aufwachte weil sein Vater an die Kinderzimmertür klopfte, begann er sofort damit. „Bitte, lass mich noch länger schlafen!“, dachte er. Und drehte sich wieder um. „Bitte, lass heute die Schule ausfallen, dass ich den ganzen Tag spielen kann.“, murmelte er vor sich hin.

Eine Weile später riss ihn die Stimme seiner Mutter aus dem Halbschlaf. „Los jetzt, aber dalli!“ – „Bitte, noch …“ „Nichts da, du Schlafmütze!“, sagte seine Mutter freundlich, aber bestimmt. Grummelnd machte der Junge sich fertig und trottete zum Frühstückstisch. „Mach mir bitte ein Frühstücksei!“ – „Viel zu spät, beeil dich!“

„Das geht ja gut los mit meinem Bitte-Tag.“, dachte der Junge während er auf dem Weg zur Bushaltestelle war. „Zum Glück liegt ja unterwegs mein Lieblingsgeschäft!“, dachte er. Und dann stand er vor dem Schaufenster und begutachtete die Auslage mit Spielekonsolen, Handys, und vielen anderen verlockenden Dingen. „Das wünsche ich mir, und das und – und – und …“, fast hätte er den Bus verpasst.

Er war ein wenig traurig, weil er all die schönen Sachen nicht hatte, die so verlockend in dem Schaufenster lagen. „Aber heute ist ja Bitte-Tag. Was könnte ich noch bitten? Dass die Schule ausfällt, dass ich neben Nele sitzen darf, dass wir den ganzen Tag nur Filme anschauen, dass wir heute Nachmittag ins Schwimmbad gehen, dass Oma gesund wird?“ Irgendwie wurde der Junge immer mürrischer. „Nichts geht, so wie ich es mir wünsche!“, dachte er. Ganz so schlimm wurde der Tag dann doch nicht.

Manche Bitten wurden erfüllt: Dass er in der dritten Stunde auf die Toilette durfte, dass sie am Nachmittag gemeinsam ins Schwimmbad gingen und dass er länger aufbleiben durfte um einen Film anzuschauen. Als er am Abend im Bett lag fühlte er sich trotzdem ziemlich unzufrieden. „So Vieles was ich bitten kann, und all das hab ich nicht – oder es geht nicht!“ Er war traurig und irgendwie so richtig unzufrieden und wünschte sich möglichst schnell einzuschlafen. Diese Bitte ging auch in Erfüllung!

Aber kurz darauf wurde er nochmals wach und, wie es ja bei Kindern oft der Fall ist, hatte er einen genialen und doch so einfachen Gedanken:

„Morgen mache ich einen Danke-Tag!“ – murmelte er und schlief wieder ein.

Als ihn sein Vater weckte grummelte er verschlafen: „Danke Papa fürs Wecken!“, und kroch verschlafen aus dem Bett. Wie schön warm es war und wie gut er geschlafen hatte. „Und prima, dass ich gesund bin!“, dachte er während er ins Badezimmer ging. „Morgen Mama, danke fürs Frühstück!“ Seine Mutter schaute ihn verwundert an und lächelte. „Magst du ein Frühstücksei?“ „Geht das?“ „Na klar, du bist doch gleich aufgestanden.“

„Der Tag wird besser!“, schmunzelte der Junge. Und tatsächlich. Als er später vor dem Schaufenster stand, überlegte er, es war ja Danke-Tag, was er so Alles in seinem Kinderzimmer hatte. Und ihm fiel eine ganze Menge ein. „Außerdem hab ich doch nächsten Monat Geburtstag!“, kam ihm in den Sinn.

Während er im Bus fuhr, freute er sich auf seine Freunde in der Schule, natürlich nicht auf alle Mitschüler! Aber was solls. „Und heute lesen wir die Geschichte weiter, ich kann jetzt schon fast Alles lesen!“ Dabei entzifferte er die Anzeigentexte, die im Bus klebten. An der nächsten Haltestelle stiegen drei Mädchen aus seiner Klasse ein, die ihn regelmäßig tretzten. „Blöde Gänse!“, dachte er.

„Da hört das Danke-sagen aber auf!“, und er drehte sich weg. Nur am Rande: einige Jahre später war er in eine der „blöden Gänse“ ganz schrecklich verliebt – und sie in ihn. Ja – manchmal kommen die Dinge ganz anders, als man denkt. Aber bis dahin sollte noch einige Zeit vergehen.

An dem Tag, von dem ich euch erzähle, bedankte sich unser Junge etwas öfters bei anderen – das brachte ihm einige recht freundliche Reaktionen ein.

Und irgendwie, er wusste nicht genau warum, war es ein guter Tag.

Das Pausenbrot schmeckte besser, die Schule machte Spaß (obwohl er sich in Rechnen furchtbar blamierte, weil er eine ganz einfache Aufgabe nicht herausbrachte) und nach der Schule platschte er zufrieden durch die Pfützen nach Hause („Danke für den lustigen Regen!“). Er freute sich an diesem Nachmittag über sein Zimmer und sein Lieblings T-Shirt, und war dankbar, dass er nicht die Dinge essen musste, die es bei Oma manchmal gab: Saure Lunge, Wirsing Gemüse oder Brotsuppe.

Und dann, am Abend, lag er in seinem Bett: „Danke für den Tag. Eigentlich geht’s mir gut!“, dachte er während er zufrieden einschlief.

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Wann machst Du mal wieder einen Danke-Tag?

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