Heines Umkehr zu Gott

Heine erkannte, dass in der deutschen Philosophie des Idealismus der
Mensch an die Stelle Gottes getreten war und die Vernunft die Stelle
des Heiligen Geistes eingenommen hatte. Ihm graute vor den Auswirkungen
dieser Gottlosigkeit, und das leitete langsam eine innere Umkehr ein.
In einem Brief an Francois Mignet schrieb er "Ich habe mich von dem
deutschen Atheismus abgewendet und stehe im Begriff, in den Schoß des
einfältigsten Glaubens zurückzukehren. Ich fange an zu verstehen, dass
ein bisschen Gottesglaube einem armen Menschen nichts schaden kann,
besonders wenn er seit sieben Monaten auf dem Rücken liegt und von den
heftigsten Schmerzen heimgesucht wird."

Heine formuliert an anderer Stelle: "Gedichte, die nur halbwegs
Anzüglichkeiten gegen den lieben Gott enthielten, habe ich mit
ängstlichem Eifer den Flammen überliefert. Ja, wie mit der Kreatur habe
ich auch mit dem Schöpfer Frieden gemacht, zum größten Ärgernis meiner
aufgeklärten Freunde, die mir Vorwürfe machten über dieses Zurückfallen
in den alten Aberglauben, wie sie meine Heimkehr zu Gott zu benennen
pflegten. Andere in ihrer Intoleranz äußerten sich noch herber……Wenn
man auf dem Sterbebette liegt, wird man sehr empfindsam und möchte
Frieden machen mit Gott und der Welt……Seit ich selbst der
Barmherzigkeit Gottes bedürftig bin, habe ich allen meinen Feinden
Amnestie erteilt."

Im Nachwort zum "Romanzero" schreibt Heine u.a.: "Ja, ich bin
zurückgekehrt zu Gott wie der verlorene Sohn, nachdem ich lange bei den
Hegeljanern die Schweine gehütet. War es die Misere, die mich
zurücktrieb? Vielleicht ein miserabler Grund. Das himmlische Heimweh
überfiel mich und trieb mich fort durch die Wälder und Schluchten über
die schwindeligsten Bergpfade der Dialektik…."

In der Vorrede zur 2.Auflage seiner "Geschichte der Religion und
Philosophie" gibt Heine Auskunft, wie es bei ihm zu dieser Heimkehr zu
Gott kam. Er wehrt alle neugierigen Fragen nach seiner Bekehrung ab,
gibt aber eine Antwort, die auch für unsere Zeit Bedeutung hat:

"In der Tat, weder eine Vision noch eine seraphitische Verzückung
noch eine Stimme vom Himmel, auch kein merkwürdiger Traum oder sonst
ein Wunderspuk brachte mich auf den Weg des Heils. Ich verdanke meine
Erleuchtung ganz einfach der Lektüre eines Buches – eines Buches? Ja.
Und es ist ein altes, schlichtes Buch, bescheiden wie die Natur, auch
natürlich wie diese; ein Buch, das werkeltätig und anspruchslos
aussieht wie die Sonne, die segnend und gütig uns anblickt wie eine
alte Großmutter, die auch täglich in dem Buche liest, mit den lieben
bebenden Lippen und mit der Brille auf der Nase – und dieses Buch heißt
auch ganz kurz weg: Das Buch, die Bibel. Mit Fug und Recht nennt man
diese auch die Heilige Schrift; Wer seinen Gott verloren hat, der kann
ihn in diesem Buch wieder finden. Und wer ihn nie gekannt, dem weht
hier entgegen der Odem des göttlichen Wortes." Heine wünscht sich, dass
aus diesem prachtvollen grandiosen Buch seine Freunde Marx, Feuerbach,
Bruno Bauer und Hengstenberg lesen mögen, die er gottlose Selbstgötter
nennt.

Der Schriftsteller Karl Hillebrand half seit 1849 Heine nicht nur
bei der Herausgabe des "Romanzero", sondern las ihm auch viel
geistliche Literatur vor. Hillebrand sagt: "Die Bibel wusste Heine fast
auswendig, ich las ihm oft ganze Kapitel vor, vornehmlich aus dem Alten
Testament. Von Zeitungen wollte er nichts wissen."

Für die Zeit nach seinem Tod verfügte Heine: "Ich verlange, dass
mein Leichenbegängnis so einfach wie möglich sei und dass die Kosten
meiner Beerdigung nicht den gewöhnlichen Betrag derjenigen des
geringsten Bürgers übersteigen…….Seit vier Jahren habe ich allem
philosophischen Stolze entsagt und bin zu religiösen Ideen und Gefühlen
zurückgekehrt; ich sterbe im Glauben an einen einzigen Gott, den ewigen
Schöpfer der Welt, dessen Erbarmen ich anflehe für meine unsterbliche
Seele. Ich bedaure, in meinen Schriften zuweilen von heiligen Dingen
ohne die ihnen schuldige Ehrfurcht gesprochen zu haben, aber ich wurde
mehr durch den Geist meines Zeitalters als durch meine eigenen
Neigungen fortgerissen. Wenn ich unwissentlich die guten Sitten und die
Moral beleidigt habe, welche das wahre Wesen aller monotheistischen
Glaubenslehren ist, so bitte ich Gott und die Menschen um Verzeihung."

