Leitgedanken des Postmodernismus
Was sind tun die Leitgedanken des Postmodernismus, und warum kann der
Mensch überhaupt so denken? Meiner Ansicht nach gibt es mindestens drei
wichtige Elemente, die den Postmodernismus ausmachen:
1. Der Verlust einer einheitlichen Sicht von Wahrheit (Mysterium)
2. Die Suche nach wahrer Freiheit und wahrer Menschlichkeit (Identität)
3. Das Bedürfnis nach Vielfältigkeit (Pluralität)
1. Der Verlust der Wahrheit
Wenn
man heute von biblischer Wahrheit spricht, so wird darunter vermutlich
sofort eine totalitäre Ideologie verstanden. Das ist die
Herausforderung des Postmodernismus an uns Christen Wie können wir
erklären, dass die biblische Offenbarung keine Ideologie ist? Dass sie
nicht etwas ist, das in den Köpfen der Menschen ausgedacht wurde?
Sondern dass sie das ist, wie es im Wort selbst geschrieben steht: «Was
kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, und in keines Menschen Herz
gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.» (1.
Korinther 2,9). Wir halten ganz klar fest, dass christliche Wahrheit:
etwas völlig anderes ist als die «Wahrheit» der Aufklärung. Wenn der
oben erwähnte Lyotard sie einander gleichsetzt, irrt er. Christentum
und Aufklärung unterscheiden sich grundsätzlich, und zwar 1. in ihrem
Ursprung, 2. in ihrem Ziel, 3. in ihrer gegenwärtigen Natur. Gehen wir
genauer auf das Christentum ein:
Der Ursprung des Christentums liegt in Gottes Offenbarung, in Jesus Christus — nicht im Menschen.
Das Ziel des Christentums ist die Wiederherstellung des Menschen, nicht die Herrschaft über ihn.
Die Natur des Christentums. Das
jeder Ideologie innewohnende Übel ist, dass der Mensch nur dann eine
Bedeutung habe, wenn er dem Ganzen diene. Wenn nötig, wird das
Individuum geopfert — oft genug ist dies in der Geschichte geschehen.
In der christlichen Wahrheit sind so wohl das Individuum als auch das
Ganze wichtig. Die postmodernen Philosophen haben den wahren Charakter
der Ideologien durchschaut. Sie sehen in ihnen schreckliche Lügen, die
die Menschen in die Knechtschaft führen. Mit dieser Sicht haben sie
auch völlig recht! Wenn wir aber den Gedankengängen der Bewegung bis
zum Schluss folgen, bleiben uns nur Unwissenheit und Zufall Die zwei
Pfeiler der Religion des 23. Jahrhunderts in Luke Rhineharts Buch sind
Unwissenheit und Zufall.
Was ist christliche Wahrheit?
Man muss sich fragen, ob es möglich ist, in einer Zeit, die vom
Postmodernismus dominiert wird, Zynismus und Genusssucht zu verhindern.
Denn der Postmodernismus lässt letztlich nur diese beiden Alternativen
zu. Was sagen wir als Christen, die diese Entwicklung beobachten? Das
Evangelium ist keine Ideologie. Es ist der «Wahrheit» der Aufklärung
völlig entgegengesetzt. Denn die Wahrheit des christlichen Glaubens
liegt nicht in einem System, sondern in einer Person. In seinem ersten
Brief an die Korinther erklärt der Apostel Paulus einer hellenistischen
Empfängerschaft die Bedeutung seiner Botschaft. Er stellt die
christliche Wahrheit dem Konzept der Wahrheit, wie. sie Juden und
Griechen haben, also den kulturellen Kräften seiner ‘Tage, gegen über.
Er sagt: «Die Juden fordern Zeichen, und die Griechen suchen Weisheit.»
