Sind Christen Verwirrte,Verrückte, Freaks und Fundamentalisten?

In der beliebten bayerischen Krimiserie „Hubert und Staller“ gibt es einmal in der Episode „Der Flug des Phönix“ von 2015 einen kuriosen Dialog zwischen Polizeichef Girwidz und seinem Untergebenen Polizeimeister Riedel, der stets etwas vertrottelt gezeichnet wird. So fragt Girwidz: „Sagen Sie mal, Riedel, Sie gehen doch jeden Sonntag in die Kirche?“ – „Ich? Nein.“ – „Aber Sie glauben doch an den lieben Gott?“ – „Nein!“ – „Aber Sie sind doch katholisch?“ – Logisch.“ – „Ja, das muss reichen.“

Es ist nicht das einzige Mal, dass der durchgeknallte Polizeirat aus Wolfratshausen und sein nicht weniger spezielles Team bei Ermittlungen mit der Kirche zu tun bekommen und dabei Fremdheit wie Befremdlichkeit bis hin zu Respektlosigkeiten demonstrieren, etwa wenn Polizeihauptmeister Staller grundsätzlich seine Polizeimütze in Kirchen nicht abnimmt oder sich in einer Folge fröhlich und gedankenlos an Hostien und Messwein vom Altar labt.

Der Schweizer Theologe und Musikwissenschaftler Beat Föllmi, der als Professor für Kirchenmusik und Hymnologie an der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Straßburg lehrt und sich auch mit der Rezeption religiöser Themen in der zeitgenössischen Kultur beschäftigt, kommt in seinem 2023 erschienenen Buch „Kruzifix und Geisterbeschwörung. Religion in deutschen Vorabendkrimis“ zu kaum erstaunlichen, aber vielsagenden Ergebnissen. Er analysiert fast 900 Folgen von Krimiserien der ARD: dies sind „Hubert und Staller“/„Hubert ohne Staller“, „Großstadtrevier“, „Hauptstadtrevier“, „Alles Klara“, „Nordisch herb“, „Morden im Norden“, „Mord mit Aussicht“, „WaPo Bodensee“, „Zwischen den Zeilen“, „München 7“ und „Rentnercops“.

Nach einer einführenden kurzen Charakteristik all dieser Vorabendkrimiserien der ARD untersucht Föllmi diese themenorientiert. Er fragt zunächst nach der Darstellung des religiösen Menschen („Homo religiosus“) und kommt aufgrund der Art und Weise wie religiöse Menschen hier vorgeführt werden zu dem Schluss: „Der religiöse Mensch wird einerseits von der nicht-religiösen Mehrheitsgesellschaft als lächerlich und randständig angesehen und andererseits ist das Urteil über ihn durchaus gerechtfertigt.“ (S. 40)

Als nächstes fragt er nach den „institutionellen Vertretern: Priestern und Pastoren“. Er weist nach, dass „klerikale Stereotypen“ und natürlich auch die Frage des Zölibats immer wieder thematisiert werden. Dazu resümiert er: „Die Ehelosigkeit der katholischen Pfarrer weckt ein doppeltes Interesse. Einerseits wird das Zölibat als ein unzeitgemäßes Relikt dargestellt, das weder in die heutige Zeit gehört, noch überhaupt einzuhalten ist. Andererseits verdächtigt man den katholischen Priester stets, doch nicht so enthaltsam zu sein, wie er es seinem geistlichen Stand zufolge sein müsste. Interessanterweise spielt keine der Serienfolgen auf den Skandal um den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen an, der die katholische Kirche seit vielen Jahren erschüttert – ein Thema, das man nicht mit derselben Leichtigkeit ironisch hätte angehen können.“ (S. 52)

Im folgenden Kapitel behandelt er die Darstellung von Freikirchen, Gurus und Sekten und betont, dass vor allem den Amischen mit erstaunlich viel Respekt begegnet wird. Selbstverständlich kommen auch esoterische „Lifestyle-Religionen“ mit Yoga, Aromatherapien, Gesundfasten etc. bei Föllmi in den Blick, oft vor dem Hintergrund des Stereotyps der etwas älteren Frau, die ohne Kinder und Beruf auf Sinnsuche ist. Hier tauchen auch immer wieder lächerliche Althippies auf….

Das Fazit von Beat Föllmi ist ernüchternd, wenn er schreibt: „Die säkulare Gesellschaft nimmt den religiösen Menschen als fanatisch und nicht dialogbereit wahr. Die untersuchten deutschen Vorabendserien bestätigen diesen Befund. Historische, autochthone Religionspraxis wird als kultureller Habitus inszeniert, als solcher wird sie allerdings in der säkularen Gesellschaft zunehmend in den Bereich des Folkloristischen abgedrängt und dort marginalisiert oder sogar abgewertet. (…) Der religiöse Mensch wird in den Vorabendserien wahlweise als verrückt, intellektuell eingeschränkt oder als gefährlich dargestellt“ (S. 159 f.).

Als Christen wissen wir: die Botschaft vom Kreuz ist „den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit“, wie schon der Apostel Paulus schreibt (1 Kor 1,23). Mit den entsprechenden Anfeindungen und Spott werden wir als Christen in unserer zunehmend entchristlichten Gesellschaft künftig verstärkt zu leben haben, selbst wenn wir keine Verwirrten und Verrückten, Freaks und Fundamentalisten sind, als die uns die Krimiserien mittlerweile vorführen. Diese werden als öffentlich-rechtliche Produktionen natürlich von den Zwangsgebühren bezahlt, die auch die Christen entrichten. Ob die Drehbuchautoren sich hierbei willentlich und willfährig an der aktuellen Kulturrevolution gegen das Christentum in Deutschland und Europa beteiligen oder schlicht und ergreifend hier als Trendsetter des antikirchlichen Zeitgeistes agieren, sei dahingestellt. Es ist das bleibende Verdienst dieses Bandes und des Autors, diese massiv antichristliche Tendenz und kirchenfeindliche Ausrichtung dieser so harmlos wirkenden Vorabendserien dokumentiert und entlarvt zu haben.“ Dr. Jürgen Henkel ist Gemeindepfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern in Selb/Schriftleiter der Zeitschrift „Auftrag und Wahrheit .

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