Im Glauben an die Gewissheit der Vergebung entschlief Heine am
17.Februar 1856 in Paris. Er war von einem Weiterleben nach dem Tode
überzeugt.

Seine Entlarvung des Zeitgeistes vermag, ins Nachdenken zu zwingen.
Heinrich Heine gab ein Beispiel dafür ab, wie Gott durch sein Wort auch
einen weit abgekommenen Menschen aus den Klauen des Atheismus befreien
kann.

ERF.de

Kommentare

  1. meteo

    Was hat aber die Bibel mit Gott zu tun? Warum sollte man Atheist werden, wenn man die Bibel ablehnt, und warum wäre “zu Gott zurückkehren” gleich “evangelikaler Christ” werden?

    Zitat: “Mensch an die Stelle Gottes getreten war und die Vernunft die Stelle
    des Heiligen Geistes eingenommen hatte.”

    Wenn orthodoxe Sunniten ihre Vernunft nicht benutzen, haben sie keine Chance, ihre Religion zu verlassen (und evangelikal zu werden, was ihr doch wünscht). Und sie sagen genau das gleiche wie ihr: die Leute hätten den Koran (“Gottes Wort”) und die Sunna durch die Vernunft ersetzt. Sie beurteilten “Gottes Wort” mit ihrer Vernunft, ihre Vernunft stellten sie höher als “Gottes Wort”, wenn sie den Koran kritisieren. Aber merkt ihr nicht, dass wir Menschen auf dieser Welt nichts anderes als die Vernunft haben? Eine Unendlichkeit von Lehren behaupten, von Gott zu sein, und sie widersprechen sich doch einander. Um die Wahrheit zu finden, haben wir keine andere Wahl als… unsere Vernunft verwenden. Denn am Anfnag weiss man a priori nicht, welche Lehre die Wahrheit ist, wenn überhaupt eine “die Wahrheit” ist.

    Übrigens: die Tatsache, dass man “die Wahrheit” finden müsse, um nicht ewig bestraft zu werden, ist nur eine Behauptung der evangelikalen Christen. Als mein christlicher Glaube nachliess, erforschte ich den Islam, denn ich hatte noch die evangelikale Logik: ich musste unbedingt “die Wahrheit” vor meinem Tod finden, sonst war das gefährlich. Wenn es nicht die Bibel war, dann vielleicht der Koran? Heute bin ich nicht mehr dieser Meinung. Ich denke nicht, dass Gott herausfordert, dass man “die Wahrheit” findet, um uns zu “retten”. Und meine Erfahrung zeigt mir, dass niemand in dieser Welt behaupten kann, die absolute Wahrheit zu haben.

    Ich denke persönlich, das evangelikale Christentum entfernt mehr von Gott als das Gegenteil. Denn wenn man evangelikal wird, verliert man das Recht, über Gott ehrlich nachzudenken. Man muss von perversen Behauptungen über ihn sicher bleiben, und sich mit Pseudo-Argumenten überzeugen lassen, um zum Schluss zu kommen, dass die Bibel von Gott ist (denn es muss der Fall sein, sobald man evangelikal geworden ist, hat man keine Wahl mehr, ein anderer Schluss wäre aus mehreren Gründen undenkbar, und die Bibel droht, dann wird durch alle Mittel versucht, diesen Schluss zu erreichen). Das evangelikale Christentum ist ein psychologisches Gefängnis, aus dem man nur mit grossen Schwierigkeiten raus kann.

    Die evangelikalen Christen sind wohl die 2. geschlossensten Menschen, die ich kenne (nach orthodoxen Sunniten). Alle Andersgläubigen werden ausgeschlossen: sie seien verloren, da sie an falsche Religionen glaubten! Auch wenn Verwandten nicht glauben, gehen sie in die Hölle, wenn sie nicht vor ihrem Tod konvertieren. Man braucht viel Perversität, um damit recht zu kommen. Wenn die Bibel sagt, Homosexualität ist eine Perversion, dann ist es so. Natürlich: wenn andere evangelikale Christen eine andere Meinung über ein bestimmtes Thema haben: dann seien sie nicht vom heiligen Geist, sondern von ihrem menschlichen Wille geleitet, sie seien nicht ehrlich! Niemals würde man auf die Idee kommen, dass andere evangelikale Christen eine andere Meinung haben können, weil die Bibel über dieses Thema nicht eindeutig ist… Und Gebete wie: “Wir haben nichts mehr als die anderen, aber du hast uns im voraus auserwählt und nicht sie, danke Herr!”, und alle ähnlichen Sachen, die die evangelikale Mentalität wiederspiegeln, das alles finde ich kaum ausserhalb der evangelikalen Bewegung.

    Und doch seien evangelikale Christen angeblich die einzigen, die eine Beziehung zu Gott haben…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Ich stimme zu

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.