Bis heute kann die Bevölkerung der Erde in diese zwei Gruppen
eingeteilt werden; die Mechanisten und die Mystiker. Die Griechen
repräsentieren die Mechanisten, die die Realität mit Hilfe ihres
autonomen Denkvermögens entschlüsseln wollen. Das griechische Wort für
Wahrheit. «aletheia», bedeutet Entschleierung der Realität. Die Juden
stehen für die Mystiker, die nach religiöser Wahrheit suchen. Sie
fordern «Zeichen», eine Art von Erfahrung, die eindeutig, den Beweis
liefert, dass Gott tatsächlich existiert. Der Apostel Paulus stellt die
Wahrheit des Evangeliums beiden Konzepten, dem jüdischen und dem
griechischen, gegenüber. In 1. Korinther 1.23 sagt er: «wir aber
predigen Christus als gekreuzigt.» Es ist eine Botschaft, «den Juden
ein Ärgernis und den Nationen eine ‘Torheit, den Berufenen selbst aber,
Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit». Paulus
unterscheidet die Wahrheit, die er verkündet, deutlich von der
Wahrheit, die die Juden oder die Griechen suchen. Er ist berechtigt,
das zu tun, denn die Wahrheit, die er verkündet, ist eine Person. Es
kann nicht genug betont werden, wie wichtig es ist, an dieser
paulinischen Botschaft festzuhalten. Die letzte, universelle Wahrheit
kann nicht in einer entschleierten, unpersönlichen Wahrheit gefunden
werden oder in einer undefinierten, genauso unpersönlichen Macht: Die
Wahrheit ist eine Person, Jesus Christus. Paulus sagt: Diese Person ist
unsere Weisheit. Er verwendet das griechische Wort «Wahrheit» für
Jesus. Ebenso das jüdisch-religiöse Wort «Kraft» (1,24). «Er (Jesus)
ist unsere Weisheit und unsere Kraft, weil in ihm das tiefste Geheimnis
Gottes offenbart ist (…) Die Weisheit, die ich verkünde, ist Gottes
verborgene Weisheit, die vor den Menschen verborgen ist, aber die er
bereits erwählt hatte, für unsere Ehre schon bevor die Welt geschaffen
war.» Was ist nun diese Weisheit? Die Antwort des Paulus: «Was kein
Mensch je gesehen oder gehört hat, was nie jemand gedacht hat, dass es
geschehen könnte; ist das, was Gott bereitet hat denen, die ihn
lieben.» Es ist. die Offenbarung. dass der Eine, der die Welt
erschaffen hat, derselbe ist wie der Eine, der uns so sehr liebte, dass
er ans Kreuz ging, um uns zu retten. Was die Welt tatsächlich zusammen
hält, kann nicht in einem System von Gesetzen gefunden werden oder in
einer immensen Macht, sondern in der Selbsthingabe dessen, der Wahrheit
und Liebe in Person ist. Es ist eine unfassbare Botschaft, wenn wir an
alt das Leid dieser Welt denken. Aber sie ist wahr. Wenn wir an der
Wahrheit als einer Person festhalten, können wir unserem postmodernen
Zeitgenossen zeigen, dass seine Angst vor der Wahrheit unbegründet ist.
Wenn die letzte Wahrheit eine Person ist, brauchen wir nicht zu
fürchten, der Glaube daran bedeute den Verlust der Personalität. Aber
der postmoderne Mensch kann das Wort «Wahrheit» nicht einmal ertragen,
weil er der Überzeugung ist, dass es eine universelle Wahrheit oder
eine allumfassende Struktur nicht gibt. Eine universelle Struktur
bedeutet in den Augen des postmodernen Menschen immer den Tod des
Menschen. Michel Foucault ist der konsequenteste Denker auf diesem
Gebiet. Er glaubt nicht mehr daran, dass Geschichte einen Ursprung oder
irgendeinen Zweck hat: Auf eine Art und Weise sind wir alle in
Strukturen gefangen, die beweisen, dass es keine Freiheit gibt (1961:
seine Dissertation über die Geschichte der Verrücktheit). In seinen
späteren Schriften (1978: Les mots et les choses) suchte er noch immer
nach einem Bereich, aus dem es ein Entkommen gehen könnte. Er hoffte,
ihn in der Sprache zu finden. Dann, in den frühen 80er Jahren, kam
Foucault zur resignierten Einsicht, dass auch dort keine Transzendenz
und damit letztlich auch kein Sinn zu finden sei. Er fand als letztes
Heilmittel die radikale Beschränkung auf das Leibliche und schrieb
Bücher über die Sprache des Körpers, Sexualität und Macht, die
Bedeutung von körperlichem Vergnügen und so weiter. Hinter dieser
Entwicklung steht die heimliche Hoffnung, dass unser tiefstes Vergnügen
uns Orte zeigen wird, wo man frei ist zu wählen, wo es keine
Gefangenschaft gibt. Grundsätzlich kommt im Schreiben von Foucault die
Angst zum Ausdruck, dass jede universelle Wahrheit den Menschen tötet,
ihm seine Freiheit nimmt, den Menschen zu einem Rädchen in einem
riesigen Getriebe degenerieren lässt. Aber gerade an diesem Punkt haben
wir als Christen eine gute Botschaft an den postmodernen Menschen. Die
Wahrheit, an die wir glauben, ist eine Person, die niemals die
Personalität des Menschen töten oder zerstören wird. Der Glaube an
Jesus Christus ist keine Ideologie. Nur Ideologien haben eine Art
«Wahrheit», die Menschen für einen höheren Zweck missbraucht, die
menschliche Freiheit einem letzten Ziel unterwirft. Christus aber
befreit jeden Menschen von seinen Bindungen der Selbstsucht und gibt
ihm einen Platz, wo er als ein wirklich freier Mensch wachsen kann.
Eine nicht-personale letzte Realität wird uns immer quälen, zerstören
oder töten. Es ist unmöglich, in einer unpersönlichen Realität Zuflucht
zu finden und die eigene Identität zu wahren.
2. Die Suche nach wahrer Freiheit und Menschlichkeit
Glaube an eine Wahrheit, die eine Person ist, führt uns zu einer
anderen Sicht des Menschen. Gemäss biblischer Aussage, ist der Mensch
nach dem Bilde Gottes geschaffen. Das bedeutet: Wenn Gott existiert und
dabei eine Person ist, dann existiert auch der Mensch wirklich und ist
ein personales Wesen. Aber es genügt nicht, dies nur gedanklich zu
akzeptieren. Wirklich realisiert und akzeptiert haben wir das erst,
wenn die Wand zwischen diesem personalen Gott und uns weg ist. Wir sind
schuldige Menschen. Wir haben den Platz Gottes eingenommen, und wir
haben unseren Bruder Kain umgebracht. Wir haben den Tod verdient. Aber
im Kreuz von Golgatha wird uns Versöhnung angeboten. Wenn wir uns vor
Gottes Person und unter seine Gerechtigkeit beugen, wird er uns frei
machen. Damit beginnt ein Wachstumsprozess, der schließlich dazu führt,
dass wir wahre Menschen werden.
3. Das Bedürfnis nach Vielfältigkeit
Als letztes wird es eine wirkliche Herausforderung für uns Christen
sein, zu zeigen, dass der Glaube an Jesus Christus Vielfalt erlaubt.
Dies ist nicht einfach eine Lehrfrage, sondern vielmehr eine Frage des
täglichen Lebens. Wir sind dazu her ausgefordert, in unserem
individuellen Leben wie auch im Leben der Gemeinde zu zeigen, dass
Vielfalt möglich ist. Lüge ist immer mit Wahrheit vermischt, aber wenn
man die Wahrheit aus den Lügen Satans herausnimmt, ist seine Macht
gebrochen. Die Wahrheit des Postmodernismus ist sein Verständnis von
Pluralität, seine Betonung der Verschiedenheiten und Andersartigkeiten.
Das schlimmste Zeugnis, das man postmodernen Menschen geben könnte,
wäre das einer monotonen, grauen, passiven, stereotypen oder eventuell
sogar rassistischen «christlichen» Botschaft. Gottes Wahrheit gibt
erstaunlich viel Raum für Verschiedenheit. Es ist ein Geheimnis
unaussprechlicher Tiefe. Die Unterschiede zwischen Menschen, Rassen,
Geschlechtern, Sprachen, .Lebensstilen und Berufen sind gewaltig. In
den 90er Jahren sollten wir Christen auf der Basis der Lehren des
Paulus, dessen, «was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat»,
Kreativität und Vielfalt vorleben.
Zusammenfassung:
1. Es gibt eine letzte Wahrheit. Aber sie ist persönlich, nicht Ideologisch.
2. Diese Wahrheit gibt dem Menschen seine wahre Identität, so wie Gott ihn gemeint und geschaffen hat und macht ihn frei.
«… ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen» (Johannes 8,32).
3. In dieser Einheit ist eine grosse Vielfalt Wir glaube an eine vielfältige nicht aber an eine pluralistische Gesellschaft.
Factum Oktober 1990 W.G. Rietkerk (Leiter des holländischen Zweiges von L´Abrie
Würde Jesus heute auch für mich ans Kreuz gehen.Und warum?Was wären seine Gründe?Und jetzt kommt mir nicht mit so einer 08/15 Antwort aus irgend so einem schlauen Mund eines Heiligen.Weil seine Liebe grenzenlos ist weiss ich ja schon.
“1. Es gibt eine letzte Wahrheit. Aber sie ist persönlich, nicht Ideologisch.”
Wo hat die Bibel behauptet, dass der Himmel, oder was, wo oder wer es auch immer ist, das man sich dieses als etwas Persönliches Vorstellen kann/soll.
Dieses Persönliche hat nichts mit der gängigen Meinung des Evangeliums zu tun, sondern ist die Interpretation von einem/ diesem Autor. Denn sonst hätte man in gängiger Literatur davon schon lange gelesen.
Die Kirche sagt ganz klar, mach dir keine Vorstellungen von dem was im Himmel ist und auch nicht von dem HERRN. Denn es führt dich nur zur Abgötterei, dass man anfängt Dinge, Peronen anzubeten, zum Beispiel den Vertreter Gottes auf Erden.
Ich sehe auch keine gutes Wirken mit diesem evigen “persönlich”, das ich hier lese. Eher das Gegenteil, nämlich den Versuch Gottes Suveränität zu vermenschlichen, als könnte auch er Fehler, Rache, oder sogar Sünden begehen.